Anaxagoras (500 – 428 v. Chr.)

  Griechischer Philosoph aus Klazomenä (Ionien), der Lehrer in Athen war, von wo er, der Gottlosigkeit angeklagt, fliehen musste. Anaxagoras nimmt an, dass die Wirklichkeit durch den Nous - der allkräftigen, feingeistigen und allwissenden Weltvernunft – verursacht wird, die mit der geistigen Stärke ihrer allesbewegenden und allesbeherrschenden Urkraft auf kleinster Ebene unendlich viele Urteilchen (Homoiomerien), in eine Kreisbewegung und Wirbelbewegung versetzt, in der sich nicht nur qualitativ voneinander unterscheiden, sondern auch zu größer werdenden Gebilden zusammenschließen können.

Siehe auch Wikipedia
 

Der Geist / Kosmogonie
Alle Dinge hätten Anteil an Bewegung. Indem sie vom Geist bewegt wurden, und so komme das Gleiche zusammen. Die Dinge im himmlischen Raum seien von der Kreisbewegung geordnet worden; nun seien das Feste und Feuchte und das Dunkle und Kalte und alles, das Schwere hat, nach der Mitte zusammengekommen, und nachdem sie sich verfestigt hätten, hätte sich daraus die Erde gebildet. Das diesen Entgegengesetzte, das Heiße und das Helle und das Trockene und das Leichte, sei aber in die Weiten des Äthers vorgedrungen. Hippoytos, Haer. I8,

Einer, der behauptete, es müsse, genau wie in den Lebewesen, so unbedingt auch in der Natur »Geist« enthalten sein, als Grund des Kosmos und der gesamten Ordnung, tat sich, im Vergleich mit seinen aufs Geratewohl redenden Vorgängern, als ein Nüchterner hervor. Sicher wissen wir, daß es Anaxagoras war, der sich um solche Theorien bemüht hat. Aristoteles, Metaph. A3, 984b 15f

Er [Anaxagoras] sagt, während die unendliche Zeit hindurch alles gleichmäßig-zusammen und in Ruhe begriffen war, habe es der Geist mit einem Mal in Bewegung gesetzt und auseinandertreten lassen. Aristoteles, Physik

Anaxagoras sagt, . . .er [der Geist] verfüge über die absolute Gewalt, sei mit nichts vermischt und ordne die Dinge an, indem er durch sie alle hindurchgehe. Platon: Kratylos

Anaxagoras hat recht, wenn er den Geist als dasjenige bezeichnet, das nicht in Mitleidenschaft gezogen werden kann und unvermischt ist, eben deshalb, weil er ihn als Prinzip der Bewegung ansetzt. Denn nur unter dieser Voraussetzung kann er als Unbewegter bewegen und als Unvermischter herrschen. Aristoteles: Physik

Und er [Anaxagoras] sagt in aller Schärfe: »In jedem — ausgenommen im Geist — ist ein Anteil von jedem; es gibt aber auch Dinge, in denen Geist ist«. Und weiter: Alles andere hat in Betreff eines Anteils teil an jedem, der Geist aber ist etwas, das unendlich und sich selbstbestimmend ist, und er ist mit nichts in Mischung verbunden. Simplikios in Physik

Aber der Geist ist etwas, das unbeschränkt und selbstherrlich ist, und er ist mit keiner Sache in Mischung verbunden, sondern er ist als einziger an und für sich. Denn wenn er nicht an und für sich wäre, sondern mir irgend etwas anderem in Mischung verbunden, hätte er, falls er mit irgend etwas in Mischung verbunden wäre, an allen Sachen teil. Denn in jedem ist ein Anteil von jedem, wie ich vorhin ausgeführt habe, und die in Mischung mit ihm verbundenen Sachen würden ihn hindern, so daß er über keine Sache in derselben Weise herrschen würde, wie wenn er als einziger an und für sich wäre. Simplikios in Physik

Denn er ist die feinste von allen Sachen, wie auch die reinste, und er hat von jeder Sache jede Erkenntnis, und er hat die größte Kraft. Und alles, was Seele hat, sowohl die größeren wie die kleineren [Lebewesen], sie alle beherrscht der Geist. Auch die gesamte Kreisbewegung beherrscht der Geist, so daß sie sich überhaupt dreht. Und anfänglich begann sie vom Kleinen er zu kreisen, dann aber kreist sie dem Mehr zu, und sie wird über noch mehr kreisen. Und das in Mischung Zusammentretende und das Sichaussondernde und das Sichtrennende, das alles erkennt der Geist. Und wie es sein würde und wie es war und was jetzt ist und wie es sein wird, das alles ordnet der Geist an, wie auch diese Kreisbewegung, die jetzt die Sterne und die Sonne und der Mond vollführen und auch die Luft und der Äther, die sich aussondern. Eben diese Wirbelbewegung bewirkte, daß sie sich aussondern. Und vom Feinen wird das Dichte ausgesondert und vom Kalten das Warme und vom Dunklen das Helle und vom Feuchten das Trockne. Simplikios in Physik
Aus: Die Vorsokratiker II, Zenon, Empedokles, Anaxgoras, Leukipp, Demokrit, Griechisch/Deutsch
Auswahl der Fragmente, Übersetzung und Erläuterungen von Jaap Mansfeld
Reclams Universalbibliothek Nr. 7966 (S.195-199)
© 1986 Philipp Reclam jun., Stuttgart
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