August
Friedrich Christian Vilmar (1800 – 1868)
Deutscher evangelischer Theologe und Literaturhistoriker; der 1833 als Gymnasiallehrer und ab 1855 als Professor der Theologie in Marburg und zwischenzeitlich als Ministerialrat für Kirchen- und Schulangelegenheiten tätig war und sich dabei erfolgreich um die Reform des Schulwesens kümmerte. Vom Rationalismus herkommend (den er später allerdings vehement bekämpfte) vertritt Vilmar in seinen Schriften, besonders in »Die Theologie der Tatsachen wider die Theologie der Rhetorik« (erstmals 1856) die Objektivität der Heilstatsachen und die unbedingte Gültigkeit der altkirchlichen Bekenntnisse. Vilmar war der Auffassung, das geistliche Amt sei unmittelbar götttlichen Ursprungs. Vilmar versuchte die kurhessische Kirche im Sinne seiner Theologie zu restaurieren. Siehe auch Wikipedia, Heiligenlexikon und Kirchenlexikon |
Inhaltsverzeichnis
Die
Weihe zum heiligen Hirtenamt Vom Kampf wider den Teufel |
Gott
macht uns zur ehernen Mauer Die Macht der Fürbitte |
Die
Weihe zum heiligen Hirtenamt
Richtet auf die lässigen Hände! Wer die Weihe zum heiligen Hirtenamt
empfängt, der soll wissen, dass er sie empfängt, um Seelen selig zu
machen. Das soll seine ganze Seele erfüllen. Darum lasse er seine Hände
nicht ruhen, um links und rechts zu greifen nach denen, die versinken wollen,
dass er sie rette aus dem Strudel. Weg mit der zeitlichen Bequemlichkeit, weg
mit der irdischen Ruhe, weg mit dem Schlaf und Schlummer der Trägen!
Richtet wieder auf die müden Knie! Wer die Weihe zum heiligen Hirtenamt
empfängt, der soll wissen, dass die Knie nur müde werden, wenn man
mit der Welt und nach der Welt läuft, dass dagegen der Dienst des Herrn
nicht müde und matt macht, dass der Herr die Müden stärkt und
ihnen Jugendkraft gibt, wenn sie ihn anrufen. Richtet auf die müden Knie
durch unablässiges Gebet!
Tut gewisse Schritte mit euren Füßen! Wer die Weihe zum heiligen
Hirtenamt empfängt, der soll wissen, dass er nicht hinken darf nach beiden
Seiten und weder mit der Welt noch mit Gott es verderben. Er soll wissen, dass
er nicht zwei Herren dienen kann. Er soll den gewissen Tritt mit seinen Füßen
tun, dass er nicht die klägliche Predigt halte, die der Welt wohlgefällt,
sondern mit aller Entschiedenheit und Furchtlosigkeit die törichte Predigt
des seligmachenden Evangeliums verkündige und es sich zur ewigen Ehre rechne,
von der Welt zu den Toren gerechnet zu werden. Zu diesen Toren, welchen die
ewige Seligkeit, die sie nicht sehen, lieber ist als die zeitliche Lust, die
sie sehen, zu diesen Toren soll er festen Trittes sich stellen und festen Fußes
bei ihnen beharren. S. 13f.
Vom
Kampf wider den Teufel
Der Pfarrer hat den Kampf wider den Teufel nicht
nur für sich, sondern für seine Gemeinde zu kämpfen; ein Satz,
der sich leicht ausspricht, der aber ein wahres Weltgewicht in sich enthält.
Wer von diesen Kämpfen nichts weiß, nicht weiß, dass das eigentliche
Ziel aller Angriffe des Teufels der Vertreter der Gemeinde und der Kirche Christi
ist, der ist noch kein Pfarrer . . .
Zu allem diesem ist nötig, sich mit dem Worte Gottes in besonderer Weise
zu trösten, so dass es uns jeden Augenblick zu Gebot stehe; je tiefer Gottes
Wort in uns gewurzelt ist, desto gewisser ist, dass wir Ruhe haben. S.
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Gott
macht uns zur ehernen Mauer
Dann macht er uns zur festen ehernen Mauer wider das Volk des Ungehorsams, des
Unglaubens und Abfalls. Er macht uns dazu – nicht wir. Je mehr wir uns
vornehmen, eine feste Mauer zu sein oder zu werden, desto gewisser sind wir
ein Häuflein losen Staubes, den der Wind verweht und die Hufe der fahlen
Rosse des Todes zertreten. Wir müssen uns schwach und elend fühlen,
damit er unsere Stärke sei.
Welcher Pfarrer jetzt noch auf weltliche Mittel, Kräfte und Macht vertrauet
oder dieselbe nur als brauchbare Beigabe seiner Wirksamkeit hinnimmt, ist verloren.
Der Herr aber gibt uns die Macht des Wortes, kraft dessen wir die Wasser der
Trübsal zerteilen und alle Hindernisse überwinden, sowie einst der Prophet Elisa mit dem entfallenen Mantel Eliä den Jordan teilte und unbeschädigt hindurchging. Er verleiht
auch seinen Dienern die Kraft des Gebetes, mit Elias zu rufen: »Erhöre mich, Herr, erhöre mich,
dass dies Volk wisse, dass du, Herr, Gott bist, dass du ihr Herz danach bekehrest«
(1. Kön 18, 37); und bei diesem Flehen öffnet
er uns die Augen, dass wir den Berg bedeckt sehen mit feurigen Rossen und Wagen,
uns zum Schutz gegeben. Durch solche Erfahrungen gestärkt, gewinnen wir
auch die Gabe des natürlichen Mutes für unseren blöden, hinfälligen
Leib. Er gibt uns auch die Gabe der Sanftmut und des stillen Geistes.
Jedoch je mehr wir Sanftmut üben, um so grimmiger tobt die Welt. Aber die,
so wider uns streiten, können uns nichts anhaben: wir sind gleiche einer
ehernen Mauer, unbeweglich, gleichsam aus einem Stück. Was die Welt Beleidigungen
und Kränkungen nennt, fühlen wir gar nicht, und sie dienen nur dazu,
uns desto tiefer vor dem Herrn zu demütigen und zu einem desto reuigeren
Bekenntnis unserer Sünden zu bringen und folglich uns nur um so fester,
unbeweglicher und mutiger zu machen. Die Welt hat tausend Gedanken; wir nur
einen: den Herrn Jesum Christum am Kreuz, den Erstandenen und ewigen König.
Die Welt hat tausend Anschläge; wir nur einen: ich will selig werden gleich
allen Gläubigen. Die Welt hat tausend Waffen; wir nur eine: das Kreuz,
an dem der Herr gehangen hat.
Es hilft uns und errettet uns. Das werden wir bald zu erfahren haben. Die Wut
der Welt steigt immer höher, jetzt im Verborgenen, in wenigen Jahren wiederum
öffentlich. Aber er ist bei uns, streitet für uns, mit uns, durch
uns, hilft und errettet uns. Er hat es schon viel tausendmal getan an unsern
Vätern und an uns selbst, wie sollte er es denn nicht nochmals tun und
auch in der Zukunft an unsern Kindern, die an ihn glauben, wie wir an ihn geglaubt
haben, glauben und glauben wollen bis in den Tod! S.
113ff.
Die
Macht der Fürbitte
Es ist dem berufenen Hirten das Gebet der Kraft für
seine Gemeinde vertrauet. Durch das Gebet ist er der wahre Mittelpunkt, ist
er das Herz der Gemeinde; durch das Gebet stellt er sie allesamt vor Gott, durch
das Gebet hält er sie zusammen in Bekenntnis und Glaube, in Hoffnung und
Liebe, durch das Gebet weckt er das Gebot in der Gemeinde, auch das Gebet für
sich selbst, dessen er hoch benötigt ist. Er ist des Gebetes mächtig
und der Erhörung gewiss, – darum hat er seine Gemeinde allewege auf
dem Herzen und täglich mit heißem Flehen vor Gott zu tragen.
S. 118
Enthalten in: Das teure Predigtamt. Gebete und Weisungen für den Dienst
am Wort aus dem Schatz der Kirche. Im Furche-Verlag Berlin