Dayânand Sarasvatî (1824 – 1883)
Indischer Brahmane aus Tankara, der mit bürgerlichem Namen Mûlshankar hieß und in Bombay die »Gemeinde der Arier« (Ârya-samâj) gründete, die sich zur Aufgabe gemacht hat, die unverfälschte Lehre des Veda wiederherzustellen. Sarasvatî verkündete - ähnlich wie Râmmohan Rây - einen bildlos zu verehrenden einzigen Gott; während Rây aber in dem Monotheismus die Urreligion sah, die in den heiligen Schriften und Glaubensformen aller Völker ihre Spuren hinterlassen hat, vertrat Sarasvatî nicht nur die Ansicht, dass nur der Veda als Offenbarung alleinige Allgemeingültigkeit zukomme, sondern dass in ihm bereits auch alle Erkenntnisse, Entdeckungen und Erfindungen des Abendlandes vorweggenommen sind. Im Sanskrit sah er die Ursprache, aus der sich alle anderen Sprachen ableiten. Er wollte aus dem Veda nicht nur seine philosophischen Theorien in gewagter Weise heraus interpretieren, sondern versuchte auch glaubhaft zu machen, dass die alten Arier schon die chemische Zusammensetzung des Wassers (H2O), den Gebrauch von Schusswaffen, die Bewohnbarkeit der Planeten und andere Forschungsergebnisse der westlichen Wissenschaften gekannt haben. Sarasvatî werden Kontakte zu H. P. Blavatsky nachgesagt. Folgende - frei übersetzte und teilweise sehr gekürzte - Textstellen sind seinem Hauptwerk, der »Satyârtha-prakâsh« (Licht der Wahrheit), entnommen. Bild und weitere Einzelheiten siehe Wikipedia |
Licht der Wahrheit
Aus Kapitel 7
»Im Veda werden mehr als ein Gott erwähnt, wie geht das zu?« -
»Alles, was glänzende Eigenschaften hat, wird im Veda als »deva« oder »devatâ«
bezeichnet (von der Sanskrit-Wurzel »div«,
leuchten), wenn im »Brâhmana der hundert
Pfade« von dreiunddreißig devas gesprochen wird, nämlich
a) acht Vasus,
b) elf Rudras,
c) zwölf Âdityas,
d) ein Indra,
e) ein Prajâpati,
so sind dies alles Bezeichnungen für bedeutsame Bestandteile und Faktoren
des kosmischen Geschehens:
die acht Vasus sind Erde,
Wasser, Feuer, Luft, Raum, Äther, Mond, Sonne und Sternbilder (Mondhäuser),
die elf Rudras sind die zehn
Lebenshauche (ptâna) und die Seele,
die zwölf Âdityas die zwölf Monate,
Indra ist die Elektrizität,
und
Ptajâpati ist das Opfer, das alles
reinigt.«
»Wieso wird der Veda als Gottes Wort betrachtet? Gott ist doch unkörperlich
und hat keinen Mund.« -
»Gott bedarf keines Mundes, denn er hat alle seine Lehren den ersten Weisen
innerlich (geistig) geoffenbart.«
»Warum sollen die Veden von Gott herrühren? Die Menschen können
sie doch im Verlauf ihrer geistigen Entwicklung selbst verfaßt haben wie
andere Schriften.«
»Das ist unmöglich. Im Dschungel lebende Wilde wie die Bhils kommen
nicht durch bloße Beobachtung der Natur zu Erkenntnissen, sondern nur,
wenn sie jemand belehrt. Die Ägypter und Griechen und die Europäer
überhaupt waren ganz unwissend, so lange als die Inder ihnen nicht ihr
Wissen mitteilten. So können auch die ersten Menschen keine Kenntnisse
gehabt haben, wenn sie Gott ihnen nicht
im Veda geoffenbart hätte. Dass die Veden nicht menschlichen
Ursprungs sein können, ist dadurch evident, daß sie nichts enthalten,
das den Gesetzen der Natur oder der Logik widerspricht. Bibel und Korân halten einer derartigen Prüfung nicht stand und können
deshalb nicht auf Gott als Urheber zurückgehen.«
»Warum hat Gott den Veda in Sanskrit geoffenbart und nicht in einer anderen
Sprache?« -
»Hätte Gott seine Offenbarungen in der Sprache irgendeines bestimmten
Volkes erteilt, so wäre er gegenüber anderen Völkern parteiisch
gewesen. Deshalb verkündete er den Veda in Sanskrit,
denn dieses ist nicht die Sprache eines bestimmten Volkes, sondern vielmehr
die Ursprache, von der alle anderen Sprachen abgeleitet
sind.«
Aus Kapitel 8
»In welchem Gebiet der Erde wohnten die ersten Menschen, als es im Verlauf
der ständigen zyklischen Weltentstehungen und Weltuntergänge soweit
gekommen war, daß zu Beginn unseres Weltalters Menschen auf Grund ihres
Karma auf Erden entstehen konnten?« - »In Tibet
(Trivishtapa). Dort lebten die Menschen ursprünglich ohne Kastenordnung,
im Laufe der Zeit bildeten sich aber zwei Klassen, die
Arier (âryai), d.h. die Gebildeten
und Guten, und die Dasyus, d.h. die Ungebildeten und Schlechten. Es entstanden
nun unausgesetzt Kämpfe zwischen beiden Gruppen. Da wanderten die Arier
nach Indien aus, das seitdem Âryavartta heißt. Das Land, das gerade
unterhalb von Indien, auf der anderen Seite des Globus liegt, wurde von den
Ariern als Pâtâla (Unterwelt) bezeichnet.
Seine Bewohner nannte man Nâgas (in richtiger Übersetzung
»Schlangen«), weil sie von einem Ahnherrn namens Nâga
abstammen. Das Mahâbhârata (I,214. VI,90) erwähnt, daß Prinz Arjuna von einer Nâgaprinzessin geliebt
wurde. (Die Sage von Arjunas Verhältnis mit Ulûpi,
der Tochter eines Schlangenkönigs, wird hier dahin gedeutet, daß
Ulûpi Amerikanerin gewesen sei, woraus sich ergibt, daß die alten
Inder schon Amerika gekannt haben.)
Aus Kapitel 11
Von Anbeginn der Schöpfung bis vor 5000 Jahren waren die Arier die Oberherren
der ganzen Erde: das Mahâbhâyarata erzählt, daß die Könige
Bhagadatta von China, Babruvâhana von Amerika, Vidâtâksha
von Europa, Shalya von Persien und die Könige der Griechen an der Königsweihe
Yudhishthiras als Vasallen teilnahmen. Der mörderische Krieg zwischen den
Kurus und Pândus hatte die Kräfte der Arier aber so stark mitgenommen,
daß in den letzten 5000 Jahren ein Rückgang eintrat, der zur Folge
hatte, daß die Arier die Weltherrschaft verloren und später sogar
in ihrem eigenen Lande eine Beute fremder Eroberer (d.h.
der Mohammedaner und Briten) wurden. Dem politischen Niedergang folgte
auch der kulturelle und sittlich-religiöse. Indien,
das der Lehrer der Welt gewesen war, von dem die Ägypter und Griechen ihre
Weisheit bezogen hatten und dessen Religion die Grundlage aller Religionen der
Erde gebildet hatte, verlor seine Kultur und wich vom reinen Glauben des Veda
ab. So entstanden die vielen Irrlehren und verabscheuungswürdigen
Bräuche der Brahmanen, die vielen Sekten, der Bilderkult, das Kastenwesen
usw., die daran schuld sind, daß Indien von seiner früheren Größe
herabgesunken ist. Nur die Rückkehr zu den Prinzipien des heiligen Veda,
wie sie in Indiens Blütezeit vor Jahrtausenden gelehrt wurden und vom Ârya
Samâj jetzt in zeitgemäßer Form erneuert worden sind,
kann eine Wiedergeburt des Landes und Volkes herbeiführen. S.267ff.
Aus: Indische Geisteswelt. Eine Auswahl von Texten in deutscher Übersetzung.
Eingeleitet und herausgegeben von Helmuth von Glasenapp. Band I Glaube und Weisheit
der Hindus. Holle Verlag . Baden-Baden