Grzegorz Pawel Brzezin (ca. 1525 – 1591)
Polnischer Pastor, der ein Mitglied der Glaubensgemeinschaft der Polnischen Brüder (Antitrinitarier, Sozinianer, Arianer) war, die alsbald wegen ihrer Glaubensansichten sowohl von der protestantischen als auch der katholischen Kirche verfolgt und schließlich vertrieben wurden. Brzezin bringt die theologischen Ansichten der Brüder in den folgenden Abschnitten prägnant auf den Punkt.

Siehe auch Wikipedia

Wider die Kirche des Antichrist
Als der Herrgott Luthern erweckt hatte, auf dass die Kirche des Antichrist durch ihn gestürzt würde, da begann dieser nicht bei den Fundamenten, — denn so hätte ihn das vermorschte Gebäude bei seinem Sturz unter sich begraben,— sondern mit dem Dach (so geht man ja auch bei der Demolierung alter Häuser vor). Zunächst löschte er mit dem Wasser des Gotteswortes die Ablässe des Antichrist, die das Wirken Christi sehr verdunkeln, ferner die verdienstlose Vergebung der Sünden, dann aber auch das Purgatorium, jenes Feuer aus päpstlicher Küche. Dieser selbige hat auch der Anrufung von Verstorbenen, die an Stelle des gestürzten Christus, des einzigen Mittlers, herrschten, den Garaus gemacht, später auch den Wallfahrten etc. Als er aber an tiefer liegende Dinge nahe den Fundamenten rührte, wie z.B. an das Messopfer, oh Du mein Gott, wie begann da der Satan unruhig zu werden! Schließlich entwurzelte Luther nach langer Überlegung auch die Messe, behielt aber ihre Zutaten. Freilich riss er die Wurzel, aus der sich das Meßopfer verjüngen konnte, nicht völlig aus, er hielt ja weiter fest an der Gegenwart Christi im Brote, ebenso an der Allgegenwart seines Leibes und seinem materiellen Genuß als Speise. Hier nun ist Luther in der Lehre von den Sakramenten stecken geblieben und konnte den Antichrist auch nicht von Grund aus stürzen, er verwendete auch seine jüdischen und heidnischen Zeremonien weiter.

Dann stand Zwingli auf, der dem Messopfer und dem Brotgott mit allen Zutaten den Garaus machte, so daß er dort nichts an den Antichrist Erinnerndes zurückließ. Dabei lehrte er, daß die Sakramente Christum nicht in sich beschlössen, und knüpfte auch die Gnade Gottes nicht an sie. Sie weisen nur auf die Heiligkeit des Himmels hin und auf den Tod Christi, den er unter Pontius Pilatus erlitt.

Als man später richtig an die Fundamente heranging, was diesen ersten Kämpfern nicht gegeben war, dass sie nämlich die Kirche ganz und gar von antichristischen und sophistischen verfaulten Erfindungen reinigten, da sahen wir erst, wie der Satan wütete, wie er sich in seltsame Gestalten verwandelte, damit er seinen Gott, den die Propheten, den Christus und die Apostel nicht kennen, verteidigt, seinen Gott »Indefinitum«, den Gott »Essentia«, den dreifachen Gott — und welche widerlichen Namen er bei ihm noch hat, jener Gott, der an Stelle des einen wahren Gottes, des Vaters Jesu Christi, und seines eingeborenen Sohnes Jesus Christus, der wahrer Gott ist und aus ihm geboren ward, und an Stelle des Hl. Geistes so lange geherrscht hat. Wir aber, wie immer wir auch Christus dienen und was für Glieder seines Leibes wir auch sein mögen, müssen sorgsam darauf bedacht sein, daß dieses Fundament von den Gemeinheiten des Antichrist und von erfundenen Göttern gereinigt werde, dann auch darauf, daß aus dem Gestein des göttlichen Wortes eine Kirche erbaut würde, damit sie, nach keiner Seite sich neigend, gegen alle Pforten der Hölle für immer feststünde. Denn solange es in diesem Fundament etwas Morsches geben wird, muß man befürchten, es könnte wegen der Brüchigkeit der Grundmauern das ganze Gebäude zusammenstürzen, wie dies dem Papsttum widerfahren ist . . .

Wider die Trinität
Die Dreifaltigkeit kann also kein Gott sein, ebensowenig wie die Vierheit der Evangelisten nicht ein einziger Evangelist ist, oder die Menschheit einen Kaiser oder Einzelmenschen bedeutet. Denn die Dreifaltigkeit ist nichts anderes als die Einheit von Dreien, diese aber ist sicher nicht Gott, ebensowenig wie die Einheit vieler Leute nicht ein Mensch ist. Sie sollten besser auf ihre Sophistik bedacht sein und müßten Gott eher Unitas oder Einheit denn Dreifaltigkeit nennen, die Einheit bezieht sich nämlich auf die Essenz, die in den drei Personen Gott ist, die Dreifaltigkeit aber auf die Personen, die keine Essenz sind.

Dieser neue Gott Dreifaltigkeit hat den Sophisten einen dreifachen Christus geboren. Zunächst betrachten sie ihn im Hinblick auf die Wesenheit und damit ist er aus sich selbst, denn Gott zeugt die Essenz nicht, noch wird sie sonstwie geboren. Zum andern hinsichtlich der Person: da ist bei ihnen Christus der Sohn des Vaters und nicht eigentlich Gottes, denn Gott zeugt nicht, sondern die Person, d.h. der Vater — bei ihnen ist ja Gott etwas anderes als der Vater, uns aber ist er der Eine, in keinem Punkt geschiedene. Zum dritten betrachten sie Christus im Hinblick auf sein Menschentum. Als Mensch ist Christus Mittler, als Gott eins mit dem Vater, als Mensch Fürbitter, als Mensch opfert. betet, leidet und vergießt er sein Blut. Christus als Gott gingen alle diese Dinge angeblich nichts an, gleichsam als ob das göttliche Wort sich einen Menschen zum Genossen erwählt hätte. In diesem Bunde wäre der Leib nicht wirklich göttlich, ebensowenig das Blut, angeblich wäre auch das Wort nicht Fleisch geworden, oder aber es könnte in diesem nicht eigentlichen Fleisch und Blut, wenn es einem gefiele, das Wort Gottes oder der Sohn vom Mittleramt geschieden werden, oder man könnte schließlich Gott Sohn ausschließen, dann wäre jenes Wort Dreifaltigkeit, das sich nie inkarniert hat, der Ort des Sohnes Gottes.

Wir aber wollen nicht zugrunde gehen, wir verwerfen alle Sophistik und treten sie mit Füßen, wir glauben an den einen Gott Vater und an den einen Jesus Christus, den eingeborenen Sohn Gottes und den einen Heiligen Geist, den Tröster, der vom Vater ausgeht. Über Essenzen, Personen, Aspekte, Spezifika mögen sich die Sophisten streiten, solange sie wollen. Verharren wir in apostolischer Einfachheit, haben wir acht darauf, daß wir nicht durch die Philosophie verführt würden, vor der sich wie vor einem Pesthauch zu hüten der Apostel geboten hat.

Enthalten in: Slavische Geisteswelt. West- und Südslavien, Mensch und Welt. (S.52f.)
Herausgegeben von St. Hafner, O. Turecek und C. Wytrzens, Holle Verlag