Hermann (von) Bezzel (1861 – 1917)

Deutscher evangelischer Theologe, der in Erlangen neben Theologie auch Philologie studiert hat. 1891 wurde er zum Leiter der von Wilhelm Löhe gegründeten Diakonissenanstalt in Neudettelsau berufen, 1909 wurde er als Verwaltungschef der Kirchenleitung (Oberkonsistorium) in München eingesetzt und 1910 in den Adelstand erhoben.


Siehe auch Wikipedia,
Heiligenlexikon und Kirchenlexikon

Inhaltsverzeichnis

Im Dienst des göttlichen Worts
Nur ein Diener Christi
Das Amt der Kirche Jesu
Was ist die Predigt
  Der Herr lässt uns nicht allein
Heilige Freude
Treue im Gebet
 

Im Dienst des göttlichen Worts
In der Predigt und der Kasualrede, im liturgischen Handeln, in Unterricht und Seelsorge, in der Besorgung der peripherischen Geschäfte, endlich in dem ganzen »außeramtlichen« Leben erzeige dich als ein Diener Gottes (2. Kor. 6, 4): perfecta oboedientia legem nescit.
S.32

Nur ein Diener Christi
Sub specie aeterni wird ja vieles als unbedeutend erscheinen und entfallen: Aber was im Lichte der Ewigkeit bedeutsam erscheint, die Bewahrung der eignen Seele und der ihrem Denken und Tun befohlenen Herde, das muss auf die Zeit des Werdens und Bereitens heiligen Ernst legen. Den Ernst, der sich nicht fürchtet, dass der Herr nahe, aber bangt, der Erzhirte möge seinen Knecht verlassen und seinen Namen nimmer im Munde leiden.

Ein Diener Christi! Nur ein Diener – das Urteil einer des Dienstes sich weigernden und furchtbarere Dinge verkauften Welt klingt über die schwache Gegenwärtigkeit der Erscheinung und ihre unwerte, nicht bedeutende Rede (2. Kor. 10, 10) mitleidiger Verachtung voll. Mein Diener, ruft der, der einst zum Propheten Jeremias sprach: »Wenn du dich zu mir halten wirst, sollst du mein Hirte sein«, mein Diener, siehe, ich stehe vor der Tür deines Herzens, deines Hauses und Amtes und klopfe an. Ich klopfe an, damit du meine Demut kennest, die da Gast sein will, wo sie gebieten könnte, klopfe an, damit du dich rüsten kannst, mich zu empfangen. Wenn du meine Stimme hören wirst, die meine unter den drohenden und lockenden und schmeichelnden, und mir freudig Herz und Haus und Amt erschließest, so will ich zu Dir eingehen und das Brot der Sorge und der Tränen mit dir teilen, dein tägliches Brot wie ich bin. S.32f.

Das Amt der Kirche Jesu
Auf den Schrecken der selbsterfahrenen Sünde erhebt sich die Glaubenserfahrung des neutestamentlichen Amtes, der ganze Ernst der Verkündigung mahnend, lockend: Lasset euch versöhnen mit Gott! Nun hebt der Dienst des Neuen Testaments an, weg vom Eigenen weisen alle auf den, der für uns eine ewige Erlösung gestiftet hat. Nun führt das Amt an den in der Taufe erschlossenen Brunnen des ewigen Friedens: Hirte nimm die Schäflein an! Nun bezeugt es: wo Vergebung der Sünde in der Taufe des armen Menschen zugeflossen ist, da ist Leben und Seligkeit. Nun neigt es sich zu den Kleinen, nimmt den Hirtenstab in seine Rechte, weidet seine Lämmer auf grüner Aue und lässt sie die heiligen Geschichten erleben, nicht Sagen, nicht Dichtungen, sondern Tatsachen, Jesusworte, für das zwanzigste Jahrhundert so jugendfrisch wie vor Jahrtausenden.

Da wird der Katechismus der Jugend verkündigt, nicht als buchstäbelndes Werk, sondern als Lobpreis der Kirche und Bekenntnis aller von Jesus Erlösten. Es wird die heranwachsende Jugend zum Konfirmationsaltar vom Amte geleitet, dass sie ihres Glaubens Bekenntnis selbst bestätige und vom Herrn zur Ritterschaft ausgerüstet werde.

In Beichte und Nachtmahl wird ein Gnadenbrunnen um den anderen erschlossen, dass alle sich Vergebung der Sünden holen können.
Es wendet sich das Amt, das auch die Schafe zu weiden Befehl erhalten hat, an die Erwachsenen, bringt für alle nichts Besonderes, sondern die einfache Weisheit des Gotteswortes, das befiehlt: Wer mein Wort hat, der predige mein Wort, teilt mein Wort aus, hält an zur Zeit und zur Unzeit, straft, ermahnt, lässt sich’s nicht verdrießen, wenn von innen und außen sich Widersprüche erheben, lässt sich nicht erbittern, wenn der Erfolg ausbleibt. Da glüht die erste Liebe wieder auf, die alles glaubt, hofft, duldet, weil sie zu Füßen dessen sitzt, der alle Sünden seiner Knechte reichlich und täglich vergibt.

Nun wird das Amt an Krankenbetten froh und spricht von Gedanken des Friedens mitten im Sterben, darf den Sterbenden das Auge in der Gewissheit der Verneuung im ewigen Leben zudrücken: Herr, nun lässest du deinen Diener in Frieden fahren. Am Grabe kann das Amt seine zeugende, die Welt der Trauer und die Trauer der Welt überwindende Stimme erheben: Weine nicht! Ich lebe und ihr sollt auch leben! Das ist die Wirksamkeit des Amtes, das da Frieden bringt beiden, denen, die ferne, und denen, die nahe sind. S. 34-36

Was ist die Predigt
So sei die Predigt weder Wiederholung eines dogmatischen Kompendiums noch Aufguss neuester »Entdeckungen«, sondern ein schlichtes Zeugnis von dem, der uns zuerst geliebt hat, dies beständige Bekenntnis und Geheiß: gaudeo, gaudete, die Tat des Bekenntnisses zu den Katechismuswahrheiten, über denen der Gehorsam des Glaubens und die Freude des Besitzes wacht . . .

Der Haushalter hat nicht zu fragen, ob ein Stück des ihm anvertrauten Herrenbesitzes zusagt oder nicht, sondern aus dem Schatze eines um das andere heranzuholen., dass es der Gemeinde ins Herz leuchte. Er vermeidet, sein Eigenes hervortreten zu lassen, damit nur einer rede, leuchte, der Gemeinde ins Herz und Gewissen nahe. Alle Rede aber wende sich, und wenn sie den Charakter des Dialogs annehmen sollte, an den Hörer, eingedenk des feinen Worts von Bengel: »Was nicht per du geht, das geht perdu.« S.42

Der Herr lässt uns nicht allein
Wir leiden viel unter den Einsprüchen gegen sein Wort, unter dem Zweifel gegen seine Treue. Über unsere Seele zieht es wie Frost, der die Blüten entführt; aber ein Tag in deinen Vorhöfen ist besser denn sonst tausend; ein einziger ernstlicher Augenblick zu Jesu Füßen hebt alle Zweifel auf, und der Herr lässt seine Knechte nicht allein in diesen schweren Zeiten. Ich habe für dich gebeten, dass dein Glaube nicht aufhöre! Die eben umdüsterte Stirne wird froh, und das gequälte Leben atmet wieder auf: »Der Herr ist mir erschienen von ferne: Ich habe dich je und je geliebt; darum habe ich dich zu mir gezogen aus lauter Güte.« Über die ganze Wirksamkeit kommt aus dem Ja und Nein diese gottgeschenkte Klarheit. S. 115

Heilige Freude
Der Pfarrer steht nicht über der Gemeinde als Beherrscher ihres Glaubens, noch unter ihr als Diener jeweiligen Irr- und Unglaubens sondern in der Mitte als »Gehilfe der Freude«, dem es ein Anliegen sein muss, seine Freude mitzuteilen, weiterzugeben, zu ihr anzuregen und in ihr zu erhalten. Seine Freude. Denn von dem Tage an, da ihm durch Auflegung der Hände das teure Predigtamt überkommen und zu dem gemeinen Christenkreuze, das wie Tauler sagt, »aus Hölzern gefügt ist, die vor jedermannes Türe liegen«, das Amtskreuz auferlegt wurde, muss durch sein Leben die heilige Freude gehen, dass er gewürdigt ist, ein Joch und eine Last zu haben, die sein sanftmütiger und von Herzen demütiger Meister, Lehrer und Herr die seine genannt und eben dadurch gesegnet hat.

Es gibt höhere Ehren und größere Rangstufen, aber ein Amt, das den Müden das Herz erquickt und den Armen den Trost bringt und den Sterbenden den Frieden bezeugt und einer verlorenen Welt die Heimat weist, gibt es fürderhin nichts mehr. S. 115f.

Treue im Gebet
Am Gebet müssen wir das Beten lernen, sowie einer am ABC das Lesen. Wir zwingen uns zum Gebet, damit es uns zwinge, und lassen nicht von ihm, bis es uns segnet und der Erhörung gewiss macht . . .

Treulich wird es alle Anliegen zu umfassen suchen, vom kleinsten Schüler, der dem Lehrer anvertraut ist, bis zu den Siechen und Alten. Es ist ja etwas Großes um die Fürbitte, in der so leicht Ermattung eintritt, dass sie gerne zu dem flüchtet, der allein von sich sagen kann: Ich bin der gute Hirte.

Ein Theologe des Gebetes wird nicht ungeduldig und er verzweifelt nicht, wenn er auch die Dinge in Gefahr sieht und dahinfallen, die ihm lieb sind.
S. 118f.

Enthalten in: Das teure Predigtamt. Gebete und Weisungen für den Dienst am Wort aus dem Schatz der Kirche. Im Furche-Verlag Berlin