Hugo von Hofmannsthal, (1874 – 1929)
eigentlich Hugo Laurenz August Hofmann, Edler von Hofmannsthal

Österreichischer Dichter, Dramatiker , Lyriker , Librettist und Mitbegründer der Salzburger Festspiele der aus einer Familie mit österreichisch-jüdisch-lombardischer Herkunft stammte . Nach Besuch des Gymnasiums in Wien studierte er an der Universität Wien ab 1892 Jura und - nach einjähriger Unterbrechung zur Ableistung des Wehrdienstes - ab 1895 französche Philologie. 1898 machte er seinen »Dr. phil.« mit der Dissertationsarbeit »Über den Sprachgebrauch bei den Dichtern der Pléjade «. Im Laufe der Jahre entwickelte er sich zu einem der bedeutendesten Lyriker, Erzähler, Essayisten und Dramatiker Österreichs, der u. a. in den Jahren 1892 – 1904 nicht nur regen Kontakt mit Arthur Schnitzler und Stefan George pflegte, sondern auch mit Auguste Rodin und Maurice Maeterlinck (Paris), Rainer Maria Rilke, Henrik Ibsen und Gerhart Hauptmann Bekanntschaft schloss. Ab 1902 arbeitete er eng mit Richard Strauss zusammen, der seine Operntexte vertonte. Schon früh fiel er durch impressionistische stimmungsvolle »kleine Dramen« (‚Der Tod des Tizian 1892' und ‚Der Tor und der Tod 1894') und symbolistisch-formvollendete Lyrik auf, fiel dann aber in eine innere Krise, in der er die Aussagekraft der Sprache bezweifelte. Er entwickelte sich nun zu einem Fortführer und Erneuerer abendländischer - vor allem österreichisch-spanischer – Überlieferungen. Im beständigen Wandel versuchte er das Beständige zu wahren, wobei er in seinen Dramen und Lustspielen insbesondere die Themen: Ästhetik, Ehe, Schönheit, Staat und Tod aufgriff und mit großen Erfolg verarbeitete. Beispiele sind:
Dramen:
»Jedermann« (1911), »Das große Salzburger Welttheater« (1922), »Das Bergwerk von Falun« (Postum 1933 )
Lustspiele: »Der Schwierige« (1921), »Der Unbestechliche« (1923), sowie

Textbücher für die Operetten von Richard Strauss :
»Elektra« (1909), »Der Rosenkavalier« (1911), »Ariadne auf Naxos« (1912), »Die Frau ohne Schatten« (1919), »Arabella« (postum 1933) sowie
Erzählwerke, Essays Aufzeichnungen, Reden, ausführlicher Briefwechsel mit Richard Strauss und Stefan George.

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Inhaltsverzeichnis
Weltgeheimnis
Was ist die Welt?
Ein Traum von großer Magie

Weltgeheimnis
Der tiefe Brunnen weiß es wohl,
Eins waren alle tief und stumm,
Und alle wußten drum.

Wie Zauberworte, nachgelallt
Und nicht begriffen in den Grund,
So geht es jetzt von Mund zu Mund.

Der tiefe Brunnen weiß es wohl;
In den gebückt, begriffs ein Mann,
Begriff es und verlor es dann.

Und redet' irr und sang ein Lied -
Auf dessen dunklen Spiegel bückt
Sich einst ein Kind und wird entrückt.

Und wächst und weiß nichts von sich selbst
Und wird ein Weib, das einer liebt
Und - wunderbar wie Liebe gibt!

Wie Liebe tiefe Kunde gibt! -
Da wird an Dinge, dumpf geahnt,
In ihren Küssen tief gemahnt...

In unsern Worten liegt es drin,
So tritt des Bettlers Fuß den Kies,
Der eines Edelsteins Verlies.

Der tiefe Brunnen weiß es wohl,
Einst aber wußten alle drum,
Nun zuckt im Kreis ein Traum herum .
Aus: Hugo von Hofmannsthal: Gedichte; Reclams Universal-Bibliothek Nr. 18036, S. 16

Was ist die Welt?

Was ist die Welt? Ein ewiges Gedicht,
Daraus der Geist der Gottheit strahlt und glüht,
Daraus der Wein der Weisheit schäumt und sprüht.
Daraus der Laut der Liebe zu uns spricht

Und jeden Menschen wechselndes Gemüt,
Ein Strahl ist's, der aus dieser Sonne bricht,
Ein Vers, der sich an tausend andre flicht,
Der unbemerkt verhallt, verlischt, verblüht.

Und doch auch eine Welt für sich allein,
Voll süß-geheimer, nievernommener Töne,
Begabt mit egner, unentweihter Schöne,

Und keines Andern Nachhall, Widerschein.
Und wenn du gar zu lesen drin verstündest,
Ein Buch, das du im Leben nicht ergründest.
Aus: Hugo von Hofmannsthal: Gedichte; Reclams Universal-Bibliothek Nr. 18036, S. 67

Ein Traum von großer Magie
Viel königlicher als ein Perlenband
Und kühn wie ein junges Meer im Morgenduft,
So war ein großer Traum - wie ich ihn fand.

Durch offene Glastüren ging die Luft.
Ich schlief im Pavillon zu ebner Erde,
Und durch vier offne Türen ging die Luft -

Und früher liefen schon geschirrte Pferde
Hindurch und Hunde eine ganze Schar
An meinem Bett vorbei. Doch die Gebärde

Des Magiers - des Ersten, Großen - war
Auf einmal zwischen mir und einer Wand:
Sein stolzes Nicken, königliches Haar.

Und hinter ihm nicht Mauer: es entstand
Ein weiter Prunk von Abgrund, dunklem Meer
Und grünen Matten hinter seiner Hand.

Er bückte sich und zog das Tiefe her.
Er bückte sich, und seine Finger gingen
Im Boden so, als ob es Wasser wär.

Dann warf er sich mit leichtem Schwung der Lenden -
Wie nur aus Stolz - der nächsten Klippe zu;
An ihm sah ich die Macht der Schwere enden.

In seinen Augen aber war die Ruh
Von schlafend- doch lebendgen Edelsteinen.
Er setzte sich und sprach ein solches Du

Zu Tagen, die uns ganz vergangen scheinen,
Daß sie herkamen trauervoll und groß:
Das freute ihn zu lachen und zu weinen.

Er fühlte traumhaft aller Menschen Los,
So wie er seine eignen Glieder fühlte.
Ihm war nichts nah und fern, nichts klein und groß.

Und wie tief unten sich die Erde kühlte,
Das Dunkel aus den Tiefen aufwärts drang,
Die Nacht das Laue aus den Wipfeln wühlte,

Genoß er allen Lebens großen Gang
So sehr - daß er in großer Trunkenheit
So wie ein Löwe über Klippen sprang.

...........................................................

Cherub und hoher Herr ist unser Geist -
Wohnt nicht in uns, und in die obern Sterne
Setzt er den Stuhl und läßt uns viel verwaist:

Doch Er ist Feuer uns im tiefsten Kerne
- So ahnte mit, da ich den Traum da fand -
Und redet mit den Feuern jener Ferne

Und lebt in mir wie ich in meiner Hand.

Aus: Hugo von Hofmannsthal: Gedichte; Reclams Universal-Bibliothek Nr. 18036, S. 24f.