Heinrich Müller (1631 – 1675)

Deutscher Theologe, Kirchenlieddichter und evangelischer Pfarrer, der erstmals in der deutschen Sprache den Begriff Übermensch im Sinne eines »Gottesmenschen« verwendet hat
In seinem herzlichen Bestreben die Botschaft des Evangeliums zu verinnerlichen, wurde er zu einem der Wegbereiter des Pietismus.



Siehe auch Wikipedia und Kirchenlexikon

Inhaltsverzeichnis

Rechtschaffene Diener Christi
Rechte Prediger sehen allein auf Gott
  Die göttliche Würde des Amtes  

Rechtschaffene Diener Christi
Rechtschaffene Lehrer erkennen, dass Christus Herr, und dass sie nur seine Diener sind. Darum bereiten sie nicht sich selbst, sondern Christo, ihrem Herrn, den Weg zu der Menschen Herzen. Es ist ihnen gleich, ob sie was haben, was gelten oder nicht, wenn nur Christo Bahn gemacht wird, dass er ungehindert in die Seele einziehe. Wie das dient zu ihrer Demütigung, dass sie Christi Diener sind, so dient das zu ihrer Ermutigung, dass sie Diener sind des Herrn aller Herrn. Ein reicher Herr ist er und wird seine Knechte versorgen, wenn sie nichts haben. Ein mächtiger Herr und wird sie schützen, wenn sie von der Welt verfolgt werden. Ein großer Herr verlässt seinen Diener nicht, Christus die Seinigen auch nicht.

Aber die von ihm abtreten in Lehre und Leben sind seine Knechte nicht. Der Menschen Knechte sind sie, denen suchen sie gefällig zu sein. Bei wem wollen diese doch ihren Zutritt nehmen, wenn die Menschen aus Freunden Feinde werden und von ihnen abtreten? Dann sind sie von Gott und Menschen verlassen: Christi Diener treten zu Christus. Sie treten zu ihm als die Schüler zu ihrem Meister und lernen von ihm, was sie andere lehren wollen. Sie treten zu ihm als ihrem Führer und betreten die Fußstapfen seines heiligen Lebens. Ich bin Christi Nachfolger, rühmt Paulus. Sie treten zu ihm als ihrem Tröster, wenn sie in Nöten und Ängsten sind. Sie treten zu ihm als ihrem Rat, wenn sie sich und anderen selbst nicht zu raten wissen. In allem Anliegen treten sie zu ihm mit Flehen im Geist und klagen ihm die Not. Zu ihm haben sie freien Zutritt. Diener Christi heißen treue Lehrer, weil sie von Christo berufen sind, nicht dass sie herrschen, sondern dienen.

Ein rechtschaffener Lehrer vergisst sein selbst, sucht nur Christus und die Seelen, Christus ist sein einziges Ziel, er siehet nur darin, dass er mit seinem Herzen, Mund und ganzem Leben Christum predige und verkläre. Er dient mit Mühe und Sorge, ist ein Ruderknecht, der mit schwerer Angstarbeit das Schifflein Christi forttreibt. Diese Farbe muss der haben, der ein rechtschaffener Diener Christi sein will. Erstlich muss er sein Amt und Dienst von Christo empfangen und mit demselben die Menschen unter den Gehorsam Christi führen, dass er suche, nicht ihm selbst, sondern Christo zu gewinnen, wie ein Knecht seinem Herrn. Danach muss er keine Mühe fliehen, keine Unlust fürchten, voller Angst und Sorgen.

Prediger sind geistliche Mütter, empfinden die Angst der mütterlichen Herzen und müssen mit Paulus sagen (Galater 4): Meine Kinder, die ich mit Ängsten zeuge. Auch muss ein Prediger vorsichtig fahren, dass er das Schifflein Christi durch die gefährlichen Klippen der Sicherheit und der Verzweiflung unverletzt hindurchbringe, auf jener Seite muss er rudern mit der gewaltigen Hand Mosis, auf dieser Seite mit der linden und sanften Hand Christi. Endlich muss er auch ein treuer Diener Christi von der Welt Schmach und Verfolgung nichts fürchten, denn die Welt hat ebensoviel Recht ans Predigeramt als der Teufel am Himmelreich. Sind wir doch nicht der Welt, sondern Christi Diener.
S.19ff.

Rechte Prediger sehen allein auf Gott
Rechtschaffene Prediger sehen allein auf Gott. Sie erkennen zwar Gottes Licht, Kraft und Gnade in sich, aber sie erkennen auch, dass sie solches alles nicht von sich selbst, sondern von Gott haben. Gott ist’s, der ihnen das Wort in den Mund legt, Gott ist’s, der das Wort durch seinen Geist in die Herzen der Zuhörer drückt. Darum richten sie alle ihre Arbeit zu seinen Ehren aus, sie gehen aus, den Samen des göttlichen Wortes auszustreuen, scheuen keine Arbeit, strecken ihren Leib, ihr Leben und ganzes Vermögen ans Amt, wie ein treuer Diener mit allen Kräften seinem Herrn dient. Bei solcher Arbeit haben sie das gute Vertrauen zu Gott durch Christum, dass er zu ihrem Pflanzen das Gedeihen gebe werde. Lässt sich die Frucht finden, so geben sie Gott die Ehre und sprechen: »Alles, was wir ausrichten, das hast du, Herr uns gegeben!« (Jes. 26, 12). Es ist Gottes Segen, was der Ackersmann baut, es ist Gottes Segen, was die Lehre Gutes schafft. Bleibt die Frucht aus, so hören sie doch nicht auf zu arbeiten, zu vertrauen und zu beten, und geben ihr Vertrauen dadurch an den Tag, dass sie einen freudigen Mut behalten. S.21

Die göttliche Würde des Amtes
Vor der Welt ist nichts Verächtlicheres als das liebe Predigtamt. Was sich sonst an niemand reiben kann, das wagt sich getrost an die Prediger, dieselben zu schmähen und zu zertreten. Wir sind ein verachtetes Licht in den Augen der Stolzen, das keinen Glanz hat. Dennoch tut Gott große Dinge durchs Predigtamt, mehr und größere als durch alle Könige und Kaiser; denn lasst alle Zepter und Kronen auftreten, was gilt’s, ob sie ein betrübtes Herz recht trösten mögen? Aber Gottes Werke und Wunder wollen der Welt nicht ein; darum müssen seine Diener allen unter den Füßen liegen und jedermanns Liedlein sein. Doch was die Welt verwirft, das erwählt und krönt Gott. Also hat das von der Welt verachtete Predigtamt dennoch seinen göttlichen Adel und seine Würde. S. 107f.
Enthalten in: Das teure Predigtamt. Gebete und Weisungen für den Dienst am Wort aus dem Schatz der Kirche. Im Furche-Verlag Berlin