Dorotheus von Gaza (ca. 505 - 565)

Christlicher Asket und geistlicher Lehrer in Ägypten
, der zunächst nur in weltlichen Wissenschaften ausgebildet wurde. Geistige Vorbilder, wie Barsanuphius und Evagrius, bewegten ihn dazu in das Kloster von Abba Serid nahe Gaza einzutreten. Ungefähr 540 gründete er bei Gaza ein eigenes Kloster. Als Abt, schrieb er eine Reihe von Anweisungen und Regeln für seine Mönche. Dorotheus hebt die demütige Haltung des Herzens in der Annäherung zu Gott und in der Praxis des Jesusgebets als Inbegriff aller Tugenden hervor.

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Richtet nicht, damit ihr nicht gerichtet werdet
Wir sollten uns bewusst sein, welch schwere Verfehlung es ist, über den Mitmenschen zu richten. Aus kleinen Anfängen kommt es dabei zu sehr schlimmen Dingen. Da lässt einer zunächst einen leisen Verdacht gegen den andern aufkommen, aber schon achtet er nicht mehr auf seine eigene Schwäche, um sich mit den Angelegenheiten des Nächsten zu befassen. Und so kommt es zu lieblosen Urteilen und Reden — geistigen Misshandlungen des Nächsten.

In Wahrheit kann ja kein Mensch die Wirklichkeit, wie sie vor Gott ist, wissen. Gott allein kennt einen jeden. Es ist sehr wohl möglich, dass jemand fehlt und dabei etwas an sich hat, was Gott mehr gefällt als dein ganzes Leben. Wie kannst du auf deinem Richterstuhl sitzen? Und wenn einer gefehlt hat, weißt du, wie viel er gekämpft hat, ehe er schwach wurde? Vielleicht ist deshalb sein Fehltritt vor Gott so leicht wie — deine Gerechtigkeit.

Heilige hassen die Sünde, aber nicht den Sünder und ziehen sich nicht von ihm zurück. Sie haben Mitleid und suchen zu helfen. Sie machen es wie eine Mutter, wenn sie ein missgestaltetes Kind hat: sie verlässt es nicht, sondern hegt es mit desto zarterer Liebe.
S.246
Aus: Otto Karrer, Jahrbuch der Seele . Aus der Weisheit der christlichen Jahrhunderte. Verlag Ars Sacra Josef Müller München


Das Gewissen

Etwas von göttlicher Art ist uns eingesenkt, die geistige Fähigkeit der Erkenntnis und des Gemütes, die uns zum Guten mahnt. Dabei weiß ein jeder, wie gefährdet das Gute in uns ist. Wir bedürfen der Hand des Helfers, der uns stärkt. Gnade ist es, dem Antrieb des Guten zu folgen — und doch liegt es an uns, ob wir es tun wollen oder die innere Mahnung unterdrücken. Wenn die Stimme spricht: »Tu das!« und wir setzen uns darüber hinweg, und dies öfter, so wird sich die Stimme nicht mehr so klar vernehmlich machen können — und schließlich könnte man meinen, es hätte einer fast kein Gewissen mehr.

Darum liegt alles daran, dass wir uns
verantwortlich wissen. Nichts ist bedeutungslos. Tugend und Laster beginnen mit Kleinem und enden mit Großem.
S. 17
Aus: Otto Karrer, Jahrbuch der Seele . Aus der Weisheit der christlichen Jahrhunderte. Verlag Ars Sacra Josef Müller München