Daniel Schenkel (1813 – 1885)

Schweizer protestantischer Theologe, der nach Studien in Basel (bei De Wette) und Göttingen, (wo er Gieseler und Lücke kennen lernt), wieder nach Basel zurückkehrt, um sich dort 1838 zu habilitieren. In Basel erhält er auch 1849 seine erste Professur, 1851 wird er Professor der Theologie und Universitätsprediger in Heidelberg. Schenkel war freundschaftlich eng mit Richard Rothe verbunden, mit dem er 1863 den »Deutschen Protestantenverein« gründete. Dogmatisch ist Schenkel der Vermittlungstheologie zugehörig. Sein 1864 erschienenes Buch über das Leben Jesu verursacht heftige, aber ergebnislose Proteste unter der badischen Geistlichkeit und hat zur Folge, dass sich sein Einfluss auf die badische Theologenschaft merklich verringert.

Siehe auch Wikipedia und Kirchenlexikon

Die verschiedene Stellung des Menschen zum Evangelium
Das ist aber das Gericht, dass das Licht in die Welt gekommen ist; und die Menschen liebten die Finsternis mehr, denn das Licht. Denn ihre Werke waren böse. Wer Arges tut, der hasset das Licht, und kommt nicht an das Licht, auf dass seine Werke nicht gestraft werden. Wer aber die Wahrheit tut, der kommt an das Licht, dass seine Werke offenbar werden; denn sie sind in Gott getan. (Joh. 3, 19 – 21)

Nicht leicht gibt es einen erhebenderen Anblick, als die Sonne aufgehen zu sehen. Wenn die Erde zuerst in Nacht und Dunkel gehüllt daliegt, wenn es dann anfängt zu dämmern, und die Spitzen der Berge zu glimmen, zu glühen, zu leuchten beginnen, wenn das Licht des Tages allmählich immer weiter ins Tal herabsteigt, wenn endlich die Sonne selbst in stiller Pracht und Majestät sich erhebt als die Königin des Tages: wie ergreifend, wie erhebend ist nicht dieser Anblick. Gewiss freuen wir uns mit Recht jeden morgen uns aufs Neue des uns wiedergeschenkten Lichts und loben und preisen den Schöpfer, der der Vater des Lichtes ist. Denn das Licht ist ja der Ursprung alles Lebens und die Quelle alles Segens; ohne das Licht wäre die ganze Erde nichts als ein weites und ödes Grab.

Und doch, meine teuren Freunde, gibt es noch ein höheres Licht als dieses irdische. Jenes Licht, welches die Wolken des Irrtums in unserer Seele zerstreut, die Nacht der Sünde in unserm Innern durchbricht, die Finsternis der Schuld von unserem Gewissen verscheucht: es ist ein noch viel herrlicheres Licht. Und so lange es Menschen gibt, hat Gott dieses himmlische Licht unter ihnen seinen Aufgang finden lassen. Schon den Patriarchen hat es gedämmert; Mose und den Propheten hat es wie Morgenrot geleuchtet bis es endlich in Christo Jesu als die Sonne der Wahrheit und Gerechtigkeit für alle Völker und alle Zeiten in vollendeter Schönheit aufgegangen ist. Sollten wir uns denn nicht auch jeden Morgen dieses Lichts freuen und den loben und preisen, dem wir den Aufgang desselben aus der Höhe verdanken?

Und doch, meine Freunde, gibt es nicht wenige Geschöpfe, welche selbst das irdische Licht fliehen und meiden. Wenn der Morgen graut und der Tag anbricht, verbergen sie sich in die Höhlen und die Klüfte. Ja es gibt leider auch nicht wenige Menschen, welche die Nacht mehr lieben als den Tag. In die Kammern der Finsternis flüchten sich die Sünden des Fleisches. Auf den Wegen der Nacht geht der Dieb, wenn er sein schnödes Gewerbe treibt. Unter dem Schutze des Dunkels lauert der Mörder auf sein schuldloses Opfer.

Wollen wir uns da wundern, wenn manche Menschen auch das himmlische Licht fliehen und meiden und vor dem durchdringenden Strahle der göttlichen Wahrheitssonne sich zu verbergen suchen.

Und doch, meine teuern Freunde, muss der Mensch in irgend ein Verhältnis zu dem himmlischen Lichte treten, in irgend eine Stellung zu der göttlichen Wahrheit gelangen. Er muss entweder sein Herz dem Lichte aus Gott zuwenden, oder er muss sich von ihm abwenden; er muss dasselbe entweder lieben, oder er muss es hassen. Gleichgültig bleiben kann er gegen dasselbe nicht. Diese wichtige Erfahrung ist es nun auch, welche unser Text mit erschütterndem Ernste und vor die Seele stellt. Die verschiedene Stellung der Menschen zu dem Licht des Evangeliums ist es, welche wir in dieser Stunde miteinander näher betrachten wollen. Wir wollen zu diesem Ende eine dreifache Betrachtung anstellen. Wir wollen zu zeigen suchen, dass die verschiedene Stellung

1. eine geschichtliche Tatsache ist,
2.
einen tiefen sittlichen Grund hat,
3.
von entscheidenden Folgen sein muss.

Du aber, Vater des Lichts, sende das Licht deiner Wahrheit auch in dieser Stunde in unsere Herzen und lass Keinen unter uns heute von hier scheiden, der nicht einen Strahl desselben in sein Inneres aufgenommen hätte.

1.
Dass sich die Menschen zu dem Lichte des Evangeliums eine verschiedene Stellung geben: das ist eine unbestreitbare Tatsache. Es ist Tatsache, dass viele Menschen von Christo sich abgewendet, dass sie den Anforderungen seines Evangeliums offnen Widerstand entgegenstellt, dass sie dasselbe sogar mit bitterem Hasse verfolgt haben.

Wir dürfen uns nur vergegenwärtigen, wie Christus selbst in dieser Welt aufgenommen worden ist, um uns von dieser Tatsache zu überzeugen. Wo sind denn die Mächtigen, die ihn unter die Flügel ihres Schutzes genommen haben? Da ist ja Herodes, der zur zeit seiner Geburt war Herr im Lande: wie hat ihn denn dieser aufgenommen? In der Weise, dass er seine Mörderboten nach ihm ausgesendet, dass er das Blut der unschuldigen Kinder auf den Gebirgen Bethlehems, mit dem er Jesu Blut vergießen wollte, zum Himmel schrie um Rache, dass nur die schnellste Flucht den Heiland der Welt vor den Mörderhänden des Tyrannen retten konnte.

Wie hat denn Pilatus den Herrn aufgenommen, der damals Landpfleger war im jüdischen Lande? In der Weise, dass er Jesu Unschuld öffentlich anerkannte, während er das Bluturteil ebenso öffentlich gegen ihn vollzog.

»Sie liebten,
wie unser Text sagt, die Finsternis mehr als das Licht«.

So haben denn vielleicht die Reichen im Lande den Herrn umso besser aufgenommen, und ihm ihre Paläste und Säle aufgeschlossen? Da ist allerdings ein reicher Jüngling, der sich gern an den Herrn angelehnt hätte; aber als der Herr zu ihm sagte: »Verkaufe Alles was du hast, gib es den Armen und folge mir nach«, da ging er traurig hinweg; denn er hatte viele Güter (Matth. 19, 22).

Wie aber andere Reiche den Herrn nicht einmal aufzusuchen wünschten, wie sie ihm ihre Türen verschlossen und ihr innerstes vor ihm verbargen, das sehen wir daraus, dass der Herr oftmals nicht einmal hatte, wo er sein Haupt hinleget; das lehrt uns jenes scharfe, unser Gefühl beinahe verletzende Wort: Es ist leichter, dass ein Kamel durch ein Nadelöhr eingehe, denn dass ein Reicher ins Himmelreich komme (Math. 19, 24).

»Sie liebten die Finsternis mehr als das Licht«.


Nun, so haben die Weisen der Welt, die Erforscher und Lehrer der Wahrheit doch gut aufgenommen, sie sind doch gewiss von ihren Stühlen herabgestiegen, und haben sich zu seinen Füßen demütig und eifrig hingesetzt? Auch das nicht, meine Freunde. Wenn wir die Namen seiner Jünger noch so oft zählen, berühmte Namen hervorragender Gelehrter und Weiser jener Zeit finden wir nicht darunter. Wie oft wir auch im Geiste wandern von Antiochien nach Ephesus, von Ephesus nach Korinth, von Korinth nach Athen, nach allen diesen Mittelpunkten berühmter Wissenschaft und edler feiner Kunst, wir begegnen Keinem, der von seinem Lehrstuhle herabgestiegen und den Heiland der Welt als seinen Meister begrüßt und anerkannt hätte.

»Sie liebten die Finsternis mehr als das Licht«.


So haben ihm doch ohne Zweifel die Priester ihre Arme geöffnet und ihn mit Freuden als den längst verheißenen Mittler zwischen Gott und den Menschen aufgenommen. Die Priester, meine Freunde? Wie haben diese ihn behandelt? So, dass sie jedes seiner Worte verdächtigten, jeden seiner Schritte belauerten; so, dass sie seine erhabenen Selbstzeugnisse, seine gotteskräftigen Taten nur dazu brauchten, um ihn zuletzt ans Kreuz zu bringen.

»Sie liebten die Finsternis mehr als das Licht«. –


Allein, meine Freunde, das Volk hat ihm doch entgegengejubelt, das hat ihn doch freudig als seinen Retter begrüßt? Wenn sie hungerten, so hatte er sie ja gespeist. Wenn sie krank waren, so hatte er sie ja geheilt. Wenn sie traurig waren, so hatte er sie ja getröstet. Dafür hatten sie ihm auch ihr Hosianna zugerufen, dafür hatten sie ihm auch Palmenzweige auf seinen Weg gestreut. Aber im Augenblicke der Gefahr und Not – da haben sie ihn dennoch verlassen; ja Viele von ihnen haben sogar in das »Kreuzige«! gegen ihn eingestimmt und ausgerufen: sein Blut komme über uns und unsere Kinder (Matth. 27, 25).

Und zuletzt ist ihm in dieser Welt nichts mehr geblieben als ein Jünger unter seinem Kreuze, ein Schächer neben seinem Kreuze und ein verborgenes von Freundeshand ihm aufgeschlossenes Felsengrab, das seine Feinde umstellten mit den Hütern des Pilatus.

Freilich ist es in der nachfolgenden Zeit allmählich anders geworden. Die Mächtigen der Erde haben ihren Szepter ehrerbietig vor dem Kreuze Christi geneigt; die Reichen haben die christlichen Kirchen mit ihrem Golde herrlich ausgeschmückt; die Weisen haben die christliche Lehre mit ihrem Verstande und auch mit ihrem Unverstande aufs Feinste ausgebildet; die Priester haben den Dienst Christi schön und glänzend eingerichtet, und das Volk ist in prächtigen Tempeln scharenweise zusammengekommen, um Christo seine Huldigungen darzubringen. Wollten wir aber etwa die Behauptung wagen, meine Freunde, diese Alle seien vom Geiste und der Kraft des Evangeliums wirklich durchdrungen, von dem Strahle seines himmlischen Lichtes wirklich erleuchtet gewesen?

Wir wissen ja allzu gut, dass die Mächtigen der Erde das Evangelium gar oft nur zu einem Schemel ihrer Macht, die Reichen nur zu einem Gegenstande ihres Vorteils, die Gelehrten nur zu einem Zankapfel ihrer Streitsucht, die Priester nur zu einem Werkzeuge ihrer Herrschbegierde, das Volk nur zu einem Deckel seiner Sünden gemacht hat. Ach,

»sie liebten die Finsternis mehr als das Licht«.


Und wie stehen denn wir, meine Freunde, zu dem Lichte des Evangeliums? Ich will nicht von denen reden, die sich offen von ihm abwenden, die es entweder mit vornehmer Gleichgültigkeit betrachten, oder gar mit bitterm Hasse behandeln. Aber diejenigen, die sich wirklich Christen nennen, die einen Wert darauf legen, Christen zu sein, wie stehen sie zum Lichte des Evangeliums? Wo man es ungescheut ausspricht, dass die christliche Gerechtigkeit gut sei für das Privatleben, aber nicht passe für das öffentliche Leben: herrscht da das Licht oder die Finsternis?

Wo man es ungescheut ausspricht, dass die christliche Entsagung nützlich sei für die Armen, aber belästigend für die Reichen: herrscht da das Licht oder die Finsternis? Wo man es ungescheut ausspricht, dass der christliche Glaube wohl anstehe den Einfältigen, aber schlecht anstehe den gelehrten Leuten: herrscht da das Licht oder die Finsternis? Wo man es ungescheut ausspricht, dass die christliche Freiheit angemessen sei für die Priester, aber nicht für die Laien: herrscht da das Licht oder die Finsternis? Wo man endlich überhaupt der Meinung ist, dass die christliche Sittenlehre gut sei für den Himmel, aber nicht für diese Erde: herrscht da das Licht oder die Finsternis?

Teure Freunde! Ich habe das Verhalten derer, die sich innerlich vom Lichte des Evangeliums abgewendet haben, euch offen und wahr beschrieben – es ist ein Gemälde mit dunkeln Schatten; umso mehr freut es mich, nun auch das Verhalten derer, die sich dem Lichte des Evangeliums zugewendet haben, beschreiben zu können.

Es ist ein Lichtgemälde. Wie schön und lieblich sind doch die Bilder, welche das neue Testament in dieser Beziehung vor unseren Blicken aufstellt. Da treten uns jene Hirten entgegen, die in frommer Inbrunst vor dem neugeborenen Kinde als dem Heiland der Welt ihre Kniee beugen. Da erblicken wir jene Pilgrimme aus dem Morgenlande, die ihre Reisestäbe und ihre reichen Gaben in herzlicher Freude bei der Krippe in Bethlehem niederlegen. Da schauen wir jene Jünger, die Haus und Hof, Weib und Kind verlassen haben, um ihrem Herrn nachzufolgen. Da stellt sich unserem Auge jene Jüngerin dar, die zu den Füßen Jesu die ganze Welt vergisst, um nur das Eine was Not tut bei ihm zu gewinnen. Da begegnen wir jenen frommen Müttern, die ihre Kinder auf den Armen zu dem Herrn tragen, damit er seinen Segen über die lieben Kleinen ausspreche. Da stellen sich auch die Sünder und Zöllner ein, die von dem Herrn Vergebung der Sünden, die Mühseligen und Elenden, die von ihm Erquickung für ihre Seelen, die Traurigen und Müden, die von ihm Frieden für ihr krankes Herz empfangen. Da erscheint auch der römische Hauptmann, um nicht ohne Trost, da auch das kananäische Weib, um nicht ohne Beruhigung von seiner Seite wegzugehen. Was für ein lieblicher, schöner, wohltuender Kreis von Jüngern und Jüngerinnen hat unsern Blicken sich hier nicht ausgebreitet!

Und ich darf es wohl mit freudiger, innerer Bewegung meiner Seele sagen: Niemals ist es seit Christi Geburt so dunkel in der Welt geworden, dass nicht noch treue Jünger und Jüngerinnen des Herrn um den Leuchter seines Evangeliums sich gesammelt hätten. Auch in jener Zeit, wo der lebendige Glaube sich vielfach in ein totes Werk, wo die heiligen Gottesdienste sich vielfach in verweltlichte Sinnendienste, wo die evangelische Freiheit sich vielfach in knechtischen Gehorsam, wo das allgemeine Priestertum aller Gläubigen sich vielfach in ein besonderes Herrschertum weniger Nichtgläubiger verwandelt hatte: auch zu jener Zeit der Trübung und Verdunkelung der evangelischen Wahrheit hat es an treuen Zeugen, die den hellen Schein des Evangeliums selbst mit ihrem Herzblute erkämpften, niemals ganz gefehlt.

Und, meine teuren Freunde, warum sollten wir es nicht dankbar gegen den Herrn der Kirche anerkennen, dass die Zahl derer, welche sich dem Lichte des Evangeliums sich zuwenden, in unserer Zeit wieder im Wachsen begriffen ist. Es steht doch wenigstens nicht mehr ganz einsam, das Kreuz in unserm Lande; es verhallt wenigstens nicht mehr ganz ungehört, das Wort an den Wänden und Mauern der Gotteshäuser; sie irrt nicht mehr ganz trostlos wie eine verlassene Waise umher, die Gemeinde Christi, in unsern Städten und Dörfern. Und wenn auch noch manche Jünger des Herrn schüchterne, und manche Jüngerinnen verborgene sind: sie wird ja nicht ausbleiben die Zeit, wo jene ihre Schüchternheit endlich ablegen, wo diese aus ihrer Verborgenheit endlich heraustreten werden. Der, der ins Verborgene sieht, weiß freilich allein, wie manches Auge im Stillen nach ihm weint, wie manches Herz im Verborgenen nach seinem Frieden sich sehnt, wie manche Hand ungesehen von der Welt und ihren Kindern ausgestreckt ist nach seinem Kreuze, dass sie es fasse, und an ihm einen Halt habe in den Stürmen dieses Lebens.

2.
Wenn es aber eine nicht zu bestreitende Tatsache ist, dass die einen Menschen unwillig von dem Lichte des Evangeliums sich abwenden, während die andern freudig diesem Lichte sich zuwenden, so muss diese Tatsache doch auch einen tiefen sittlichen Grund haben, und diesen möchte ich nun im Weiteren Euch vorzuführen suchen.

Wenn die Einen vom Lichte des Evangeliums sich abwenden, so gibt unser Text den tiefern sittlichen Grund dafür mit den Worten an:

»Ihre Werke waren böse. Wer Arges tut, der hasset das Licht, und kommt nicht an das Licht, auf dass seine Werke nicht gestraft werden«.


Es ist eine allgemeine Erfahrung, meine Freunde, dass ein Mensch, der im wahren Glauben wandelt und handelt, auf manchen Widerstand stößt und den Hass der Welt auf sich zieht. Je entschiedener Einer die erkannte geoffenbarte Wahrheit verteidigt; je treuer er das heilige Recht des Gewissens und Glaubens schirmt; je unerschrockener er den Bösen in den Weg tritt; je aufrichtiger er den Willen Gottes zu erfüllen bemüht ist, desto mehr wird er den Hass derer gegen sich aufregen, die mit Lügen umgehen, die einen Bund mit dem Unrecht geschlossen haben, die vor den Bösen sich fürchten, und denen ein fauler Friede viel lieber ist, als ein heißer heiliger Kampf. Schon aus diesem Grunde werden wir begreifen, warum der Herr so viele Widersacher und so erboste Feinde auf Erden gefunden hat. Er hat ja nicht nur einzelne Wahrheiten gelehrt, sondern er ist die volle und ganze Wahrheit in Person gewesen. Er hat nicht nur einzelne Rechte geschirmt, sondern er hat die volle und ganze Gerechtigkeit Gottes geoffenbart.

Er hat nicht nur mit vereinzelten Bösen gekämpft, sondern er hat den Kampf mit dem gesamten Reiche des Bösen unternommen. Er hat nicht nur den Willen Gottes hie und da zu erfüllen gesucht, sondern er hat von sich sagen können: Meine Speise ist die dass ich tue den Willen des, der mich gesandt hat und vollende sein Werk (Joh. 4, 34).

Dass die Menschen, deren Werke bösen waren, ihn demnach hassten, das ist ganz begreiflich. Wenn sie sich nicht bekehren wollten, so blieb ihnen keine andere Wahl als ihn zu hassen. Wie hätte ihn jener Herodes nicht hassen sollen, der durch Tücke und List sich auf den Thron geschwungen hatte, dessen erste Regierungshandlungen Brandschatzungen der Reichen waren, der seine Gattin ermorden, dann seine Kinder zum Tode führen ließ, dessen ganzes Leben als eine Kette von Verbrechen bezeichnet werden muss.

Wie hätten ihn jene Reichen nicht hassen sollen, die durch Bedrückung, Erpressung und Wucher ihren Reichtum erworben hatten.

Wie hätten ihn jene Weltweisen nicht hassen sollen, die um den Beifall ihrer Schüler buhlten, und mit ihren Lügenkünsten die Jugend entsittlichten.

Wie hätten ihn jene Priester nicht hassen sollen, die bei der Verwaltung ihrer Ämter vornehmlich Befriedigung ihrer Ehrfurcht und ihrer Habsucht im Auge hatten.

Wie hätte ihn derjenige Teil des Volkes nicht hassen sollen, der schon längst ein Raub seiner Lüste und seiner Leidenschaften geworden war. Wenn sie sich nicht bekehren wollten, so mussten sie ihn hassen, »denn ihre Werke waren böse und wer Arges tut, der hasset das Licht, und kommt nicht an das Licht, auf dass seine Werke nicht gestraft werden«.

Dass ihre Werke böse waren, dass sie mit denselben der Sünde dienten, das war der tiefere sittliche Grund der Verwerfung Christi. Und das ist der Grund der Verwerfung Christi bei den Menschen bis auf den heutigen Tag.

Wo fleischliche Gewalt für göttliches Recht gilt, wo man überhaupt Menschen mehr fürchtet als Gott, da muss das Evangelium dessen verworfen werden, der gesagt hat »ich nehme nicht Ehre von Menschen (Joh. 5, 41).

Wo das Herz an den Gelddienst und die Sinne an den Weltdienst verkauft sind, da kann man sich nicht zu dem Evangelium dessen bekehren, der gesagt: »Mein Reich ist nicht von dieser Welt« (Joh. 18, 36).

Wo man von den Meinungen des Tages und den Launen des großen Haufens abhängig ist, da kann man sich nicht zu dem Evangelium dessen bekehren, der gesagt hat. »Wer mich verleugnet vor den Menschen, den will ich auch verleugnen vor meinem himmlischen Vater« (Matth. 10, 33).

Wo die Gewissen durch Menschensatzungen gebunden und der christliche Wahrheitstrieb durch Lügenerfindungen unterdrückt wird, da kann man sich nicht zu dem Evangelium dessen bekehren, der durch seinen Apostel uns zuruft: »Lasset euch nicht wieder in das knechtische Joch fangen (Galater 5, 1).

Wer an die Vergnügungen und schalen Freuden der Welt sein besseres Ich hängt, der kann sich nicht zu dem Evangelium dessen bekehren, der durch sein heiliges Wort uns zuruft: »Die Welt vergeht mit ihrer Lust« (Joh. 2, 17).

Es ist nur allzu wahr, wann ihre Werke böse sind, dann hassen die Menschen den Herrn, denn wer Arges tut, der hasset das Licht, und kommt nicht an das Licht, auf dass seine Werke nicht gestraft werden.

Aber warum lieben denn Andere das Evangelium, und aus welchem Grunde wenden sie sich demselben zu? Den Grund hierfür gibt unser Text mit den Worten an: »Wer aber die Wahrheit tut, der kommt an das Licht«.

Diejenigen suchen das Licht des Evangeliums, welche eine innere Verwandtschaft zu demselben in sich fühlen. Denn das Verwandte zieht Verwandtes auf dem Gebiete der Natur wie in dem Reiche des Geistes und der Geister an. Schon auf dem Gebiete der Natur ist es so.

Warum öffnet die Blume dem Lichte in sich ihren Kelch? Weil sie einen Zug nach dem Lichte in sich fühlt. Warum strebt der Baum mit seinen Ästen und Zweigen empor in den Äther? Weil die Natur des Äthers verborgen in ihm lebt.

Warum sucht unser Auge den Strahl der Sonne auf? Weil es selbst sonnenhaft ist.

Warum sucht das Menschenherz nach dem Lichte der ewigen Wahrheit, warum sehnt es sich so nach dem Sonnenstrahl des Evangeliums? Weil es ursprünglich aus der Wahrheit stammt, weil es von Gott für die Wahrheit geschaffen ist. Wohl hat die Sünde unsere Natur zerrüttet; aber den innersten Funken der Wahrheit hat sie in uns nicht ganz getötet, ihre verborgenste Flamme in uns hat sie nicht ganz ausgelöscht.

Die Lüge hat freilich die Wahrheit in der Welt unterdrückt; sie hat es getan im Bunde mit Vorurteilen, mit verkehrter Erziehung, mit falscher Bildung, mit jämmerlicher Einbildung. Es sind drei große Lügen in der Welt verbreitet, die die Wahrheit in uns unterdrücken helfen.

Zuerst die Lüge, dass die Natur des Menschen sich selbst erlösen könne;

dann die Lüge, dass der Geist des Menschen gleich dem Geiste Gottes sei,

und endlich die Lüge, dass das Leben des Menschen auf Erden das wahre Leben sei.

Wir müssen aus der Wahrheit werden, meine teuern Freunde: dann werden wir auch dem Lichte der Wahrheit uns wieder zuwenden. Wir müssen zuerst wahr werden in Beziehung auf uns selbst. Wenn wir wieder erkennen, dass wir von Natur Sünder sind, in Sünden empfangen und geboren, und dass wir aus eigener Kraft nicht gerecht werden können vor Gott, wenn wir so wahr geworden sind in Beziehung auf uns selbst: dann werden wir uns auch mit Freuden dem zuwenden, heilig und gerecht ist, der für unsere Sünden genug getan hat und die Versöhnung geworden ist für unsere Schuld vor Gott. Wir müssen wahr werden in Beziehung auf die Menschen. Wenn wir wieder erkannt haben, dass der Geist, solange er noch nicht wiedergeboren ist, ein Geist der Selbstsucht ist, dass die Menschen von Natur sich nicht lieben, sondern hassen, nicht das was des Andern ist, sondern das Eigene suchen, nicht Opfer bringen, sondern Opfer empfangen wollen, wenn wir wieder so wahr geworden sind in Beziehung auf die Menschen; dann werden wir uns freudig dem wieder zuwenden, der seinen Jüngern den heiligen Geist nicht nur verheißt, sondern mitteilt, der eine Gemeinde von Auserwählten auf dieser Erde gegründet hat und der seinen Geist und sein Leben herabsandte vom Himmel auf seine Gemeinde.

Wir müssen wahr werden endlich in Beziehung auf das Ziel dieses Erdenlebens. Wenn wir wieder erkannt haben, dass die Güter der Welt vergänglich, dass die Freuden dieser Zeit eitel, dass die Würden und Ehren dieses Lebens nichtig sind: dann werden wir uns mit Freuden wieder dem zuwenden, der nicht nur für uns gestorben, sondern auch auferstanden und zur Rechten Gottes erhöht worden ist, damit er uns Wohnungen in der Ewigkeit bereite, und uns dort einst verkläre in die Verklärung seines eigenen himmlischen Leibes.

Je wahrer wir also werden, meine teuern Freunde, und je aufrichtiger und freudiger werden wir uns dem Lichte des Evangeliums zuwenden. Der Geist der Lüge hat uns um unseren Glauben gebracht, er hat auch unser Volk sittlich vergiftet; der Geist der Wahrheit muss uns wieder zum Glauben führen, durch ihn müssen wir auch sittlich wieder gesunden. O, dass wir alle aus der Wahrheit würden! Dann würden wir auch wieder auf die Wahrheit hören, die in diesen Tagen mächtiger als je in unsere Ohren erschallt.

3.
Und wie nötig ist es doch auch, meine Freunde, dass die Stimme der Wahrheit jetzt mächtig erschalle. Es ist ja wahrhaftig nicht gleichgültig, ob wir uns von dem Lichte der Wahrheit hinweg, oder ob wir uns demselben zuwenden. Vielleicht gilt jetzt eine Zeitlang noch das Wort des Herrn: »Wer nicht wider uns ist, der ist für uns« (Mark. 9, 40).

Wie bald wäre es möglich, dass das andere Wort in Geltung träte: »Wer nicht mit mir ist, der ist wider mich« (Matth. 12, 30).

Licht und Finsternis wird in demselben Maße sich immer mehr scheiden, als die Wahrheit wieder zu ihrer Ehre und ihrem Rechte kommt unter uns. Und wie wird es dann denen ergehen, welche das Licht verschmähen und die Finsternis lieb haben?

»Das ist das Gericht,
sagt unser Text, dass das Licht in die Welt gekommen ist, und die Menschen liebten die Finsternis mehr als das Licht«. Wer die Wahrheit des Evangeliums verschmäht, wer das Licht von oben flieht, wer dem Herrn Christus widersteht – der fällt unter das Gericht. Und wenn ihr fraget, worin dieses Gericht für seine Person sich kund gebe, so antworte ich darauf: ist es nicht genug in der Finsternis zu sein? Könnten wir uns eine empfindlichere Strafe für unsern Leib denken, als unser ganzes Leben hindurch in einem finsteren Kerker an eiserne Ketten geschmiedet zubringen zu müssen?

Und ist die geistliche Finsternis nicht noch viel entsetzlicher, da ja kein Friede ist in der verfinsterten Seele, da Friede nur im Lichte ist. Gewiss, meine teuern Freunde, die Knechte der Finsternis sind furchtbar gestraft, eben dadurch, dass sie Knechte der Finsternis sind. Was hilft es ihnen, dass vielleicht Tausende vor dem Schelten ihres Mundes zittern, wenn sie in ihrer Seele vor dem Dräuen des ewigen Richters selbst zittern müssen? Was hilft es ihnen, dass sie vielleicht mit ihrem Golde, die Wände ihres Hauses vergolden können, wenn ihre Schuld mit Zentnerlast wie schweres Blei auf ihrem Gewissen liegt.

Was hilft es ihnen, dass man auf den Gassen vielleicht ihrer Weisheit verwelkliche Kränze flicht, wenn der Stachelgürtel ihrer bösen Leidenschaften sich ihnen mit tausend geheimen Schmerzen in ihr Inneres drückt? Was hilft es ihnen, dass sie vielleicht im Purpurmantel oder im Priestergewand einhergehen, wenn sie nicht frohen Mundes sprechen können:

»Christi Blut und Gerechtigkeit
Das ist mein Schmuck und Ehrenkleid«.


Was hilft es ihnen, dass sie den Taumelbecher sündlicher Lust in trunkenem Mute trinken, wenn diese Lust doch vergiftet ist mit Qualen ewiger Pein? Ja, das ist das Gericht eines Menschen, wenn er die Finsternis mehr liebt als das Licht.

Diese Gericht trifft aber nicht nur einzelne Personen, sondern gar oft ein ganzes Zeitalter, wenn dasselbe die Finsternis mehr liebt als das Licht. Wenn die Macht, welche die Gerechtigkeit und Wahrheit Gottes schirmen sollte, ungerecht und unwahr wird, so ist das ein Gericht für die ganze Zeit. Wenn der Reichtum, der eine Quelle des Segens und der Wohlfahrt sein sollte, eine Quelle gegenseitigen Hasses und Misstrauens wird, so ist das ein Gericht für die ganze Zeit.

Wenn die Weisheit, die ein Salz und ein Licht der Menschheit sein sollte, dumm wird, so dass die Zeit mit ihrem Salze gar nicht mehr würzen, mit ihrem Lichte gar nicht mehr erleuchten kann, so ist das ein Gericht für die ganze Zeit. Wenn das Priestertum, welches ein Leiter der Blinden sein sollte, selbst blind wird, so ist das ein Gericht für die ganze Zeit. Wenn das Volk, welches auf dem Grunde der Gottesfurcht und des Gotteswortes allein einen festen Halt und eine gedeihliche Zukunft hat, diese Grundlage verlässt und auf nichtigen Sand eitler Menschensatzungen und irdischen Gedanken baut, so ist das ein Gericht für die ganze Zeit.

Und, meine Freunde, wenn diese Gerichte nicht zur Zeit abgewendet werden, so bleibt zuletzt das Endgericht nicht aus. Das Volk deutet es ja schon in seinen Sprichwörtern an, wie die Finsternis zuletzt dem Gerichte anheimfällt. Unrechte Gewalt, heißt es, die wird nicht alt. Unrecht erworbener Reichtum findet keine Erben. Törichte Weisheit wird von ihren eigenen Kindern verspottet. Hochmütiges Priestertum muss nicht lange auf Demütigung warten. Ein religiös und sittlich untergrabenes Volk wird in seiner eigenen Würde und Ehre das Grab graben. O, dass uns Gott vor solchen Gerichten bewahren möchte!

Meine teuern Freunde! Die Zeit ist ernst, die Gefahr ist groß: Die Gerichte Gottes haben unter uns ihren Anfang genommen; aber sie sind noch lange nicht zu Ende. Noch ist es Zeit zur Umkehr, noch sind die Liebesarme des göttlichen Erbarmens gegen uns geöffnet, noch ist der Segen des Evangeliums bereit, um in seiner reichsten Fülle über uns und unsere Kinder auszuströmen. Noch brauchen wir nicht zu verzagen.

Das Licht, meine teuern Freunde, hält die Finsternis in dem Gang ihrer Gerichte noch auf. Von ihm kommt noch immer Heil und Segen. Das ist die Wirkung des Lichtes, wie wir wissen, schon in der Natur. Es macht, wie unser Text sagt, »dass die Werke Gottes offenbar werden«.

Auch in der Natur macht das Licht allein die Werke Gottes offenbar. Was wüssten wir von der Anmut der Blüten, der Pracht der Blumen, der Erhabenheit der Gebirge, dem lieblichen Blau der Flüsse und Ströme, dem angenehmen Grün der Wiesen, von dem schattenbringenden Wald, von dem mit Früchten reich bestellten Feld, von der Schönheit, dem Reize, der Herrlichkeit der Schöpfung, wenn das Licht nicht die Knospen öffnete, die Keime der Pflanzen zur Entfaltung, die Früchte der Erde zur Entwicklung brächte, wenn es nicht die ganze Schöpfung bestrahlte? Das Licht macht die Werke Gottes offenbar; denn auch in der Natur ist ja Alles was entsteht Gottes Werk.

Was das natürliche Licht, meine Freunde, im Reiche der Natur, das bewirkt das geoffenbarte Licht des Evangeliums noch weit kräftiger und herrlicher im Reiche des Geistes. Es gibt keine Gabe und keine Kraft im Menschen, die das Licht des Evangeliums nicht zur Ehre Gottes und zum Wohle der Menschheit zu entwickeln im Stande wäre. Ist ein Menschenleben ohne das Evangelium arm, so wird es durch das Evangelium reich. Ist die Menschenwelt ohne das Evangelium eine Wüste, so wird sie durch das Evangelium ein Garten Gottes.

Ist ein Mensch trotzig von Natur, so wird er demütig durch die Kraft des Evangeliums. Widerstrebt ein Mensch Gott von Natur, so wird er durch das Evangelium ein Gott gehorsames Kind. Stürmt ein Mensch von Natur ungeduldig ins Leben hinein, so macht ihn das Evangelium willig und geduldig. Ist von Natur der sittliche Mut in einem Menschen gebrochen, so macht das Evangelium ihn zu einem Helden im Kampfe gegen die Sünde. Sind die Quellen der Liebe von Natur versiegt in einem Menschenherzen, so fließen sie wieder kräftiger als je wenn das Evangelium sie erweckt. Hat ein Mensch alle Hoffnung verloren in seiner Seele, das Evangelium macht die himmlische Hoffnung wieder frisch grünen und blühen in seinem Herzen.

Das Evangelium verklärt die Menschenseelen, die an dasselbe glauben, ja es verklärt die ganze Menschheit, je mehr dieselbe durchdrungen wird von seinen erleuchtenden und erwärmenden Lebenskräften. Wie die Verwerfung des Evangeliums für die Menschheit zum Gericht wird; so wird die Aufnahme desselben für die Menschheit zum Segen.

Und wie viel Gutes und Schönes unter uns hat nicht ihm seinen Ursprung zu verdanken! Diese Gotteshäuser, in denen wir uns versammeln, wer hat sie gebaut? Diese Stätten der Wissenschaft, an denen unsere Jugend mit lebendiger Weisheit getränkt wird, wer hat sie errichtet? Diese Zufluchtshäuser der Armen, der Kranken, der Verlassenen, der Verwaisten, die unter uns sind, wer hat sie begründet? Nicht die Kraft des Evangeliums? Das Evangelium hat das Band des Familienlebens geheiligt; es hat die Fesseln der Sklaverei gesprengt; es hat den Fürsten ihre wahre Würde und den Völkern ihre wahre Freiheit verliehen. Alles was im Geiste des Evangeliums geschieht, das ist »in Gott getan«.

Die Welt vergeht und wir vergehen mit ihr nach unserer sterblichen Natur. In hundert Jahren werden wir, die wir heute versammelt sind, vielleicht vergessen sein. Aber was wir getan haben in Geist und Kraft des Evangeliums; das wird nicht vergessen sein. Die Untat des Herodes ist mit dem Fluche der Menschheit belastet; aber die Opfertat Jesu Christi ist der Segen der Welt geworden. Der Richterstab des Pilatus ist zerbrochen und mit Schmach bedeckt; aber das Kreuz, das vor Christo mit Schande bedeckt war, ist das Sinnbild des Heils geworden. Das ungerechte Blut, das vergossen worden ist auf Erden, schreit noch immer um Rache zum Himmel; aber das Blut der christlichen Märtyrer hat den Baum der christlichen Kirche genährt und befruchtet. Das alte Rom ist untergegangen, der Tempel zu Jerusalem ist gefallen und was Helden und Könige vor Jahrtausenden, um sich selbst zu ehren, für Ewigkeiten zu bauen vermeinten, ist in Staub und Asche versunken; aber die Gemeinde des Herrn ist gewachsen und sie wird wachsen und das Reich wird ihr wohl bleiben, »denn ihre Werke sind in Gott getan«.

Meine teuern Freunde, wir haben gesehen wie die Taten der Menschen vergehen; lasset uns darum Werke in Gott tun. Dass das Licht des Evangeliums alle unsere Werke heiligen möge je mehr und mehr: das ist es, was wir erbitten wollen von Gott. Dunkel ist unsere Zeit und es will uns oft scheinen, als ob es mehr und mehr Abend, ja Nacht in ihr werden möchte. Aber so lange das Licht des Evangeliums in unseren Herzen nicht ausgelöscht ist, so lange wird es darin auch nicht finster. Dass diese Licht doch immer mehr alle unsere Herzen, unsere Häuser, unser ganzes Vaterland erleuchten möchte, dass es namentlich auf den Altären unserer deutschen evangelischen Kirche zur mächtigen Flamme, zur Opferflamme des Glaubens, der Liebe und der Hoffnung werden möchte, um die wir uns alle betend scharen und an der wir den gesunkenen Mut wieder entzünden. Hilf du uns doch selbst dazu, Herr Jesu, und lass das Licht deines Evangeliums unter uns nicht ausgehen, hilf uns dazu, dass wir immer mehr in deinem Lichte wandeln, mache dich auf, werde Licht, gehe auf über uns, o Herr, mit der Herrlichkeit deines Lichtes! Amen. S.133-152
Aus: Evangelische Zeugnisse von Christo. Predigten über Abschnitte aus dem Evangelium Johannis. Von Dr. Daniel Schenkel. Heidelberg, Akademische Anstalt für Literatur und Kunst. Karl Groos. 1853