Basilides
(85 - 145)
Gründer einer gnostischen
Gemeinschaft, der um 130 nach Christi
in Alexandrien lehrte. Er behauptete, Schüler eines gewissen Glaukias
gewesen zu sein, der »Dolmetscher Petri«
war, und führte damit seine Lehre auf die Apostel zurück. Zu seinen
übrigen Lehrern soll der Magier Menander von Antiochia
gehört haben. Basilides begründete
seine eigene Schule in Alexandria. Er war ein sehr fruchtbarer Schriftsteller
und verfasste ein Psalmenbuch, mehrere Oden, einen Bibelkommentar (die
»Exegetica«) in vierundzwanzig Bänden und ein kurzes
Evangelium, doch sind nur Bruchstücke seines Werks erhalten. Er war gut
mit den hebräischen Schriften vertraut und kannte einige der
Paulusbriefe.
Siehe auch Wikipedia
Inhaltsverzeichnis
Die Philosophie des Basil(e)ides
Die Schule des Basilides
Die
Philosophie des Basil(e)ides
Die Philosophie des Basileides ist so eigentümlich,
in sich geschlossen und einzigartig, daß sie nur von wenigen ganz verstanden
und von noch viel wenigeren in die Tat umgesetzt werden konnte. Hierauf weist
schon die bei Irenäus und
Epiphanios erhaltene Bemerkung hin:
»Nicht viele können diese Erkenntnis haben, sondern nur einer aus
tausend, zwei aus zehntausend«.
Es ist wohl begreiflich, daß sich seine Schüler an einzelne Züge
seiner Lehre hielten, ohne den Sinn des Ganzen zu erfassen, oder daß sie
ihn gröblich mißverstanden. So führte der das System beherrschende
Spermagedanke in immer zunehmender Vergröberung zu der den Basileidianern
vorgeworfenen Unsittlichkeit, vielleicht gab er auch überhaupt erst den
Anstoß zur Einsetzung eines Spermakultes. Die Personifizierung der Weltelemente
als Elementargeister schlug die Brücke zu der in anderen gnostischen Systemen
üppig wuchernden Äonenspekulation hinüber. Schon Hippolytos schiebt in seinen Bericht die hier als Fremdkörper wirkende Notiz
über das magische Wort Abraxas und die 365
Himmel ein. In der Quelle aber, aus der Irenäus schöpft,
ist die Philosophie des Basileides bereits in dem
Strome der magischen Gnosis untergegangen. Nur wenige Einzelheiten verraten noch etwas von dem ursprünglichen
Geiste. Irenäus schreibt:
»Basileides dehnt seine
Lehre ins Unendliche aus, um den Schein größerer Tiefe und Glaubwürdigkeit
zu erwecken. Er lehrt folgendes: Von dem ungezeugten Vater ist zunächst der Nous gezeugt, von diesem der Logos,
von dem Logos die Phronesis, von der Phronesis die Sophia
und Dynamis, von der Sophia und Dynamis die Kräfte, Mächte und
Engel, die er die ersten nennt, und von diesen ist der erste Himmel erschaffen.
Von ihnen sind andere Engel abgeleitet und erschaffen, diese machten einen zweiten
Himmel ähnlich dem ersten.
Von diesen entstanden auf ähnliche Weise durch Ableitung wieder andere,
als Abbild der oberen, und diese machten einen dritten Himmel.
Aus dem dritten Himmel entstand der vierte und so fort auf dieselbe Weise immer
weitere Fürsten und Engel und 365 Himmel.
Nach dieser Himmelszahl hat denn auch das Jahr ebenso viele Tage. Den letzten
Himmel, den wir sehen, erfüllen die Engel, welche alles, was in der Welt
ist, gemacht haben. Sie haben die Erde und die Völker, die auf der Erde
sind, unter sich verteilt, Ihr Anführer ist der Gott der Juden. Da dieser
nun seinen Leuten, das heißt: den Juden, die anderen Völker unterwerfen
wollte, erhoben sich die anderen Fürsten gegen ihn und durchkreuzten seine
Pläne. Deshalb sind auch die andern Völker seinem Volke feindlich
gesonnen. Als aber der ungezeugte und unnennbare Vater ihre Verderbtheit sah, sandte er seinen einzigen Sohn, den Nous, der Christus
genannt wird, um die, welche an ihn glauben würden, von der Herrschaft
jener zu befreien, die die Welt gemacht haben. Er erschien auch ihren Völkern
auf Erden als Mensch und vollendete die Kräfte. Aber er hat nicht gelitten,
sondern ein gewisser Simon von Kyrene, den man
zwang, für ihn das Kreuz zu tragen. Dieser wurde irrtümlich und unwissentlich
gekreuzigt, nachdem er von ihm verwandelt war, so daß er für
Jesus gehalten wurde. Jesus
aber nahm die Gestalt des Simon an und lachte sie
aus, indem er dabeistand. Er war ja die unkörperliche Kraft und
der Nous des ungezeugten Vaters; deswegen konnte er sich nach Belieben verwandeln
und stieg so wieder zu dem hinauf, der ihn gesandt hatte, indem er derer spottete,
die ihn nicht halten konnten, und unsichtbar für alle war. Die dies wissen,
sind also befreit von dem Schöpferfürsten der
Welt. Nicht den Gekreuzigten darf man bekennen, sondern den, der anscheinend
gekreuzigt wurde, Jesus hieß und vom Vater gesandt war, um durch diese
Tat die Werke derer zu zerstören, die die Welt gemacht haben. Wer also
noch den Gekreuzigten bekennt, der ist ein Sklave und unter der Gewalt jener
die die Körperwelt geschaffen haben; die andern aber sind ihrer Macht ledig;
sie wissen, wie es der ungezeugte Vater geordnet
hat. Die Erlösung aber erstreckt sich nur auf die Seele; denn der Körper
kann nicht anders, als seiner Natur nach zerfallen. —
Die Prophezeiungen stammen gleichfalls von ihren Fürsten, die die Welt
gemacht haben, besonders aber das Gesetz von dem, der das Volk aus Ägypten
hinausführte. Die Götzenopfer könne man verachten und für
nichts halten, dürfe aber an ihnen ohne Scheu teilnehmen; ebenso gleichgültig
sei jegliche Handlung und die Verübung jedweder Lust.
Zauberei, Gespenstererscheinungen, Beschwörungen, Anrufungen und
die übrigen Kunststücke sind bei ihnen gleichfalls in Übung;
auch erdichten sie allerlei Namen von Engeln und lassen diese im ersten, jenen
im zweiten Himmel sein, und bemühen sich, die Namen, Prinzipien, Engel
und Kräfte ihrer erlogenen 365 Himmel auseinanderzulegen. So soll beispielsweise
die Welt, wo der Heiland hinab- und hinaufstieg, Kaulakau
heißen. Wer also dies weiß und alle Engel kennt und ihren
Ursprung, der wird für alle Engel und Mächte unsichtbar und unfaßbar
wie Kaulakau. Wie der Sohn allen unbekannt war,
so dürfen auch sie von niemand erkannt werden, sind für alle unsichtbar
und unerkennbar, während sie selbst alle kennen und durch alle hindurchgehen. »Du nämlich erkenne alle«, so sprechen sie, »dich
aber soll niemand erkennen«! Solche Leute verlangen natürlich auch
keine Glaubenstreue, noch können sie etwas für ihr Bekenntnis leiden,
da sie sich von den andern Menschen nicht unterscheiden. Nicht viele können
diese Erkenntnis haben, sondern nur einer aus tausend, zwei aus zehntausend.
Juden seien sie nicht mehr, Christen noch nicht. Ihre Geheimnisse brauche man
nicht zu verkünden, sondern könne sie schweigend im Ver¬borgenen
bewahren. Die örtliche Lage der 365 Himmel bestimmen sie ähnlich wie
die Mathematiker. Ihre Lehrsätze haben sie übernommen und verwenden
sie für die besondere Art ihrer Lehre. Ihr Fürst heißt Abraxas;
der Zahlenwert der Buchstaben dieses Namens beträgt 365«.
Verglichen mit dem, was wir aus den Fragmenten des Basileides und seines Sohnes sowie aus dem mit ihnen übereinstimmenden Bericht des Hippolytos wissen, erscheint das, was Irenäus
hier bietet, als eine mit fremden Bestandteilen durchsetzte,
oberflächliche und übelwollende Entstellung. Er will bei seinen
Lesern den Eindruck hervorbringen, daß die Spekulationen
des Basileides den Gipfel gnostischen Unsinns bedeuten und daß
seine sittlichen Anschauungen die verworfensten von allen seien. So gibt er
sich nicht die geringste Mühe, die philosophischen Grundgedanken zu entwickeln,
aus denen sich die ihm so seltsam scheinenden Folgerungen ergeben, von denen
er allein spricht und die er so nebeneinanderstellt, daß sie die gewünschte
Wirkung ohne weiteres auslösen. S.244-248
Kröner Stuttgart, Kröners Taschenausgabe Band 32, Hans Leisegang,
Die Gnosis ©1985 by Alfred Kröner Verlag in Stuttgart
Veröffentlichung auf Philos-Website mit freundlicher Erlaubnis des Alfred
Kröner Verlages, Stuttgart
Die
Schule des Basilides
Von dem ungeborenen Vater wurde geboren im Anfange der Geist. Von ihm wurde
der Logos geboren.
Von dem Logos die Besonnenheit.
Von der Besonnenheit die Weisheit und Macht.
Von der Weisheit und Macht, Kräfte, Fürsten und Engel.
Von ihnen, die die ersten ihrer Art waren, wurde der erste Himmel gebildet.
Aus ihnen abgeleitet entstanden andere Kräfte, Fürsten und Engel.
Und sie bildeten einen anderen, dem ersten ähnlichen Himmel.
Und auf ähnliche Weise von ihnen abgeleitet entstanden andere Abbilder
derer, die über ihnen waren.
Und sie bildeten einen dritten Himmel.
Und von dem dritten aus entstand in gleicher Weise durch Herabsteigen ein vierter.
Und nach derselben Art entstand immer einer aus dem anderen, zusammen mit ihm
entsprechenden Kräften und Fürsten und Engeln.
Und im ganzen sind 365 Himmel.
Deshalb hat auch das Jahr 365 Tage, entsprechend der Zahl der Himmel.
Und der große Herr über alle diese Himmel ist Abraxas,
da sein Name den Zahlenwert 365 hat, so daß
der Zahlenwert seines Namens das All umfaßt.
Diejenigen Engel aber, welche den letzten Himmel einnehmen, nämlich den,
der von uns erblickt wird, haben alles in dieser Weltordnung eingerichtet und
die Erde unter sich aufgeteilt, und die Völker, die auf ihr wohnen.
Der Fürst dieser Engel ist aber der, den man für den Gott der Juden
hält. Und da dieser Fürst seinen Menschen, nämlich den Juden,
die übrigen Völker unterwerfen wollte, haben alle übrigen Fürsten
ihm Widerstand geleistet und gegen ihn gehandelt.
Und deshalb haben auch die übrigen Völker sich gegen dieses Volk gewehrt.
Der ungeborene und ungenannte Vater aber, der den Untergang der Juden sah, sandte
seinen erstgeborenen Geist — und der ist es, der der Gesalbte heißt
— auf daß er befreie, die an ihn glauben, von der Macht derer, die
die Welt gebildet haben.
Und den Völkern erschien er auf der Erde als Mensch; und er wirkte Wunder.
Auch hat nicht er gelitten, sondern ein gewisser Simon
aus Kyrene (Vergl.Matth.
27,32; Mark. 15, 21; Luk. 10, 1; 23, 26), der, an seiner
Statt gepeinigt, sein Kreuz trug.
Und dieser wurde in Folge der Unwissenheit und des Irrtumes gekreuzigt, verwandelt
in die Gestalt des Gesalbten, damit man ihn für Jesum halte. Jesus selbst
aber nahm die Gestalt des Simon an und stand lachend daneben. Denn da er eine
unkörperliche Macht und der Geist des ungeborenen Vaters war, konnte er
sich verwandeln, wie er wollte. Und so stieg er auf zu dem, der ihn entsandt
hatte. Und er verlachte die, welche ihn nicht zu halten vermochten, da sie alle
ihn nicht sehen konnten.
Und die, welche dies wissen, sind befreit von der Herrschaft der Fürsten,
die diese Welt gebildet haben.
Und sie sollen nicht den bekennen, der gekreuzigt worden ist, sondern den, der
in der Gestalt eines Menschen kam und von dem man meinte, er sei gekreuzigt
worden; den, der Jesus genannt und vom Vater gesandt
war, um durch diese Einrichtung die Werke der Weltbildner zu zerstören.
Wenn also einer den Gekreuzigten bekennt, dann ist er noch immer Sklave und
untersteht der Macht jener, welche die Körper bildeten. Aber wer ihn verneint,
der ist von diesen befreit und erkennt die Einrichtung des ungeborenen Vaters.
Doch nur die Seelen dieser Bekenner werden gerettet; denn der Körper ist
seiner Natur nach dem Untergange geweiht.
Die Prophezeiungen aber nahmen eben von diesen Fürsten, welche die Welt
gebildet hatten, ihren Ausgang.
Das Gesetz aber wurde von ihrem Fürsten jenem Propheten gegeben, welcher
das Volk aus dem Ägypterlande führte.
Er befahl den Juden, den Bilderdienst zu verachten und den Namen Gottes zu ehren.
Es hat aber jeder Himmel seinen eigenen Namen und jeder Engel und Herrscher über ihm und jede Macht in ihm.
Und auch die Welt selbst hat einen Namen und der Retter, der in sie herabgestiegen
ist, heißt Kaulakau.
Und wer diese Namen erlernt hat und alle Engel kennt und ihre Mächte weiß,
der wird selbst unsichtbar und unfaßbar für alle Engel und Mächte,
genau so wie jener Kaulakau.
Und wie der Sohn von niemanden erkannt wird, so braucht auch der Wissende von
niemanden erkannt zu werden.
Denn da er alles weiß, kann er auch alles durchschreiten und ist für
alle unsichtbar und unerkennbar.
»Du erkenne alle, dich erkenne keiner«.
Deshalb sind al1e, auch die, welche diese Beschaffenheit besitzen, bereit zur
Verneinung und können auch wegen der Namen, die sie wissen, nicht leiden,
da sie allen Dingen ähnlich sind.
Und nicht alle vermögen dies zu wissen, sondern »einer
von tausend und zwei von zehntausend«.
Und noch sind diese Wissenden nicht Juden, aber schon nicht mehr Christen.
Und diese Geheimnisse dürfen nicht ausgesprochen
werden, sondern sie sind in Schweigen verborgen zu halten. S.153-155
Aus: Wolfgang Schultz, Dokumente der Gnosis. Verlegt bei Eugen Diederichs Jena
1910