Mani, Manes, Manichäus (216 – 276 im Gefängnis)
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Persischer
Religionsstifter, der im persischen Reich und in Indien (besonders
in Belutschistan) den von ihm begründete und nach ihm benannte Religion (Manichäismus) predigte. Der Manichäismus war die gnostische Weltreligion der Spätantike und des frühen Mittelalters, die
von einem radikalen Dualismus ausging: Dem Herrscher des Lichtreichs (oft
mit dem Gott des Alten Testaments gleichgesetzt) steht der König
der Finsternis (der Teufel oder Ahriman) gegenüber. Um 300 ist der
Manichäismus im ganzen Nahen Orient, Anfang des 4. Jahrhunderts in
Rom, Gallien und Spanien bezeugt. Im Reich der Uiguren war er im 8. Jahrhundert Staatsreligion, im 7. Jahrhundert hatte er selbst in China erheblichen
Einfluss, Seine radikale Weltverneinung und die Gegenwehr der anderen
Religionen waren die Ursache der Verfolgungen, denen er schließlich erlag. Sein Gedankengut tauchte später bei den Paulikianern, Bogomilen und Katharern wieder auf. |
Inhaltsverzeichnis
Im Anfang waren Licht und Finsternis, Entstehung des Teufels und erste Kämpfe gegen die Lichterwelt,
Der König der Paradiese erschafft den Urmenschen, Der Bau der Welt aus gemischten Elementen,
Jesus belehrt in Adam die Menschheit, Wie der Mensch in die Religion eintreten soll,
Der Eintritt in das zukünftige Leben, Aus dem Beichtspiegel der Manichäer
Im
Anfang waren Licht und Finsternis
Mani lehrt: Den Anfang der Welt bilden zwei Wesen, das eine Licht, das andere
Finsternis; beide sind voneinander getrennt. Das Licht aber ist die erste Großherrliche,
durch keine Zahl beschränkt, Gott selbst, der König der Paradiese
des Lichts. Er hat fünf Glieder, die Sanftmut, das Wissen, den Verstand,
das Geheimnis, die Einsicht, und fünf andere geistige, die Liebe, den Glauben,
die Treue, den Edelsinn und die Weisheit. Er behauptete ferner, daß der
Lichtgott mit diesen seinen Eigenschaften anfanglos sei, mit ihm zugleich aber
zwei gleich anfanglose Dinge bestehen, das eine der Luftkreis (Luftäther),
das andere die Erde. Mani fügt hinzu: Und die Glieder des Luftkreises sind
fünf, die Sanftmut, das Wissen, der Verstand, das Geheimnis, die Einsicht;
und die Glieder der Erde, der leise Lufthauch, der Wind, das Licht, das Wasser
und das Feuer. Das andere Wesen ist die Finsternis, und deren Glieder sind fünf,
der Nebel, der Brand, der Glühwind, das Gift und die Finsternis.
Entstehung
des Teufels und erste Kämpfe gegen die Lichterwelt
Mani lehrt ferner: Aus dieser finsteren Erde entstand der Satan, nicht so, dass
er an sich von Anfang her ewig war, doch waren seine Substanzen in seinen Elementen
anfanglos. Es vereinigten sich nun diese Substanzen aus seinen Elementen und
gingen als Satan hervor, sein Haupt wie das Haupt eines Löwen, sein Leib
wie der Leib eines Drachen, seine Flügel wie die Flügel eines Vogels,
sein Schwanz wie der Schwanz eines großen Fisches und seine vier Füße
wie die Füße der kriechenden Tiere. Als dieser Satan unter dem Namen
Iblis, der der Zeit nach Ewige (Urteufel), aus der Finsternis entstanden war,
verschlang und verzehrte er (alles), verbreitete Verderben nach rechts und nach
links und stieg in die Tiefe, bei all diesen Bewegungen Zerstörung und
Vernichtung von oben herabbringend. Dann strebte er nach der Höhe und gewahrte
die Strahlungen des Lichts; sie waren ihm aber zuwider. Als er später sah,
wie diese sich erhöhten, entsetzte er sich, kroch in sich zusammen und
vereinigte sich mit seinen Elementen. Hierauf strebte er von neuem mit solcher
Gewalt nach der Höhe, dass die Lichterde das Tun des Satans und wie
er auf Mord und Verderben sann gewahrte.
Der
König der Paradiese erschafft den Urmenschen zum Kampf gegen die Finsternismacht
Als zuletzt, lehrt Mani weiter, auch der König der Paradiese des Lichts
vom Tun des Satans erfahren hatte, sann dieser auf seine Unterwerfung, und es
wären, fügt er hinzu, jene seine Heerscharen mächtig genug gewesen,
ihn zu bewältigen, doch wünschte er, dass er es kraft eigner
Macht vollführte. Er erzeugte demnach mit dem Geiste seiner Rechten, seinen
fünf Welten und seinen zwölf Elementen ein Geschöpf, und das
ist der (der Zeit nach) ewige Mensch (Urmensch), und berief ihn zur Bekämpfung
der Finsternis. Auch der Urteufel nahm seine fünf Geschlechter, nämlich
den Qualm (oder Rauch), den Brand, die Finsternis, den Glühwind und den
Nebel, bewaffnete sich mit ihnen, machte sie zu einem Schilde für sich
und trat dem Urmenschen entgegen. Nachdem sie miteinander lange Zeit gekämpft,
siegte der Urteufel über den Urmenschen, verschlang von seinem Lichte und
umgab ihn zugleich mit seinen Geschlechtern und seinen Elementen. Da folgte
ihm der König der Paradiese des Lichts mit andern Göttern, befreite
ihn und besiegte die Finsternis. Es heißt aber derjenige, mit welchem
der Lichtkönig dem Urmenschen folgte, der Freund der Lichter. Dieser stieg
hernieder, und der Urmensch wurde von den höllischen Stoffen zugleich mit
dem, was er von den Geistern der Finsternis ergriffen und versteckt an sich
hatte, befreit.
Der
Bau der Welt aus gemischten Elementen
Und er befahl, lehrt Mani, einem seiner Engel aus der Lichtwelt, die gegenwärtige
Welt zu schaffen und sie von diesen gemischten Teilen zu bauen, um jene Lichtteile
von den dunklen Teilen zu befreien. Er baute also zehn Himmel und acht Erden,
betraute einen Engel, die Himmel zu tragen und einen andern die Erden in der
Höhe zu halten.
Mani fährt fort: Hierauf schuf er die Sonne und den Mond, um, was auf der
Welt von Licht wäre, rein auszuscheiden, so dass die Sonne das Licht,
welches mit den hitzigen Teufeln vermischt war, und der Mond das Licht, welches
mit den kalten Teufeln vermischt war, an der Säule des Lobpreises rein
ausschied, und es steigt das so ausgeschiedene Licht zugleich mit den sich emporschwingenden
Lobpreisungen, Hymnen, dem reinen Wort und den frommen Werken in die Höhe.
Der Mond übergibt diese Lichtteile, fügt Mani hinzu, der Sonne, die
Sonne aber übergibt sie dem Licht über sich in der Welt der Lobpreisung,
und sie gehen dann in dieser Welt bis zu dem obersten reinen Licht. Dieses zu
tun hört sie nicht auf, bis von dem Licht ein so eng verbundener Teil übrigbleibt,
dass die Sonne und der Mond es nicht weiter ausscheiden können. Während
dieses geschieht, erhebt sich der Engel, dem das Tragen der Erde obliegt, und
der andere Engel steht von dem Nachsichziehen der Himmel ab, so dass sich
das Höchste mit dem Untersten vermischt, und es lodert ein Feuer auf und
frisst sich fort in diesen wirren Dingen und hört nicht eher auf zu
brennen, bis das, was sich in ihnen noch von Licht befindet, aufgelöst
ist.
Jesus
belehrt in Adam die Menschheit
Es machte sich aber Îsâ (Jesus) auf, lehrt Mani, redete das Geschöpf
d. i. Adam an, erklärte ihm die Paradiese und die Götter, die Hölle
und die Teufel, die Erde und den Himmel und die Sonne und den Mond, machte ihm
bange vor der Hawwâ, indem er ihn über ihre heftige Zudringlichkeit
aufklärte, und flößte ihm Furcht ein, sich ihr zu nähern.
Und Adam gehorchte.
Wie
der Mensch in die Religion eintreten soll
Wer, befiehlt Mani, in die Religion eintreten will, dem liegt ob, dass
er sich selbst prüfe, und wenn er sieht, daß er die Sinnenlust und
die Habgier zu bezähmen, das Essen aller Art Fleisch, das Weintrinken und
den ehelichen Beischlaf lassen und sich des Schädlichen des Wassers, des
Feuers, der Zauberei und der Heuchelei zu entschlagen vermag, so trete er in
die Religion ein; wenn er aber alles dieses nicht vermag, so unterlasse er seinen
Eintritt. Liebt er die Religion, vermag jedoch den Sinnenreiz und die Habgier
nicht zu dämpfen, so mache er sich die Bewahrung der Religion und der Wahrhaftigen
zunutze und begegne seinen verwerflichen Handlungen durch (Benutzung von) Gelegenheiten,
wo er sich der Tätigkeit, der Gerechtigkeit, der eifrigen Wachsamkeit,
der Bitte und der frommen Demut ganz hingibt; denn das macht ihn in dieser vergänglichen
und der zukünftigen ewigen Welt zufrieden.
Der
Eintritt in das zukünftige Leben
Wenn der Tod, lehrt Mani, einem Wahrhaftigen naht, sendet der Urmensch einen
Lichtgott in der Gestalt des leitenden Weisen und mit ihm drei Götter und
zugleich mit diesen das Wassergefäß, das Kleid, die Kopfbinde, die
Krone und den Lichtkranz. Mit ihnen kommt die Jungfrau, ähnlich der Seele
dieses Wahrhaftigen. Auch erscheint ihm der Teufel der Habgier und der Sinnenlust
mit andern Teufeln. Sobald der Wahrhaftige diese erblickt, ruft er die Göttin,
welche die Gestalt des Weisen angenommen hat, und die andern drei Götter
zu Hilfe, und diese nähern sich ihm. Sobald die Teufel sie gewahr werden,
wenden sie sich fliehend um. Jene aber nehmen diesen Wahrhaftigen, bekleiden
ihn mit der Krone, dem Kranze und dem Kleide, geben ihm das Wassergefäß
in die Hand, und steigen mit ihm auf der Säule des Lobpreises zu der Sphäre
des Mondes, zu dem Urmenschen und zu der Nahnaha, der Mutter der Lebendigen,
bis zu dem Zustand, in dem er zuerst in den Paradiesen des Lichts war. Sein
Körper aber bleibt alsdann liegen, damit ihm die Sonne, der Mond und die
Lichtgötter die Kräfte, d. i. das Wasser, das Feuer und den sanften
Lufthauch entziehen, und er erhebt sich zur Sonne und wird ein Gott. Der Rest
seines Körpers aber, der ganz Finsternis ist, wird in die Hölle geworfen.
Wenn dem kämpfenden, für die Religion und die Gerechtigkeit empfänglichen
Menschen, der sie beide und die Wahrhaftigen hütet, der Tod naht, erscheinen
jene Götter, die ich erwähnt habe, und auch die Teufel sind da. Er
ruft um Hilfe und sucht durch die guten Werke, die er getan hat, und durch die
Bewahrung der Religion und der Wahrhaftigen sich ihm zuneigende Vermittlung.
Diese machen ihn auch frei von den Teufeln; aber er hört nicht auf, dem
Menschen in der Welt ähnlich zu sein, der in seinem Traume die Schreckgestalten
sieht und in Schmutz und Kot versinkt. In diesem Zustand verbleibt er, bis sein
Licht und sein Geist befreit wird und er an den Vereinigungsort der Wahrhaftigen
gelangt und nach einem langen Zeitraum von Hin- und Herirren ihre Kleider anlegt.
Wenn aber dem sündigen Menschen, über den die Habgier und die Sinnenlust
die Oberhand gewonnen hat, der Tod erscheint, so nahen sich ihm die Teufel,
packen und quälen ihn und lassen ihn die Schreckgestalten sehen. Auch jene
Götter sind da und mit ihnen das erwähnte Kleid, so dass der
sündige Mensch glaubt, sie seien zu seiner Erlösung erschienen. Sie
sind aber nur da, ihn mit Vorwürfen zu erfüllen, ihm seine Taten in
das Gedächtnis zurückzurufen und ihm schlagend die Überzeugung
begreiflich zu machen, dass er die Hilfe für sich von seiten der Wahrhaftigen
aufzugeben habe. Dann irrt er in der Welt unaufhörlich umher von Peinigungen
heimgesucht bis zu der Zeit, wo dieser Zustand aufhört und er mit der Welt
in die Hölle geworfen wird.
Das sind drei Wege, lehrt Mani, in bezug auf welche die Seelen der Menschen
eingeteilt werden. Der eine von ihnen führt in die Paradiese, das ist der
Weg der Wahrhaftigen, der andere in die Welt und ihre Schrecknisse, das ist
der Weg für die Hüter der Religion und die Helfer der Wahrhaftigen,
und der dritte zur Hölle, das ist der Weg für den sündigen Menschen.
Aus
dem Beichtspiegel der Manichäer
Seit wir den wahren Gott und die heilige Lehre haben kennenlernen, kennen wir »die beiden Wurzeln (Prinzipien)« und »die Lehre von den drei
Zeiten«; (denn) wir kennen die Wurzel des Lichts: das Götterland,
und die Wurzel der Finsternis: die Hölle; (was aber »die Lehre von
den drei Zeiten« anbetrifft, so) wissen wir ferner, was gewesen sein soll,
ehe Erde und Himmel waren, wissen wir, warum Gott und Teufel gekämpft,
wie Licht und Finsternis sich vermischt und wer Erde und Himmel geschaffen haben
soll, wissen wir ferner, warum dermaleinst Erde und Himmel vergehn und wie Licht
und Finsternis voneinander getrennt werden sollen und was darauf werden (geschehn)
soll.
Dem Gott Zärwan, dem Sonnen- und Mondgott, den Kraft-Göttern (d.h.
den Fünfgöttern) und den Propheten haben wir vertraut und uns auf
sie verlassen, sind Hörer geworden und haben vier leuchtende Eigentumszeichen
in unsren Herzen eingebrannt: das erste, die Liebe, (ist) das Eigentumszeichen
Zärwans, das zweite, der Glaube, (ist) das Eigentumszeichen des Sonnen-und
des Mondgottes, das dritte, die (Gottes-)Furcht, (ist) das Eigentumszeichen
der Fünfgötter, das vierte, die Weisheit, (ist) das Eigentumszeichen
der Propheten.
Mein Gott! Wenn wir unsern Verstand und unser Herz von diesen viererlei Göttern
sich haben entfernen lassen, wenn wir sie von ihrem (Ehren-)Platz (in unsrem
Herzen) haben herabwerfen lassen, und wenn die Eigentumszeichen der (genannten) Götter zerbrochen sein sollten, so bitten wir jetzt, mein Gott! um Vergebung
unsrer Sünden.
Seit wir die zehn Gebote halten, war es erforderlich (waren wir verpflichtet),
drei mit dem Mund, drei mit dem Herzen, drei mit den Händen und eins mit
dem ganzen Leibe genau zu halten.
Mein Gott! sollten wir wissentlich oder unwissentlich indem wir dem Körper
zuliebe lebten, oder indem wir den Worten schlechter Genossen und Freunde gehorchten
und ihrem Beispiel folgten, oder indem wir uns um das Vieh und (andern) Besitz
(d. h. weltlichen Besitz) bekümmerten, oder indem unsere Notlage (uns dazu) zwang (wörtlicher: uns überkam) diese zehn Gebote gebrochen haben,
sollten wir irgendwie es (an ihrer genauen Befolgung) haben fehlen und mangeln
lassen, mein Gott! so bitten wir um Vergebung unsrer Sünden.
Zitiert aus: Fihrist, Übers. von G. Flügel,
Mani, seine Lehre und seine Schriften. 1862 S.86ff.
Auch enthalten in: Die Söhne Gottes, Aus den heiligen Schriften der Menschheit,
(S.201f.) Auswahl und Einleitungen von Gustav Mensching, R. Löwit . Wiesbaden