Thomas Burnet (1635 – 1715)

  Englischer Hofprediger und Geheimer Kabinettssekretär König Williams, der ein Doxologisches Entmythisierungsprogramm entwarf, das ihn nicht nur alle seine Hofämter kostete, sondern auch unmöglich machte, dass er die zugesagte Nachfolge des mit ihm befreundeten und 1694 verstorbenen John Tillotson als Erzbischof von Canterbury antreten konnte.

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Doxologische Entmythisierung
(Archaeologiae Philosophicae)
Dies ist die Summe der Mosaischen Erzählung über das Paradies und das Geschick der ersten Menschen. Fast alle erkennen an, daß etwas Parabelhaftes in dieser Erzählung steckt und daß sie nicht genau nach dem Buchstaben auszulegen ist. Einige wollen auch, daß der ganze Sermon eine kunstvolle Hypotypose sei, um reale Sachlagen zu erklären: Die tatsächliche Neuheit des Menschengeschlechtes und seine Generation — ferner den ersten paradiesischen Zustand der Natur und ihre Entartung.

Obwohl nämlich nach dem Grundzug des Sermons dieser paradiesische Zustand auf eine einzige Region (die »Garten Eden« genannt wird) beschränkt zu sein scheint, kommt nachher, als der Fluch der Unfruchtbarkeit ausgesprochen worden ist, die ganze Erde in solchen Zustand. Fernerhin bringt die Erde nicht mehr von selbst Ernten dar; es gibt keine Früchte mehr ohne Ackerbau und Bodenbearbeitung. Gott sprach: »Im Schweiße deines Angesichtes wirst du dir weiterhin das zum Leben und zur Nahrung Notwendige schaffen«. Demgemäß trug vor dieser Mutation oder Verfluchung die Erde von selbst Baum- und Feldfrüchte ohne Saat und Arbeit. Außerdem zeigt sich an anderer Stelle, daß nicht nur irgend ein kleiner Fleck oder ein paar Morgen Land, wie sie einen Garten ausmachen, diese Fruchtbarkeit und die übrigen Vorzüge des Bodens und Klimas besaßen, sondern daß der ganze Erdkreis von Anbeginn an bewohnbar war. Was wäre aus Adam geworden, wenn er unschuldig geblieben wäre? Welcher Raum wäre seinen Nachkommen innerhalb eines Gartenzaunes geblieben? Oder wenn du sie alle dort einschließen willst wie nackte Vögelchen im Nest, was sollte mit den übrigen Gefilden der großen Erde werden? Würden sie nicht leer, wüst und ohne Bewohner dastehen? So etwas duldet die Natur und ziert die göttliche Weisheit nicht!

Hieraus ergibt sich eine Folgerung, die auch mit der Vernunft übereinstimmt: Wir müssen annehmen, daß Mose den Teil für das Ganze und ein Beispiel für alles andere dem Volke vor Augen stellte. Denn es war ihrem Geist und Fassungsvermögen angemessener [»akkommodierter«] sich einen einzelnen lieblichen Garten oder Acker vorzustellen, als sich den ganzen Erdkreis mit neuem Aussehen und neuen Möglichkeiten, die von dem heutigen Naturzustand ganz und gar verschieden waren, zu denken. Aber laßt uns auf dem begonnenen Wege fortschreiten!

Gewohnheit und vorgefaßte Meinung haben große Macht über die Geister der Menschen. Diese kurzen Kommentare oder Histörchen über die Anfänge des Menschen und der Dinge nehmen wir aus dem Munde des Mose ohne Prüfung und ohne Verzug an und schätzen sie hoch ein. Würden wir aber dieselben Lehren bei einem anderen lesen, z. B. bei einem griechischen Philosophen, einem rabbinischen oder islamischen Gelehrten, würde unser Geist — voll von Zweifeln und Einwänden — an jedem Satze hängen bleiben. Dieser Unterschied entsteht nicht aus der Natur der Sache oder aus dem zugrunde liegenden Gegenstand, sondern aus unserer Einschätzung der Glaubwürdigkeit und Autorität des Schriftstellers als eines von der Gottheit Inspirierten. Dies erkennen wir gerne an. An dieser Stelle wird nicht über die Autorität des Verfassers disputiert, sondern darüber, in welchem Geiste, aus welchem Entschluß heraus er dies schrieb und von welcher Stilart er Gebrauch machte, der volkstümlichen oder der philosophischen. Ich sage von der »volkstümlichen«, nicht von der »mythischen« (fabulosen), obwohl es erlaubt ist, diesen Begriff zu gebrauchen, wenn es sich um einen exotischen Verfasser handelt.

Andere der »Mythen« [Fabulae] z. B. sind reine Erdichtungen [figmenta], noch andere stützen sich auf reale Grundlagen, werden aber mit Zutaten und anspruchsvollem Schmuck ausstaffiert. Daneben gibt es gewisse Erzählungen, denen Wahrheit zugrunde liegt — freilich nicht im Hinblick auf einzelne Punkte, sondern im Hinblick auf das, was das Gesamtanliegen und die Grundabsicht des Verfassers betrifft. Ein Beispiel dafür ist die Parabel Christi von Lazarus und dem reichen Mann und vieles davon, was vom Tage des »Jüngsten« Gerichtes erzählt wird — was nämlich die »Rinde« und die äußere Form anbelangt. Ich glaube, daß Erzählungen dieser Art nicht als Mythen [Fabulae], sondern manchmal als Parabeln, manchmal als volkstümliche Hypothesen zu bezeichnen sind. Und ich werde nicht zürnen, wenn du eine Erzählung, die vor Generationen spielte, in diese Klasse einreihst und dabei Namen und Ehre des Verfassers nicht antastest. Hierzu aber wollen wir, wenn es recht ist, einige Gesichtspunkte erwägen.

Den zeitlichen Ursprung des Menschengeschlechtes zum ersten habe ich immer für gesichert und unbezweifelbar gehalten und ihn fünf oder mehr Jahrtausende (nach dem Glauben der Hl. Chronologie) zurückdatiert. Aber aus welcher Materie der erste Mensch — Mann oder Frau — gemacht wurde, ist nicht so leicht zu erkennen, und es kommt auch nicht so sehr darauf an. Wenn Gott eine Frau aus der Rippe Adams hervorbringen wollte, so erscheint die Materie weniger geeignet — indessen, Gott kann aus jedem beliebigen Holz, Stein oder was auch immer eine Frau erschaffen. Hier fragen nun die Neugierigen, ob diese Rippe für Adam überflüssig oder überzählig gegenüber der Rippenzahl, die man im normalen Körper findet, war. Wenn nicht, so wäre Adam nach ihrer Entfernung gebrechlich und eines notwendigen Organs beraubt gewesen. Ich sage »notwendigen«, denn wir setzen voraus, daß im Gefüge des menschlichen Körpers nichts überflüssig ist. Kein Knochen (welcher Art auch) kann ohne den Zusammensturz des Ganzen oder eine Verletzung seiner Ganzheit entfernt werden. Alles nämlich war nach Zahl, Gewicht und Maß von Anfang an geschaffen.

Der Gottesgarten Eden wird von vier aus einer Quelle entsprungenen Flüssen bewässert. Manche wollen, daß dieser Gottesgarten dasselbe sei wie der »Garten des Zeus« [Jupiter] bei Plato. Jene Flüsse werden von Mose Pishon, Gishon, Hiddekel, Perath genannt und von alten Autoren als Ganges, Nil, Tigris und Euphrat interpretiert. Dies ist meiner Meinung nach richtig. Denn Mose scheint sich nichts anderes vorgenommen zu haben, als die vier berühmtesten und fruchtbringendsten Flüsse der Erde zu diesem Garten zu führen, um ihn zu bewässern.

So stellt sich die räumliche und zeitliche Ordnung in der Geschichte des ersten Menschen und des Paradieses dar. Wenn ich mir das Einzelne mit gleichmütigem Geist, der allen Seiten gerecht wird und unter der Führung der Vernunft und der Wahrheitsliebe steht, überlege, kann ich den Vätern und alten Autoren nicht böse sein, die sich bemühten, dies als Gleichnisse, Parabeln oder volkstümliche Predigten zu interpretieren. Ich bin aber Celsus böse, der diese Erzählung einen »Altweiber-Mythos« nennt. Mit Recht gibt Origenes die rügende Antwort, daß dies alles als bildliche Redewendung [tropologia] gemeint sei. Und auch Celsus gibt im Folgenden zu, daß vorurteilslose Interpreten, sowohl Juden wie Christen, den wörtlichen Sinn scheuen und sich zu Allegorien bequemen (Orig. contra Cels. 1. 4. p. 186, 187, 191). Hieraus ersiehst du, daß in den ersten Jahrhunderten der christlichen Kirche, in denen Celsus lebte, und daß selbst bei den Juden vor Christi Geburt von vorurteilslosen Interpreten der Buchstabe der Mosaischen Erzählung verlassen wurde.

Es erscheint durchaus schwerwiegend und äußerst hart, daß Gott das Menschengeschlecht wegen einer durch weiblichen Leichtsinn verursachten Bagatelle verurteilt und sogar dem Verderben ausgeliefert haben soll. Deshalb meinen einige, denen ich nicht widerspreche, Mose habe offenbar deshalb auf eine so überaus leichte Sünde eine so schwere Strafe folgen lassen, um seinen »Mosaischen« Geboten Kraft und Autorität zukommen zu lassen — Geboten, die über unwichtige und ethisch indifferente Dinge schwerwiegende Entscheide fällen. Denn wer würde sich nicht scheuen, das allerkleinste Gebotlein, das im Namen Gottes daherkommt, an verletzen, wenn schon das Essen eines einzigen verbotenen Apfels denk Menschengeschlecht das Verderben einbrachte. Aber von diesem und den übrigen Artikeln des Mosaischen Berichtes möge jeder nach seinem Sinn Gebrauch machen — nur das Fundament möge er nicht einreißen. Dies aber nenne ich das Fundament: Die Lehre von der zeitlichen Entstehung des Menschengeschlechtes und dieser Erde, von der Degeneration beider und von der Erlösung der Menschen durch Weibessamen.

Wir alle neigen in diesem blinden Zustande der Sterblichkeit zum Irrtum und unter den Pflichten der Liebe ist es nicht die kleinste, daß die einen mit den anderen, den Strauchelnden, Nachsicht haben und ihnen zu Hilfe kommen. Ich indessen — Gott, der Herzen und Gedanken erforscht, sei mein Zeuge — habe mir in dieser und welch anderer Schrift auch immer nichts anderes vorgenommen, als eine Frömmigkeit zu fördern, die in der Liebe gegründet ist. In dieser Dissertation über die ersten Menschen und das Paradies sage ich nichts mit Gewißheit und Nachdruck, sondern in Bescheidenheit und Demut, damit ich das Urteil der Verständigen erfahren möge. Wenn sie doch mit mir Brauch und Geist der ersten Jahrhunderte erwägen möchten, insbesondere Brauch und Sitte der Orientalischen Völker, die die Sitte hatten, durch Symbole, Analogien und Parabeln ihre Bekenntnisse und Lehren zu übermitteln und die ältesten Zustände nach dieser Weise darzulegen! Wenn sie nicht damit einverstanden sind, mögen sie wenigstens nicht zürnen.

Das, was wir im voraufgehenden Kapitel über den Ursprung der Dinge erörtert haben, betrifft vorwiegend das Menschengeschlecht. Aber nicht minder widerstrebend erscheint die Tellurische Theorie der unbelebten Dinge und der Ursprung des Universums. Diese Mosaische Kosmogonie, die im Kreise aller übrigen Kosmogonien als die ältere gilt, müssen wir sorgfältig darstellen und die strittigen Punkte so zurechtlegen oder durch wohlwollende Interpretation [amica Interpretatio] so entschärfen, daß dabei die Wahrheit heil und ganz erhalten bleibt, woran beiden Teilen gleichermaßen gelegen ist.

Sechstagewerk und »wissenschaftliche« Theorie stimmen freilich in den Hauptfäden »des Gedankengewebes« überein. Ich möchte sagen, daß beide ein Chaos vor der Materie, die der Welt zugrunde liegt, voraussetzen. Sie stimmen auch in der grundsätzlichen Ordnung überein, indem sie zuerst die unbelebte, dann die belebte Welt zustande kommen lassen. Im übrigen aber, im Hinblick auf Gestalt und Grenzen der geschaffenen Welt, auf Wesen, Zeit und anderes weichen sie nicht unbeträchtlich voneinander ab.

Zuerst ist darauf zu achten, welche Form und welche Grenzen der Welt das Sechstagewerk voraussetzt. Es ist bekannt, daß zwischen Gebildeten und Ungebildeten zwei Weltsysteme hin und her geworfen werden, von denen das eine die Sonne, das andere die Erde als Mittelpunkt hat. Es ist deshalb zu fragen, auf welches System sich das Mosaische Sechstagewerk stützt. Offensichtlich steht fest, daß Mose beim Schöpfungswerk von der Erde als Basis und Fundament der ganzen Maschine ausgeht. Die Sonne läßt er erst am vierten Tage, wie er sagt, hervorgehen, nachdem Erde und Meer schon geschaffen und vollendet sind. Daher ist die Sonne nicht Mittelpunkt des ganzen Werkes, da sie erst hervortrat, nachdem das Werk halb vollendet war.

Außerdem werden sowohl die Sonne wie die übrigen Gestirne als zum Nutzen der Erde geschaffen vorgestellt. Sie sind dienende Körper, die für uns Tage, Jahre und sonstige Zeiten messen sollen. Nach der anderen Hypothese sind Sonne und Fixsterne nicht nur riesenhafte Körper, sondern auch die allervornehmsten, die primären Teile des gesamten Weltalls und die Fundamente der ungeheuren Masse.

Aus vielen Gründen ergibt sich, daß Mose dem System der Ungebildeten folgte, dem, was dem Volke ge¬fällt, was den Sinnen schmeichelt, was von vielen be¬griffen wird oder begriffen zu werden scheint. Er kümmerte sich in dieser Sache mit Recht um das allgemeine Wohl. Indessen, daß die unkörperliche wie die körperliche Welt älter ist als diese bewohnbare Erde, kann auf andere Weise aus den Kirchenautoritäten bewiesen werden, wenn wir die Sache genauer durchgehen. Zahlreiche von den christlichen Vätern behaupten, daß die Engel vor der Erde oder der Mosaischen Welt durch uns unbekannte Saecula hindurch existierten. Andere behaupten das auch von den höchsten Himmeln oder dem Himmel des Empyreum. Die Worte des Herrn an Hiob lassen noch weniger an dieser Präexistenz der Engel zweifeln (38,4 ff.): »Wo warst du, als ich die Fundamente der Erde legte, als mich die Morgensterne lobten und alle Söhne Gottes jubelten?« Aus diesen Worten steht tatsächlich fest, daß die Engel vor der Grundlegung der Fundamente der Erde existierten und das Lob Gottes bei dem ersten Ins-Werk-Setzen unseres Erdenkreises sangen. Ferner: wenn du »Morgensterne« wörtlich nimmst, steht fest, daß Erde und Himmel vor der Grundlegung unserer Erde vorhanden waren. Ebenso verhält es sieh mit dem Wort »bevor der Welt Grund gelegt war« (1. Petr. 1,20; Eph. 1,4; Joh. 17,5 u. 24). Das meint nicht eine nackte Ewigkeit, sondern Weltzeitalter und Gründung dieser Welt. Vor beiden existierte die Seele des Messias und das Geheimnis der christlichen Heilsökononomie. Der größte Teil der Menschen hält die übrige Natur und das Universum für eine Art Appendix unseres Erdkreises oder der Erde, der an sich keinen Wert hat, für den Bedarf des Menschengeschlechtes bereitgestellt ist und unseren Bedürfnissen dient. Mit Recht überließ daher der allerweiseste Gesetzgeber den Philosophen, die Werke Gottes auf eine andere Weise zu beschreiben, die den Vollkommenheiten Gottes und der Natur der Dinge angemessen ist, als das Menschengeschlecht nach Alter, Erfahrung und Beobachtungsgabe zur Reife gekommen war.

Die kurzen Anmerkungen zu der von Mose dargestellten Entstehung der Dinge scheinen zu beweisen, daß es dem hl. Autor nicht darum ging, die Entstehung der Welt unter dem Gesichtspunkt des physikalisch Wahren zu erklären. Es wäre bei einem wissenschaftlich ungeschulten Volke auch unnütz gewesen. Er wollte den Ursprung der Dinge nach einer Methode darbieten, die leicht zu fassen war und den Herzen der Menschen fromme Ehrfurcht und rechte Verehrung der wahren Gottheit einpflanzte. Die alten Völker, Ägypter, Phönizier, Babylonier und andere, hatten Kosmogonien, die meist ihrer Geschichtsschreibung oder ihrer Theologie vorangestellt wurden. Daher schien es Mose angemessen, den Geboten und Gesetzen die er für die Israeliten schreiben wollte, eine Urgeschichte nicht nur ihres Stammes, sondern der ganzen Welt voranzustellen und vorauszuschicken Da aber die Kosmogonien dieser Völker mit einer Unzahl von Mythen und — ich weiß nicht wieviel — Göttern und Göttinnen ausgestattet waren und dies nicht ohne tiefgehende Zerstörung der Religion, eliminierte [expungere] er dies alles und behandelte den Gegenstand keusch [caste] und unschuldig [innocue]. Und um den Götzendienst mit der Wurzel auszurotten, stellte er Himmel, Sonne, Mond, Gestirne, die größten Gottheiten anderer Völker, nicht als ewig oder aus eigener Vollmacht entstanden dar, sondern ließ sie dieser sublunarischen Welt und den menschlichen Bedürfnissen dienstbar sein.

Dies scheint mir die Absicht des hl. Verfassers ge¬wesen zu sein. Wenn wir nackte physikalische Wahrheit und Theorie anstreben, müssen wir ein anderes Gewebe weben. Wenn ich recht urteile, muß man nämlich feststellen, daß die Welt, die vor ungefähr 6000 Jahren entstand, nur die sublunarische Welt war, unsere Erde mit ihrem Himmel. Und jenes Chaos, aus dem sie entstand, war kein universales, das sich durch unendliche Weltenräume ausbreitete, sondern war innerhalb vorherbestimmter Grenzen, im Sublunarischen natürlich, gegeben. Darauf ging aus diesem Chaos die primigene Erde hervor und nicht in der Gestalt, die Mose gezeichnet hat. Er gab nämlich jene Erscheinung wieder, die sich den Augen des Volkes darbot, d.h. die heutige und postdiluvianische. Schließlich sind aus diesem irdischen Chaos weder Sonne noch Gestirne entstanden. Mose aber war überzeugt, daß der Mensch gleichsam der Gipfelpunkt aller Dinge und nach Gott der höchste Herr sei und darum legte er dar, wie um seinetwillen das ganze Universum gegründet und konstruiert sei. Dies scheint mir der Sinn der beiden Arten von Urweltgeschichte, der physikalischen und der ethischen, zu sein. »Ethisch« nenne ich die Mosaische Urgeschichtsschreibung, weil sie nicht so sehr physikalisch, sondern ethisch aufgebaut und entfaltet zu sein scheint. Indessen quäle ich niemand, wenn andere andere Gesichtspunkte entwickeln, und trage kein Verlangen danach, jemand in seinen Überzeugungen in Verwirrung zu bringen. Jeder möge sich seines Lichtes und seiner Sinngebung freuen. So wollen wir alle danach trachten, von der Vernunft Gebrauch zu machen, die Gott einem jeden geschenkt hat, bis größere Klarheit [clarius] vom Himmel niederstrahlt [affulgere].

Es wird uns entgegengehalten, was Form, Anordnung und Art des Geschaffenen betrifft, sei Mose nach unserer Annahme von der Wahrheit und der Natur der Dinge abgewichen, um sich, wie angenommen wird, um den Nutzen für das Volk und den Maßstab volkstümlichen Fassungsvermögens zu kümmern. Aber die Wahrheit, sagen sie, ist eine heilige und unverletzliche Sache, die unter keinem Vorwand versehrt, von deren Würde nichts abgebrochen, die um keiner Motive willen wirklich verlassen werden darf — am allerwenigsten von einem heiligen Manne und bei der Behandlung heiliger Dinge. Das ist ein Gegenargument, das das Gewicht von zehn anderen hat und fast die Kraft aller übrigen in sich vereint. Wenn wir hier fähig sind, zu widerstehen oder die Oberhand zu behalten, wird von den übrigen nicht mehr viel zu fürchten sein.

Wir gestehen zunächst, daß Mose in seiner Weltschöpfungslehre von der physikalischen Wahrheit abgewichen ist. Wir gestehen auch, daß die Wahrheit heilig ist. Aber es gibt in heiligen Dingen verschiedene Grade und Gefüge, von denen die einen mehr oder minder unverletzlich sind als andere. Es geht hier um physikalische Wahrheit, nicht um moralische oder göttliche. Nichts ist in den Hl. Schriften üblicher, als die Natur der Dinge »laodogmatikös« darzustellen, d. h. nach der Meinung, den Gefühlen, dem Urteil des Volkes.

So schildert die HI. Schrift die Erde als ebenes Viereck, den Himmel als fest und nach Art eines Zeltes aufgespannt, den Mond als eines der größten Gestirne, die Sonne als täglich von Osten nach Westen laufend, den Ozean höher als seine Gestade — dies in der körperlichen Welt. Die Engel schildert sie als geflügelt und mit Zungen begabt, die Seelen als Blut-Seelen, die nach dem Tode schlafen. Schließlich gedenkt sie der Ohren, Augen, Hände, Finger und übrigen Glieder Gottes selbst, des Höchsten und Besten, und außerdem der Ortsbewegung der Unendlichen Gottheit, ihrer Gemütsbewegungen und Leidenschaften. Sagst du nun »das ist wahr« oder ist es an das Fassungsvermögen des Volkes akkommodiert [accomodatus]? Wenn nun in so vielen und so wichtigen Bereichen die Hl. Schrift sich nicht davor drückt oder davor zurückschreckt, von der Wahrheit abzuweichen, weshalb soll Mose nicht von der gleichen Freiheit Gebrauch machen dürfen wenn er über Urgeschichte berichtet? Auf ihre Weise war sie durchaus wahr. Die nackte physikalische Erklärung hätte das Volk nicht fassen und ertragen können.

Nicht nur bei den Hl. Schriftstellern, sondern auch bei den heidnischen Philosophen bestand die Sitte, das Volk in volkstümlicher Ausdrucksweise oder die Schüler nach Weise der Neophyten, hausbacken nämlich, zu unterrichten. Aber nicht auf ein und dieselbe Weise verhüllten die Alten die Wahrheit — bald durch symbolische, parabolische oder anderswie figürliche Verkündigung, bald durch volkstümliche und plebejische Rede, bald durch eine Auslegung nach der »Weise des Göttlichen« oder der »Vorsehung«, nicht jedoch nach Naturgesetzen. Von allen diesen Verfahren ha¬ben wir Beispiele in den Hl. Schriften. Es ist kein großes Wunder, wenn Mose diesem oder jenem Verfahren Folge leistete, wenn er die natürliche Welt oder ihren Ursprung erklären wollte.

Wir haben oben gesagt, daß in hl. Dingen manche heiliger sind als andere, und wieviel von der Wahrheit, der wir nachfolgen, wir verhüllen oder verbergen, hängt von dem Gewicht der Gründe ab. Wird nicht jeder rechtschaffene und fromme Mann es einmal für Pflicht halten, Kranke, Kinder, Geistesschwache zu ihrem eigenen Vorteil zu täuschen? Müssen wir es nicht unter dem gleichen Vorzeichen betrachten, wenn ein rohes und ungelehrtes Volk in gleicher Weise behandelt wird, wenn es die Lage erfordert und höhere Werte auf dem Spiel stehen? Es ist frevelhaft, von schlechter List zum Schaden eines anderen Gebrauch zu machen — aber um des allgemeinen Wohls willen und, um den Schwachen zu Hilfe zu kommen, täuschen wir schuldlos und werden ohne Schuld getäuscht. Im Wesen des Guten liegt größere Weihe, Heiligkeit und Unverletzlichkeit als im Wesen des Wahren. Wenn wir beiden Werten nicht gleichermaßen gerecht werden können, muß das Wahre hinter dem Guten zurückstehen.

Um das auf unseren Gegenstand und unseren Mose anzuwenden: Wir bekennen gern, daß man nicht oder nicht aus leichten Gründen von der Wahrheit abweichen darf. Aber eine Wahrheit, die ohne Frucht verkündet wird, ist überflüssig, und wenn sie große Zerstörung anrichtet, ist sie schädlich. Unser Mose stand mit seinem Volk so da, daß er weder mit Frucht noch ohne Schaden die schwierigen Ursprünge der Dinge hatte darlegen können. Hätte es sich für Mose der Mühe verlohnt oder wäre es für einen Propheten und Gesetzgeber ein würdiges Werk gewesen, dem Volk eine minutiöse Physik darzubieten? Wo sie doch ein gegossenes Kalb von dem höchsten, besten Gott nicht zu unterscheiden vermochten.

Es wird uns entgegengehalten: Wenn Mose das Volk für unfähig hielt, eine Weltschöpfungslehre nach physikalischer Wahrheit zu begreifen, so wäre es ehrenhafter und ratsamer gewesen, über das Kapitel von der Schöpfung zu schweigen oder es ganz zu übergehen, als es mit List in Angriff zu nehmen und Falsches als Wahres auszugeben. Ich antworte: Hätte Mose den Gegenstand des Ursprungs der Welt oder der Schöpfung der Dinge ganz übergangen, so hätte er sich an sich selbst und an der religiösen Gewißheit vergangen. Die benachbarten Völker hatten ihre Kosmogonien, ihre Urgeschichte, ihre Physik, die alle in den meisten Bereichen falsch und der wahren Religion feindlich waren. Und dergleichen Traditionen oder Mythologien [Mythologiae] wären die Israeliten gefolgt, hätten sie keinen anderen Unterricht bekommen. Wenn du der Tochter keinen Bräutigam gibst, sucht sie sich selbst einen Mann, einen Knecht vielleicht?, oder einen Proletarier. Und wenn du dem Volk nicht seinen Glauben gibst, Dogmen und Einsichten, bilden sich die Leute selbst welche, ein jeder nach seinem Gefallen, seinem Gefühl und seinen Lastern.

Außerdem kann das, was du hier Mose entgegenhalten willst, gleichermaßen Christus und den Aposteln entgegengehalten werden. Das Zukünftige Leben, sei es im Himmel oder in der Hölle, und das Höchste »Jüngste« Gericht können vorn Menschenvolk nicht richtig und der wirklichen Wahrheit entspre¬chend erfaßt werden. Hätten Christus und die Apostel die Sache deshalb mit Schweigen unterdrücken oder eilenden Fußes umgehen sollen? Die Evangelischen und Apostolischen Schriften bezeugen anderes deutlich; oft werden die Dinge nicht wissenschaftlich [accurate] dargestellt, sondern durch volkstümliche Bilder, die sich dem Gedächtnis fest einprägen und den Gefühlen, die sie erregen sollen, angepaßt [accomodatae] sind, ausgemalt. So wenn denen, die des Paradieses oder der Ehrenkrone beraubt sind, der Himmel verdunkelt wird. Die Hölle wiederum wird mit unauslöschlichem Feuer und Eiseskälte und schwärzester Finsternis, mit Gewürm, das Haut und Fleisch zerfrißt, dargestellt. Nicht weniger wird der Jüngste Tag durch Posaunenklang, geöffnete Gräber, aufgeschlagene Bücher der Anklage und aufgerichtete Gerichtshöfe beschrieben. So hat es dem Hl. Geist gefallen, auch im höchsten Licht des Evangeliums die hl. Dinge auf menschliche Weise [humanitus] zu behandeln. Und was nackt nicht vorgestellt und nach exakter Rationalität von uns nicht begriffen werden kann, meinte er deshalb nicht schweigend übergehen, sondern in neue Formen umwandeln zu sollen [in novas formas mutare]. In andere Formen, sage ich, die allen lebendiger und einsichtiger waren, die Menschen zur Frömmigkeit anregten und nachdrücklich vom Bösen zurückschreckten. Man kann das leicht so drehen, daß Mose damit vor Gericht gezerrt wird, weil er nach gleichem Ratschluß verfuhr.

Zum Letzten wird eingewandt: Wenn es erlaubt ist, in den ersten Kapiteln der Genesis vom Buchstaben des Mose abzuweichen, warum nicht auch in den übrigen? Wo soll man aufhören? Wo ist die Grenze, wo das Gesetz? Wie verhindern, daß durch Leichtfertigkeit der historische und wörtliche Sinn zugrunde geht? Ich antworte: Das allgemeine und durchaus bekannte Gesetz für den Interpreten [Interpres] ist dies, daß er nirgendwo ohne Notwendigkeit vom Buchstaben abweichen darf. Halte dich daran, und wir werden sicher sein, und wenn ich irgendwo dies Gesetz verletzt haben sollte, so möchte ich, es sei ungesagt, was ich gesagt habe. Daneben ist folgendes zu beachten: Sobald es in der Hl. Schrift um die natürliche Welt geht, kann man an solchen Stellen leichter vom wörtlichen Sinne abgehen als an anderen - zumal es sich an 1000 Beispielen zeigt, daß die hl. Autoren diese Materie mit Berücksichtigung menschlicher Schwächen und volkstümlicher Meinungen behandeln. Das Lumen Naturale ist eine Gabe Gottes und darf weder unter dem Scheffel noch im Schweißtuch verborgen werden. Sondern wann immer die Gelegenheit dazu besteht, sollen wir mit Macht von diesem Licht Gebrauch machen, um die hl. Geheimnisse zu entwickeln [enucleare]. »Die Philosophie ist Interpretin der Schrift in natürlichen Dingen«, scheint mir kein schlechtes Wort zu sein. Aber ich verstehe darunter keine trockene und nüchterne Philosophie, kein Wahngebilde eines müßigen Hirns, sondern das, was aus den Erscheinungen der Natur, aus wiederholten Experimenten, aus unerschütterlichen Gründen heraus antwortet. Schließlich behandeln wir in allem das Anliegen der Theologen wie der Philosophen mit gleichmütigem und mäßigem Sinn und sind gehalten, von höchster Verehrung und Frömmigkeit gegenüber der Gottheit Gebrauch zu machen.

Diejenigen, die in allem hartnäckig am Buchstaben und an den Mosaischen Worten hängen, müssen ermahnt werden, daß sie nicht etwas zulassen, was Gottes unwürdig ist oder unseres Glaubens unwürdig ist. Im anderen Falle verletzen sie durch ihre Ehrfurchtslosigkeit die Majestät der Gottheit Gottes. Gerade wir Christen sind es doch, die die höchste Gottheit verehren, den besten und größten Gott oder, wie man zu sagen pflegt, das unendlich Vollkommene Sein. Nichts darf in unserer Theologie Gott zugeschrieben werden, was der Ehre des unendlich Vollkommenen Seins abträglich ist. Willst du aber, daß wir sagen, das unendlich Vollkommene Sein sei vom Himmel heruntergestiegen und sei abends im Garten spazierengegangen und habe nach Adam gerufen, der sich hinter Bäumen versteckte? Oder daß das unendlich Vollkommene Sein Hemden aus Fell anfertigte und sie einem Mann und einer Frau überstreifte — oder all das übrige, was in jener bekannten Unterhaltung des unendlich Vollkommenen Seins mit Adam, mit der Frau, mit der Schlange berichtet wird?

Wenn wir Gott wahrhaftig und wirklich — und nicht nur mit Worten — anhangen, versündigen sich solche Behauptungen, die der Natur Gottes widerstreiten, gegen die Herrlichkeit der Gottheit. Das stellt nicht nur eine Schändung dar, sondern gewinnt die Erscheinungsweise der Gotteslästerung, wenn es aus übler Gesinnung und am wichtigen »Verkündigungs«-Gegenstand sich vollzieht. Nach zwei Seiten hin muß man sich daher in acht nehmen: Einerseits dürfen wir nicht leichtfertig und ohne Recht vom Wortlaut und vom Buchstaben abspringen. Andererseits dürfen wir das, was volkstümlich [idiotikos] gesagt ist, nicht aus abergläubischer Geistesschwäche heraus zur Schändung der Gottheit interpretieren. Mit Recht sagte Clemens Alexandrinus: »Einzig der ist Gottes Freund, der für Gott über dem wacht, was Gottes Wesen würdig ist!« (Strom. 7. p. m. 701).

Und nicht weniger ist die Würde unseres Glaubens zu wahren! Denn die Feinde des Christentums pflegen sich aus den kraß dargestellten Mosaischen Schriften das Werkzeug zu holen, um gemeinsam mit dem jüdischen auch unseren Glauben als idiotisch und fabulös zu beschimpfen und lächerlich zu machen. Schon oben haben wir Beispiele aus Simplicius und Celsus, die u. a. die mosaische Weltschöpfung als »überaus albern« bezeichnen (Orig. contra Cels. 1. 6. p. 309). Jetzt wollen wir Kaiser Julian hören, der auf derselben Saite spielt: Als er sich über das Gespräch Evas mit der Schlange aufhält (Cyr. contra Jul. 1. 3. obj. 2), sagt er: »Was unterscheidet denn diese Mythen von denen, die die Griechen erdichtet haben?« Und im Hinblick auf den Garten Eden und die Frau, die Adam als Beistand gegeben wurde und ihn trotzdem noch vor dem Abend enttäuschte, sagt er frech und offen: »Das ist ganz und gar mythisch!« (obj. 1) Über die Vertreibung Adams wegen des verzehrten Apfels aus dem Paradies (damit er nicht vom Holz des Lebens kosten und Gott werden sollte) findet sich bei ihm die Feststellung (obj. 4): »Wenn das keine Mythen sind, was ich annehme, Mythen, die mit geheimem Sinn gefüllt sind, ist aber auch jegliches in diesen Sermonen mit Lästerung gegen Gott angefüllt!« Du siehst also, ein wie großer Anstoß bei Außenstehenden entsteht, weil sie das, was von Mose in seinen Erzählungen geschrieben wurde, unangemessen und des vom Himmel gegebenen Glaubens bar, ganz und gar unwürdig beurteilen. Natürlich muß es ja so kommen, wenn wir an der Haut und an der Rinde der Worte haften bleiben. Daher scheint mir jene Interpretation lobenswert zu sein, die solche Skandale und solchen Haß in von unserem Glauben fernhält.

Schließlich ist Mose so zu interpretieren, daß er weder mit sich selbst in Widerspruch steht noch mit den anderen hl. Verfassern in den Grundsätzen ihrer Überlieferung. Notwendigerweise läuft es auf Schaden und Unehre für unseren Glauben hinaus, wenn seine eigenen Aussagen voneinander abweichen. So wenn Mose uns in seinem Sechstagewerk als Urwelt eine heutige Welt vorstellen will, darauf aber in sie Erscheinungen einführen möchte, die sich mit einer heutigen Welt nicht in Einklang bringen lassen — wie die lange menschliche Lebenserwartung vor der Sintflut, das Aufbrechen »der Brunnen« des Abgrundes in der Sintflut und die Entstehung des Regenbogens nach der Sintflut. Das Sechstagewerk muß so dargeboten werden, daß Mose sich selbst nicht untreu wird und nicht widersprechende Meinungen äußert. Ebenso steht es, wenn der Königliche Prophet »David« unter den Wundertaten Gottes rühmt, daß ER die Erde über den Wassern gegründet habe (Ps. 24,2), die Erde auf den Wassern ausgebreitet habe (Ps. 136,6) und die »Weisheit« ebenso rühmt, daß ER den Erdkreis um den Abgrund herumgeführt habe (Sprüche 8,27). Schließlich behauptet St. Petrus, daß die Erde vor der Sintflut so aus Wasser und in Wasser bestand, daß sie hernach wehrlos den Wassern der Sintflut ausgesetzt war (2. Petr. 3,5 f.). Dies alles, sage ich, muß so behandelt und zusammengestellt werden, daß es die volkstümliche Aussageweise des Sechstagewerkes nicht zunichte macht und mit ihm seinen Autor und die vielen anderen desselben heiligen Ranges. Durch die angemessene Interpretation besonders eines Kapitels, die in vieler Namen notwendig ist, kann Moses mit sich selbst und den übrigen in Einklang gebracht werden.

Ich habe diese Dinge vor aller Augen gestellt, ja gleichsam wie eine angreifende Schlachtreihe aufmarschieren lassen — aber nicht deshalb, weil es mir ein Vergnügen machte, die Hl. Schriftsteller, Propheten und Apostel miteinander ins Handgemenge zu bringen, damit ich selbst unterdessen entwischte und mich in Sicherheit brächte, nachdem ich den Staub des Kampfplatzes zwischen solchen Männern aufwirbelte. Aber wenn man uns mit dem Gewicht einer Schriftstelle oder eines Verfassers erdrückt, scheint es billig zu sein, eine andere Stelle oder viele andere Verfasser, die dazu in Gegensatz stehen, auftreten zu lassen, damit die Sache wenigstens ins Gleichgewicht kommt, falls sie nicht zu unseren Gunsten (d. h. zur doxelogischen Interpretation) ausschlägt. Aber genug von diesen Dingen!

Was wir — für uns überzeugend — über die Mosaischen Ursprünge gesagt haben, möchten wir von anderen wie auch immer nur als Versuch angesehen wissen. Wir sind oft blind im Erkennen eigener, aber scharfrichtig im Bemerken fremder Irrtümer. Daher werde ich weitere Erwägungen oder Bedenken anderer weder vernachlässigen noch verschmähen. Indessen bleibt uns noch, alles damit zu beschließen, daß wir unsere Gebete zu Gott senden, er möge unsere Irrtümer in Gnaden übersehen, so wie wir andere Irrtümer anderer übersehen. Er möge gedenken und sich erbarmen aller Wirrnisse und Finsternisse, die in diesem Fleisch, in diesem Kerker der menschlichen Seele auf uns lasten, auf daß er uns mit seinem Licht von Tag zu Tag mehr und mehr erleuchte und uns unter seiner Leitung endlich zu seinem Himmlischen Reich führe durch unsern Herrn Jesum Christum. S.124ff.
Aus: Das Zeitalter der Aufklärung. Herausgegeben von Wolfgang Philipp
In der Reihe: Klassiker des Protestantismus. Herausgegeben von Christel Matthias Schröder Band VII, Sammlung Dieterich . Carl Schünemann Verlag Bremen