Pythagoras (um 570 - 497/498 v. Chr.)

  Griechischer Philosoph aus Samos, wanderte 532/31 v. Chr. nach Unteritalien aus und gründete hier in Kroton einen Bund mit religiösen, wissenschaftlichen politischen und ethischen Zielen (Pythagoreer). Seine nur mündlich vorgetragenen Lehrmeinungen umfassten vor allem mystisch-priesterliche Weisheiten. Die Entdeckung bestimmter rationaler Zahlenverhältnisse in der Natur führte Pythagoras zu der Lehre, das Wesen der Wirklichkeit sei die Zahl. Die Aussage des ihm zugeschriebenen »Pythagoreischen Lehrsatzes« war für eine Reihe von Einzelfällen schon vor seiner Zeit bekannt.

>>> Philolaos (Pythagoräische Zahlenmystik)

Siehe auch Wikipedia

Über das Göttliche
Die Pythagoreer, welche dieses von ihm [Pythagoras] gelernt hatten, hielten es für förderlich, von der Existenz der Götter überzeugt zu sein sowie von der Tatsache, dass sich das Göttliche zum Menschengeschlecht verhält, dass es dieses beobachtet und sich darum kümmert. [Diese Formulierung setzt eine Verneinung der Existenz und Vorsehung des Göttlichen voraus und kann deshalb nicht sehr früh sein; das ihr Folgende macht jedoch einen altertümlichen Eindruck.] Denn wir Menschen bedürften einer Vormundschaft, die so stark ist, dass wir ihr in keiner Hinsicht zu widerstreben wagen. So stark sei aber die, welche vom Göttlichen ausgeübt werde, da das Göttliche nun einmal solcher Art ist, dass es wert ist, über das Weltganze zu herrschen. Sie sagten nämlich, das Lebewesen [der Mensch] sei von Natur ein zur Hybris [Überschreiten des dem Menschen gesetzten Maßes] neigendes Wesen, womit sie recht hatten, und eines, das kompliziert und unbeständig sei in seinen Trieben, Begierden und sonstigen Gemütsbewegungen. Es bedürfe daher einer solchen Autorität und Drohung, dass davon eine Art moralischer Wirkung und eine Art von Ordnung ausgehe. Sie waren also Auffassung, dass sich ein jeder der Kompliziertheit und Unbeständigkeit seiner Natur bewusst sein müsse und deshalb nie die Frömmigkeit dem Göttlichen gegenüber und die kultische Verehrung vergessen dürfe, sondern sich immer zu vergegenwärtigen habe, dass es die menschliche Lebensführung beobachte und überwache. Nach dem Göttlichen und Dämonischen müsse man am meisten den Eltern und dem Gesetz Rechnung tragen und sich bemühen, ihnen untertan zu sein, und zwar nicht formell, sondern aus Überzeugung.

Nach dem Göttlichen und Dämonischen müsse man am meisten den Eltern und dem Gesetz Rechnung tragen und sich bemühen, ihnen untertan zu sein, und zwar nicht formell, sondern aus Überzeugung. Überhaupt waren sie der Meinung, man müsse annehmen, es gebe kein größeres Übel als die Anarchie [das Fehlen einer Autorität]; denn der Mensch könne sich infolge seiner natürlichen Veranlagung nicht behaupten, wenn nichts mehr über ihm stehe.

Diese Männer hielten es für richtig, den Sitten und gesetzlichen Verordnungen der Väter die Treue zu halten, auch wenn sie viel schlechter als andere seien. Denn es sei keineswegs dem Nutzen und der Sicherheit förderlich, mir nichts dir nichts von den vorhandenen Gesetzen
»abzuspringen« und auf Umwälzungen erpicht zu sein.
Aus: Die Vorsokratiker I, Milesier, Pythagoreer, Xenophanes, Heraklit, Parmenides, Griechisch/Deutsch. Auswahl der Fragmente, Übersetzung und Erläuterung von Jaap Mansfeld
Reclams Universalbibliothek Nr. 7965 (S.199-203 aus Iamblichos, Vit. Pyth.) © 1983 Philipp Reclam jun., Stuttgart Veröffentlichung auf Philos-Website mit freundlicher Erlaubnis des Reclam Verlags