Tatian (2. Jahrh.)

Altchristlicher Apologet, Theologe und Kirchenvater aus Mesopotamien (griech. Zwischenstromland, Gebiet des mittleren und unteren Euphrat und Tigris), der ein Schüler von Justinus dem Märtyrer in Rom war und von diesem zum Christentum bekehrt wurde. Nach seiner Rückkehr nach Syrien vertrat Tatian ein radikales Christentum. Seine Evangelienharmonie (Diatessarion) war hier bis zum 5. Jahrhundert die grundlegende Schrift der christlichen Gemeinden. In seiner Schrift »Rede an die Bekenner des Griechentums« (Oratio ad graecos), die von Eusebius als »schönste und nützlichste« herausgestellt wurde, versucht er die Überlegenheit des Christentums über das Griechentum herauszustellen. Neuere Forscher, Theologen und Philologen haben Tatian in abwertender Weise aufgrund seiner »Rede« teilweise als inkompetenten »widerwärtigen Gesellen« und »wenig sympathischen Orientalen« bezeichnet.

Siehe auch Wikipedia und Kirchenlexikon

Definition des Gottesbegriffes
(…4) Unser Gott hat seinen Anfang nicht in der Zeit; er allein ist anfangslos, zugleich aber aller Dinge Anfang. Ein Geist ist Gott, aber kein Geist, der in der Materie waltet, sondern der Schöpfer der Geister und Formen, die an der Materie haften. Selbst unsichtbar und untastbar, ist er der Vater alles Fühlbaren und Sichtbaren. Ihn erkennen wir aus seiner Schöpfung und nehmen das Unsichtbare seiner Kraft an den geschaffenen Werken wahr. Das Gebilde, das er unsretwegen geschaffen, will ich nicht anbeten. Sonne und Mond sind um unsretwillen geworden: wie sollte ich sie also anbeten, da sie mir dienstbar sind? Wie sollte ich Hölzer und Steine für Götter erklären? Denn der Geist, der in der Materie waltet, ist geringer als der göttliche Geist, und da er der Materie angeglichen ist, so darf er auch nicht in gleicher Weise wie der vollkommene Gott verehrt werden. Aber auch mit Geschenken darf man den unnennbaren Gott nicht behelligen; denn der keines Dinges bedarf, so nicht von uns zu einem Bedürftigen entwürdigt werden. Doch ich will unsere Lehren deutlicher auseinandersetzen .
S. 201

(5) Gott war im Anfang; der Anfang aber ist nach unserer Überlieferung die Kraft des Logos (des Wortes). Der Herr aller Dinge, der zugleich die Hypostase (der Urgrund) des Alls ist, war nämlich zu der Zeit, da es noch keine Schöpfung gab, allerdings allein: insofern aber jegliche Kraft alles Sichtbaren und Unsichtbaren bei ihm war, bestanden eben auch alle Dinge schon bei ihm vermöge der Kraft des Logos. Erst durch einen Willensakt Gottes, dessen Wesen einfach ist, trat der Logos hervor, aber nicht zwecklos ging er von ihm aus und ward des Vaters erstgeborenes Werk: wir wissen, dass er der Anfang der Welt ist. Seine Geburt erfolgte durch Teilung, nicht durch Abtrennung denn was man abschneidet, ist von dem Ersten, zu dem es gehörte, für immer geschieden, das aber, was man teilt, wird nur wie in einer Hauswirtschaft da und dorthin gegeben, ohne denjenigen ärmer zu machen, von dem es genommen ist. Wie nämlich von einer Fackel viele Feuer entzündet werden, das Licht der ersten Fackel aber durch das Anzünden vieler anderer Fackeln nicht vermindert wird, so hat auch das Wort, indem es aus der Kraft des Vaters hervorging, seinen Erzeuger nicht des Wortes beraubt. Denn auch ich rede und ihr hört und doch wohl werde ich, der Redende, indem mein Wort zu euch übergeht, keineswegs des Wortes beraubt, sondern indem ich meine Stimme von mir gebe, ist es mein Vorsatz, die ungeordnete Materie in euch zu ordnen. Und wie der im Anfang gezeugte Logos seinerseits unsere Welt sich selber erzeugt hat, indem er die Materie bildete, so verbessere auch ich, der ich zur Nachahmung des Logos wiedergeboren und zur Aufnahme der Wahrheit geschaffen bin, die Unordnung der mitgeborenen Materie. Denn nicht anfangslos ist die Materie wie Gott, noch hat sie etwa ihrer Anfangslosigkeit wegen gottgleiche Macht; sie ist vielmehr geschaffen worden und von keinem anderen geschaffen, als allein von dem Schöpfer aller Dinge.
S.202

Erschaffung des Menschen, Auferstehung und jüngstes Gericht

(6) Und deshalb hegen wir den Glauben, dass nach der Vollendung aller Dinge auch die Leiber auferstehen werden, nicht, wie die Stoiker meinen, indem nach bestimmten zyklischen Perioden dieselben Dinge immer wieder zwecklos entständen und vergingen, sondern überhaupt nur einmal, nach Vollendung der gegenwärtigen Zeit, und zwar dazu, um einzig und allein die Menschen des Gerichtes wegen zu versammeln. Es richten uns aber nicht Minos und Rhadamanthys, vor deren Tod, wie man fabelt, keine Seele gerichtet worden sei, sondern Richter wird Gott der Schöpfer selbst sein. Mögt ihr uns auch für Schwätzer und Possenreißer halten, uns kümmert das nicht, da wir dieser Lehre Glauben geschenkt haben. Denn wie ich nicht war, bevor ich wurde, und deshalb auch nicht wusste, wer ich sein würde, sondern nur potentiell in der fleischlichen Materie existierte, dann aber, da ich ja nicht von Anfang an war, erst infolge meiner Geburt die Überzeugung von meiner Existenz erlangte: ebenso werde ich, der Gewordene und durch den Tod wieder Ausgelöschte und von keinem mehr Erschaute, abermals sein, wie ich ja dereinst, da ich nicht von Anfang an existiert habe, auch erst zum Leben geboren werden musste. Ob auch Feuer mein Fleisch vernichte, das All nimmt die in Dampf verwandelte Materie auf; ob ich in Strömen oder in Meeren zugrunde gehe oder von wilden Tieren zerfleischt werde, in der Schatzkammer eines reichen Herrn werde ich geborgen. Der arme Gottesleugner freilich kennt die dort niedergelegten Schätze nicht; Gott aber, der Herrscher, wird, wann er will, die ihm allein sichtbare Potenz in den früheren Zustand zurückversetzen.
S. 203

Unsterblichkeit des Menschen

(7, 1) Denn der himmlische Logos, als Geist vom Geiste und als Wort aus der Kraft des Wortes entsprungen, hat in Nachahmung des Vaters, der ihn gezeugt, zum Abbild der Unsterblichkeit den Menschen geschaffen, auf dass dieser, wie die Unvergänglichkeit bei Gott ist, ebenso, durch einen Anteil am Wesen Gottes, gleichfalls die Unsterblichkeit besitze.
S. 204

Erschaffung der Engel, Willensfreiheit, Belohnung der guten Werke
(7, 2) Nun wurde aber der Logos vor der Erschaffung der Menschen auch der Schöpfer der Engel: beide Gattungen von Geschöpfen sind frei geschaffen und besitzen nicht von Natur aus das Gute, das ausschließlich in Gott allein ist, von den Menschen aber aus freier Wahl vollbracht wird, damit der Böse mit Recht bestraft werde, nachdem er durch seine eigene Schuld böse geworden, der Gerechte aber um seiner guten Werke willen nach Verdienst gelobt werde, weil er nach freiem Entschluss den Willen Gottes nicht übertreten hat. So verhält es sich mit den Engeln und Menschen. Da aber die Kraft des Logos die Fähigkeit an sich hat, das vorauszusehen, was in Zukunft nicht durch das Fatum, sondern durch die freie Entschließung der Wählenden geschehen werde, so sagte er den Verlauf der kommenden Ereignisse voraus, schränkte durch Verbote die Bosheit ein und lobte diejenigen, die im Guten verharren würden. S.204

Sündenfall der Engel und Menschen, Sterblichwerden des Menschen
(7, 3) Doch als die Menschen und Engel einem, der als Erstgeborener [Luzifer] die übrigen an Verstand übertraf, scharenweise folgten und ihn, obgleich er sich wider das Gesetz Gottes aufgelehnt hatte, als einen Gott ausriefen, da stieß die Kraft des Logos sowohl den Urheber des Frevels als auch dessen Anhänger aus der Gemeinschaft mit dem Worte. Und der nach dem Bilde Gottes geschaffene Mensch wurde, da der mächtigere Geist sich von ihm trennte, sterblich;

Die bösen Engel wurden zu Dämonen
(7, 4) der Erstgeborene aber wurde ob seiner Übertretung und Torheit zum Dämon, und aus denen, die seine Gaukeleien nachahmten-, wurde ein Heer von Dämonen, die ihrer Unverbesserlichkeit überlassen wurden, weil sie ja freie Wesen waren.
S. 205

Fatum und Nativitätsglaube sind Erfindungen der Dämonen

(8 ) Gegenstand ihrer [der Dämonen] Verführungskunst aber wurden die Menschen, Wie die Brettspieler nämlich zeigten sie ihnen eine Tafel, auf der sie die Stellung der Gestirne eingezeichnet hatten, und führten so das höchst ungerechte Fatum ein. Denn auf den Richterstuhl und auf die Anklagebank kommt man natürlich durch die Schuld des Fatums, wie auch die Mörder und die Gemordeten, die Reichen und die Armen Ausgeburten desselben Fatums sind; das Um und Auf dieser Naitivität [angeborenes vorherbestimmtes Schicksal] aber macht wie eine Vorstellung im Theater großen Spaß jenen Kreaturen, von denen Homer sagt: Unaufhörliches Lachen erhoben die seligen Götter. Und solche Wesen, die Zweikämpfen zusehen und der eine diesem, der andere jenem beistehen, heiraten, Knaben schänden, ehebrechen und lachen und zürnen, fliehen und verwundet werden, solche Wesen will man für unsterblich halten? Durch die Schandtaten, mit denen sie ihre wahre Natur den Menschen verraten haben, verführten sie ja diejenigen, bei denen sie Gehör fanden, zu gleichem Tun. Und sind nicht etwa diese Dämonen selbst samt ihrem Anführer Zeus dem Fatum anheim gefallen, da sie von denselben Leidenschaften beherrscht werden wie die Menschen? Und wie darf man überhaupt die verehren, deren Grundsätze in so vielfältigem Widerspruch zueinander stehen?
S.205f.

Der Mensch ist über das Fatum der irrenden Dämonen erhaben
(9) Wesen solcher Art sind die Dämonen; sie haben, wie gesagt, das Fatum auf einer Tafel fixiert, für deren Feder ihnen das Tierreich die Zeichen liefern musste. Denn was auf Erden kreucht und in den Gewässern schwimmt und im Gebirge auf vier Füssen läuft, alles, womit sie verkehrten, seitdem sie aus dem Leben im Himmel verstoßen waren, das würdigten sie der himmlischen Ehre, um glauben zu machen, dass sie selbst noch im Himmel lebten, und um zu zeigen, dass in das unvernünftige Leben auf Erden durch die Konstellation Vernunft gebracht werde. So erhielten der Zornmütige und der Geduldige, der Enthaltsame und der Unmäßige, der Reiche und der Arme ihre Eigenschaften von den Dämonen, die ihre Geburt bestimmten. Denn die Konfiguration des Tierkreises ist ein Machwerk der (Zodiaka-) Götter; einer von ihnen gelangt, wie man behauptet, jeweilig mit seinem Licht zur Obmacht und übertrumpft dann die anderen, doch wer von ihnen heute unterliegt, kommt immer wieder nächstens zur Herrschaft: ihren Spaß aber haben mit ihnen die sieben Planeten (Irrsterne) wie Brettspieler mit ihren Figuren. Wir aber sind über das Fatum erhaben und kennen statt der irrenden Dämonen nur den einen, nicht irrenden Herrn: darum haben wir, frei von der Herrschaft des Fatums, diejenigen verworfen, die es zum Gesetze gemacht haben.
S.207f.

Die Kraft der Entsagung
(11) Wie so ich also die Geburten als vom Fatum abhängig erachten, wenn ich die Qualität derjenigen betrachte, die das Fatum verwalten? Herrschen will ich nicht, nach Reichtum strebe ich nicht, militärische Würden lehne ich ab, Unzucht ist mir verhasst, aufs Meer treibt mich kein unersättlicher Hunger nach Gold, um Siegeskränze kämpfe ich nicht, vom Wahnsinn der Ruhmsucht bin ich frei, den Tod verachte ich, über jede Krankheit bin ich erhaben, kein Leid verzehrt meine Seele. Bin ich ein Sklave, so ertrage ich die Sklaverei; bin ich ein Freier, so prahle ich nicht mit meinem Adel. Die Sonne ist, wie ich sehe, für alle dieselbe, und derselbe Tod droht allen, ob sie in Völlerei oder in Dürftigkeit leben. Der Begüterte sät und der Bedürftige hat teil an demselben Korn. Sterben müssen auch die reichsten Leute, und die Bettler haben die gleiche Lebensgrenze. Immer mehr begehren die Wohlhabenden und diejenigen, die durch ihre Scheinheiligkeit zu Ehren gekommen sind, der Arme aber und derjenige, der sich möglichst bescheidet, indem er nur nach dem Seinigen begehrt, gewinnt es auch leichter. Was hat es für einen Sinn, dass du mir, vom Fatum getrieben, aus Habgier die Nächte durchwachst, was für einen Sinn, dass du mir, vom Fatum gelenkt, immer wieder den Sündentod stirbst, so oft du dich deinen Lüsten überlässt? Stirb der Welt, indem du der Tollheit ihres Treibens entsagst; lebe für Gott, indem du dich durch Erkenntnis seines Wesens des alten Menschen entledigst.
S. 210f.

Die problematische Freiheit des Willens
(11,6) Wir sind nicht zum Sterben geboren: wir sterben durch eigene Schuld. Zugrunde gerichtet hat uns die Freiheit unseres Willens : Sklaven sind wir geworden, die wir frei waren, und durch die Sünde sind wir verkauft. Nichts Böses ist von Gott geschaffen, die Bosheit haben erst wir hervorgebracht: aber die sie hervorgebracht, können sie auch wieder abtun.
S. 211

Die zwei Lebensgeister
(12, 1) Zweierlei Lebensgeister kennen wir, und zwar einen, den wir »Seele« schlechtweg nennen, und einen, der höher steht als die Seele und Gottes Ebenbild und Gleichnis ist. Beide wohnten in der Brust der ersten Menschen, damit sie zwar an der Materie teilhätten, aber doch auch über ihr stünden. Es verhält sich damit wie folgt .
S. 212

Der materielle Lebensgeist der Welt
(12, 2-6) Das ganze Weltgebäude und die ganze Schöpfung besteht, wie man sehen kann, aus Materie und die Materie selbst ist von Gott geschaffen, wobei man sich denken muss, dass sie vor der Scheidung der Elemente wüst und ungestalt, erst nach derselben schön und wohl geordnet war. So bestehen der Himmel und seine Sterne aus Materie; auch die Erde und was immer auf ihr lebt, hat dieselbe Beschaffenheit, so dass überhaupt alles gleicher Herkunft ist. Trotzdem aber gibt es Unterschiede in den materiellen Dingen, so dass das eine besonders schön, das andere zwar auch schön ist, aber doch von etwas vorzüglicherem in den Schatten gestellt wird. Denn wie die Zusammensetzung des menschlichen Körpers einheitlich und maßgebend für seine Existenz ist und demgemäß seine Teile verschiedenes Ansehen haben, hier das Auge seinen Patz findet, dort das Ohr, da der Schmuck der Haare, das System der Eingeweide, das Gefüge von Mark, Knochen und Sehnen, und wie trotz aller Verschiedenheit der Teile das Ganze eine in seiner Zweckmäßigkeit durchaus harmonische Einheit bildet so hat auch die Welt gemäß der Macht ihres Schöpfers schönere und minder schöne Bestandteile empfangen und nach dem Willen ihres Bildners einen materiellen Lebensgeist bekommen. Dies kann im einzelnen jeder einsehen, der nicht in lauter Aufgeblasenheit die hochheiligen Offenbarungen von sich weist, die im Laufe der Zeit schriftlich aufgezeichnet worden sind und alle jene zu Freunden Gottes gemacht haben, die ihnen Gehör schenken .

Der höhere Lebensgeist des Menschen
(15, 2-12) Die Seele der Menschen ist nicht ein-, sondern vielteilig; denn sie ist zusammengesetzt, so dass sie überall am Leibe offenbar wird: ja sie könnte ebenso wenig ohne den Leib in Erscheinung treten wie das Fleisch ohne die Seele aufstehen kann. Denn der Mensch ist nicht, wie die Rabenkrächzer ehren, ein vernünftiges, für Verstehen und Wissen empfängliches Tier (nach ihnen wird man auch von den unvernünftigen Tieren nachweisen können, dass sie fähig seien, zu verstehen und zu wissen), sondern der Mensch allein ist Ebenbild und Gleichnis Gottes und ich nenne nicht den einen Menschen, der wie die Tiere handelt, sondern den, der über sein Menschentum hinaus zu Gott selbst gelangt ist. (Darüber habe ich in meinem Buche über die Tiere Genaueres zusammengetragen: jetzt aber kommt es hauptsächlich darauf an, wie sich's mit dem Ebenbild und Gleichnis Gottes verhalte.) Unvergleichbar ist nur das absolut Seiende (Gott), vergleichbar nur das Ebenbildliche der Mensch, Unfleischlich ferner ist der vollkommene Gott, der Mensch aber ist Fleisch: das Band seines Fleisches ist die Seele, Träger seiner Seele das Fleisch. Nehmen wir nun an, dieser so gestaltete (aus Fleisch und Seele bestehende) Organismus gleiche einem Tempel, so will Gott in ihm wohnen durch den Geist, seinen Abgesandten ist er aber kein solches Heiligtum, so ist der Mensch den Tieren nur durch seine artikulierte Stimme überlegen und, da seine anderen Lebensäußerungen durchaus den tierischen gleichen, auch kein Gleichnis Gottes.

Die Dämonen dagegen sind alle ohne Fleisch und haben einen geistigen Organismus wie von Rauch und Nebel. Nur die vom Geiste Gottes Beschützten vermögen daher die Gestalten der Dämonen zu sehen; die übrigen Menschen, ich meine diejenigen, in denen nur die Seele ohne den Geist wohnt, vermögen es nicht, weil das Niedrigere nicht das Höhere zu erfassen vermag. Das freilich ist auch der Grund, warum das Wesen der Dämonen keine Möglichkeit der Buße besitzt; denn sie sind bloß Spiegelbilder der Materie und der Bosheit. Die Materie aber wollte die Seele knechten und so haben die Dämonen, da sie willensfrei sind, den Menschen Gesetze des Todes geben können. Doch die Menschen haben nach dem Verlust der Unsterblichkeit durch die im Glauben vollzogene Selbstabtötung den Tod besiegt und mittels der Buße ward ihnen Berufung zuteil gemäß dem Worte: nachdem sie nur eine kurze Zeit unter die Enge erniedrigt worden waren. Jeder Besiegte kann eben wiederum siegen, wenn er den Zustand des Todes abtut. Was darunter zu verstehen sei, werden die Menschen, die nach der Unsterblichkeit streben, leicht erkennen.

Bibliothek der Kirchenväter. Frühchristliche Apologeten und Märtyrerakten, 1. Band, Tatians Rede, 1913 Kempten & München, Verlag der Jos. Köselschen Buchhandlung