Sextus Empiricus (um 200 n. Chr.)

  Griechischer Arzt und Philosoph, der vermutlich in Alexandria und Rom wirkte und ein Vertreter des pyrrhonischen Skeptizismus ist. Sextus wurde »Empiricus« genannt , weil er bei all seiner Skepsis die Erfahrung bis zu einem gewissen Grad gelten ließ.

Siehe auch Wikipedia und Kirchenlexikon

Über Gott
Wer behauptet, dass es einen Gott gäbe, der nimmt auch an, dass er für das, was in der Welt geschieht, besorgt sei, und dann entweder für alles oder doch für einiges. Aber, wenn er für alles besorgt wäre, so gäbe es weder Böses noch Unheil in der Welt.

Nun ist aber, wie man sagt, alles voll Unheil. Also wird man nicht behaupten können, dass Gott für alles sorge. Wenn er aber für einiges sorgt, warum sorgt er für das eine und für das andere nicht?

Denn entweder hat er den Willen und die Macht, für alles zu sorgen, oder zwar den Willen aber nicht die Macht, oder zwar die Macht aber nicht den Willen, oder weder den Willen noch die Macht.

Hätte er den Willen und die Macht, so würde er für alles sorgen. Er sorgt aber, wie oben gesagt wurde, nicht für alles. Also hat er nicht den Willen und die Macht, für alles zu sorgen.

Hat er aber zwar den Willen, aber nicht die Macht, so ist er schwächer als die Ursache, um deren willen er nicht für das sorgen kann, wofür er nicht sorgt. Es widerspricht aber dem Begriff Gottes, dass er schwächer sei als irgend etwas.

Hat er dagegen die Macht, für alles zu sorgen, und nur den Willen nicht dazu, so müsste man annehmen, dass er missgünstig wäre.

Hat er endlich weder den Willen noch die Macht, so ist er missgünstig und schwach zugleich, was von Gott zu behaupten frivol wäre.

Daraus schließen wir, dass, wer versichert, es gäbe einen Gott, gleichermaßen sich zur Frivolität gezwungen sieht: sagt man nämlich, Gott sorge für alles, so erklärt man damit Gott für die Ursache des Übels; sagt man, er sorge nur für einiges oder für nichts, so sieht man sich gezwungen, Gott für missgünstig oder für schwach zu erklären. Beides ist offenbar eine Frivolität .

Aus: Rudolf Tschierpe, Ein Weg in die Philosophie. Einführung in das Wesen der Philosophie auf Grund ihrer Geschichte in allgemein verständlicher Form, zugleich ein philosophisches Lesebuch (S.45f.), Hoffmann und Campe Verlag, Hamburg