Blaise Pascal (1623 - 1662)

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Inhalt

Abriss des Lebens Jesu Christi
Beweise für Jesus Christi

Abriss des Lebens Jesu Christi

Das Vorwort Pascals
Indem das Wort, welches war von aller Ewigkeit an, Gott in Gott, durch welches alle Dinge, und selbst die sichtbaren geschaffen worden sind, Mensch ward in der Fülle der Zeiten, kam es in die Welt, die es geschaffen hat, um die Welt zu retten; wurde von der Welt nicht aufgenommen, sondern von denen allein, welchen es die Macht gab, Kinder Gottes zu werden, sofern sie wiedergeboren waren durch den Willen Gottes aus dem Heiligen Geiste, und nicht sofern sie durch den Willen der Menschen aus dem Fleisch und aus dem Blute geboren waren; und es ist unter den Menschen gewandelt, seiner Herrlichkeit entblößt und bekleidet mit der Gestalt eines Knechtes; und ist durch viele Leiden hindurchgegangen bis zum Tode — bis zum Tode am Kreuze, auf dem es unsere Schwächen und Mängel ge­tragen hat, und hat unseren Tod durch den seinigen zerstört; und nachdem es seine Seele, die loszulassen und wiederzunehmen in seiner Macht stand, freiwillig aufgegeben hatte, erweckte es sich selbst am dritten Tage und schenkte durch sein neues Leben allen denen das Leben, die wiedergeboren sind in ihm, so wie Adam über alle, die aus ihm geboren waren, den Tod gebracht hatte. Und indem es endlich aus der Hölle bis über alle Himmel hinaufgestiegen ist, damit es alle Dinge erfülle, sitzt es zur Rechten des Vaters, von wannen es kommen wird, um zu richten die Lebendigen und die Toten, und um die Auserwählten, die mit ihm vereinigt sind, zu führen in den Schoß Gottes, mit dem es vereinigt ist und durch sein Wesen vereinigt bleibt für immer.

Als die Güte Gottes offenbar geworden war, und als diese großen Dinge sich auf Erden erfüllt hatten, haben einige sich dargeboten, die Geschichte Seines Lebens aufzuschreiben. Da aber ein so heiliges Leben, dessen geringste Handlungen und Bewegungen des Berichtes würdig sind, nur durch den gleichen Geist beschrieben werden konnte, der seine Geburt bewirkt hatte, gelang ihnen das nicht, denn sie folgten ihrem eigenen Geiste. Darum erweckte Gott vier heilige Männer, Zeitgenossen Jesu Christi, die unter göttlicher Eingebung die Dinge aufschrieben, die er gesagt und getan hat. Nicht als ob sie alles aufgeschrieben hätten, denn dazu brauchte man mehr Bände, als die Welt fassen könnte, weil es in seinem Leben nicht eine Bewegung, nicht eine Handlung, nicht einen Gedanken gibt, der nicht mit allen seinen Begleitumständen berichtet zu werden verdiente, denn sie waren alle auf die Herrlichkeit des Vaters gerichtet und vom inneren Wirken des Heiligen Geistes gleitet. Aber alles, was sie aufzeichneten, wurde geschrieben, damit wir glauben, dass Jesus Christus der Sohn Gottes ist, und damit wir durch den Glauben das ewige Leben erlangen, um seines Namens willen.

Was nun die heiligen Evangelisten aus Gründen, die wir vielleicht nicht alle kennen, in einer Ordnung aufgeschrieben haben, bei der nicht immer die zeitliche Reihenfolge beachtet wird, das bringen wir hier in zeitlicher Reihenfolge, indem wir jeden Vers eines jeden Evangeliums in der Ordnung anführen, in der die Sache, die darin beschrieben wird, sich ereignet hat, soweit unsere Schwäche uns das erlaubt hat.

Wenn der Leser etwas Gutes darin findet, dann danke er Gott, dem einzigen Urheber alles Guten. Und was er an Schlechtem darin findet, das halte er meiner Schwäche zugute.

Bevor das Wort, das noch im Schoße des Vaters ruhte, in die Welt eintrat, wollte es dem Mittler zwischen Gott und den Menschen durch seinen Vorläufer den Weg bereiten. Und folgendermaßen wurde dieses Ereignis verkündet:

1. Unter dem Kaiserreich des Cäsar Augustus, während der Regierung des Herodes in Judäa, am 24. September, Monate vor der Geburt Jesu Christi, wurde der Engel Gabriel zu dem Priester Zacharias gesandt, um ihm zu verkünden, dass sein Weib Elisabeth, obwohl unfruchtbar, empfangen und einen Sohn gebären werde, den er Johannes nennen sollte, den Vorläufer des Messias. Als Zacharias ihm nicht glaubte, wurde er stumm.

2. Sechs Monate später, am 25. März, neun Monate vor der Geburt Jesu Christi, wurde der gleiche Gabriel zu einer Jungfrau gesandt, die Maria hieß, um ihr zu verkünden, dass sie durch das Wirken des Heiligen Geistes in ihrem Leibe einen Sohn empfangen werde, dessen Name Jesus sei.

3. Als sie schwanger war, besuchte sie ihre Base Elisabeth und lobte Gott durch ihr Lied.

4. Am 24. Juni, sechs Monate vor der Geburt Jesu Christi, wurde Johannes geboren. Danach wurde er beschnitten. Zacharias gewann die Sprache wieder und lobte Gott durch sein Lied.

5. Mittlerweile wurde Joseph, der über die Schwangerschaft seines Weibes verwundert war, weil sie noch nicht zusammen gelebt hatten, vom Engel verkündet, dass das, was in ihr war, vom Heiligen Geiste sei.

6. Am 25. Dezember, im ersten Jahre des Heils, wurde Jesus Christus zu Bethlehem, einer Stadt Judäas, geboren. Sein Stammbaum aus Salomo steht bei Matthäus 1, 1, der aus Nathan bei Lukas 3, 23.

7. Die Engel verkünden den Hirten seine Geburt, und sie kommen, ihn anzubeten.

8. Acht Tage nach seiner Geburt, am 1. Januar, wurde er beschnitten und Jesus genannt.

9. Am 6. Januar kamen die Weisen ihn anzubeten. Herodes, der über die Geburt Jesu erschrak und fürchtete, er werde ihm sein Reich wegnehmen, befahl den Weisen, ihm den Ort anzuzeigen, wo sie ihn finden würden; sie aber kehrten, vom Engel gewarnt, nicht zu Herodes zurück.

10. Am 2. Februar, 40 Tage nach der Geburt Jesu Christi, begab sich die Jungfrau zur Reinigung in den Tempel und stellte Jesus dar, wie es der Sitte entsprach, weil er ihr Erstgeborener war. Simeon hielt ihn in seinen Armen, lobte Gott durch sein Lied und sagte Maria voraus, dass das Schwert des Schmerzes ihr Herz durchbohren werde. Anna, die Prophetin, prophezeite, während sie Jesus berührte.

11. Nachdem Herodes von den Weisen getäuscht worden war und Jesus nicht entdecken konnte, weil ihn die Dunkelheit seiner Geburt in der Masse des Volkes verbarg, be­schloss er, alle Kinder zu töten, um auch ihn zutreffen. Bevor aber sein Plan ausgeführt wurde, entführte Joseph, vom Engel gewarnt, Jesus und Maria, und zog nach Ägypten.

12. Herodes ließ unterdessen alle Kinder töten, denn er gedachte, Jesus Christus in diesen allgemeinen Mord mit einzubeziehen.

13. Dann ging Johannes in die Wüste und wurde im Geiste gestärkt.

14. Als Herodes nach einigen Jahren starb, wurde dies Joseph vom Engel verkündet, und er kehrte in das Land Israel zurück. Doch als er erfuhr, dass Herodes‘ Sohn Archelaos an seiner Stelle regiere, begab er sich auf den Rat des Engels nach Galiläa und blieb in Nazareth.

15 . Nach einigen Jahren, zwölf Jahre nach seiner Geburt, da führten ihn — obgleich Archelaos noch regierte, denn er regierte zwölf Jahre (Josephus Ant. 17)* — seine Eltern zum Feste nach Jerusalem, und er blieb im Tempel bei den Schriftgelehrten und disputierte mit ihnen. Seine Eltern suchten ihn mit äußerster Unruhe. Er sagte ihnen, dass er alles erfüllen müsse, was sein Vater ihm aufgetragen; nachdem er aber mit ihnen zurückgekehrt, war er ihnen untertan und nahm zu an Weisheit und Alter und Gnade vor Gott und den Menschen. *Flavius Josephus, jüdischer Historiker des ersten nachchristlichen Jahrhunderts.

So führte Jesus ein verborgenes Leben von seinem zwölften bis zu seinem einunddreißigsten Jahre.

16. Im fünfzehnten Jahre der Regierung des Kaisers Tiberius, während Pontius Pilatus Landpfleger in Judäa war, Herodes Tetrarch [Herrscher] in Galiläa, sein Bruder Philippus Tetrarch in Ituräa und Trachonitis, und Lysanias Tetrarch in Abilene, und Annas und Kaiphas Hohepriester waren, nahte für Jesus die Zeit der Verkündigung heran, und da erhob sich sein Vorläufer Johannes auf ausdrückliche Weisung Gottes aus seinem Schweigen und seiner Einsamkeit und begab sich zum Jordan, um durch Predigt und Bußtaufe das Volk aufzurufen, damit es dem Messias die Wege bereite und sich für seine Ankunft rüste; und um zu verkünden, dass er bald erscheinen werde.

17. Und in dieser Zeit begab sich Jesus von Galiläa aus zum Jordan, damit er selbst mit der Taufe des Johannes getauft würde. Es öffneten sich die Himmel, der Heilige Geist stieg in der leiblichen Gestalt einer Taube auf ihn herab und verweilte auf ihm, und eine Stimme aus dem Himmel rief: Dieser ist mein geliebter Sohn. So wurde Jesus getauft, obwohl Johannes sich weigerte und es zunächst nicht tun wollte ohne ausdrückliche Weisung seines Herrn, der ihm aber sagte, dass er sie auf sich nehmen wolle, weil es gut wäre, dass er die ganze Gerechtigkeit erfülle. Das bedeutet: dass der, welcher die Ähnlichkeit des Fleisches der Sünde hatte, durch die Ähnlichkeit der Taufe des Heiligen Geistes gewaschen wurde; denn in Wirklichkeit brauchte der, der aus dem Heiligen Geiste geboren war, nicht aus dem Heiligen Geiste wiedergeboren zu werden. Aber er forderte uns durch sein Beispiel und durch seine Demut auf, unsere Zuflucht zur Taufe zu nehmen. Und durch die Reinheit seines Fleisches reinigte er die Wasser, die später die Unreinheit des unsrigen reinigen sollten, und teilte ihnen durch seine Berührung die Kraft der Erneuerung mit, zu der er sie bestimmt hatte — damit alle Völker durch die sichtbare Herabkunft des Heiligen Geistes und durch das Zeugnis des Johannes erkennen sollten, dass er in Wahrheit der Christus sei.

18a. Als Jesus getauft war, wurde er sogleich vom Heiligen Geist in die Wüste geführt, wo er vierzig Tage und vierzig Nächte fastete.

18b. Dann wurde er vom Teufel versucht.

18c. Und als der Teufel ihn für eine Weile verließ, kamen die Engel und dienten ihm.

19. Unterdessen erklärte Johannes den Pharisäern, die man zu ihm gesandt hatte, damit sie erführen, ob er der Christus wäre, dass er es nicht sei.

20. Als Jesus am folgenden Tage auf Johannes zukam, zeigte der mit dem Finger auf ihn und bezeugte, dass er das Lamm Gottes sei, welches die Sünden der Welt trägt.

21. Am folgenden Tage wiederholte er das gleiche Zeugnis, und Andreas und ein anderer Jünger des Johannes, die dieses Zeugnis gehört hatten, folgten dann Jesus und blieben an diesem Tage bei ihm. Und als Andreas seinem Bruder Simon begegnete, führte er ihn zu Jesus, der ihn Petrus nannte.

22. Als Jesus am folgenden Tage nach Galiläa ging, begegnete er dem Philippus und sagte zu ihm: Folge mir. Und Philippus folgte ihm und brachte den Nathanael zu ihm.

23. Drei Tage später kam er nach Kana in Galiläa, wo er auf den Rat Marias, seiner Mutter, sein erstes Wunder wirkte, und das Wasser in Wein verwandelte.

24. Dann begab er sich mit seinen Jüngern nach Kapharnaum, wo er von da an gewöhnlich blieb, so dass diese Stadt in einem Evangelium »seine Stadt« genannt wird.

25. Und kurze Zeit vor Ostern begab er sich nach Jerusalem, wo er die Händler aus dem Tempel trieb und unter dem Bilde des Tempels die Zerstörung und Auferstehung seines Leibes voraussagte; und mehrere glaubten an ihn, da sie seine Wunder sahen, aber er vertraute sich ihnen nicht an, weil er ihr Inneres kannte.

26. Zur Zeit des Osterfestes lässt Nikodemus sich während der Nacht über die Wiedergeburt belehren: dass der Geist weht, wo er will; dass keiner zum Himmel aufgestiegen ist, als nur der Sohn Gottes, der vom Himmel herabgestiegen ist und zugleich darin ist — damit bezeichnete er seine zweifache Natur, indem er zeigte, dass er Gott und Mensch sei; denn er sei aus dem Himmel herabgestiegen und bleibe doch unaufhörlich darin; und dann zeigte er, dass es außerhalb dieses Sakramentes der Vereinigung kein Heil gebe, das heißt nur für die, welche durch die Taufe mit ihm vereinigt würden, denn nur er könne zum Himmel aufsteigen; dass die in der Wüste erhöhte Schlange sein Bild sei; dass Gott die Welt so sehr geliebt habe, dass er seinen einzigen Sohn hingab; dass er nicht gekommen sei zu verdammen, sondern zu retten; dass man glauben müsse, dass das Licht gekommen sei; dass der, der Böses tue, das Licht hasse, usw.

27. Von dort begab er sich nach Judäa und taufte durch seine Jünger. Und als die Jünger des Johannes und die Juden sich wunderten, dass Jesus taufe und mehr Jünger gewinne als Johannes, sagte ihnen Johannes, dass jener, der vom Himmel gekommen, wachsen müsse, und dass er, der nur aus Erde gemacht, abnehmen müsse; dass Gott seinen Geist nicht nach dem Maße an Jesus verliehen, sondern dass alle Dinge in seiner Macht wären, und dass man an ihn glauben müsse, um dem Zorne Gottes zu entgehen.

28. Und als Jesus erkannte, dass sein Ruf sich überallhin verbreite und den Pharisäern Ärgernis gebe, verließ er Judäa und zog sich nach Galiläa zurück. Und als er durch Nazareth zog, wurde er übel empfangen, und bezeugte, dass ein Prophet nur in seinem eigenen Lande geschmäht wird.

29. Als einige Zeit danach der Tetrarch Herodes von Johannes getadelt wurde, weil er seine Schwägerin, das Weib seines Bruders Philippus heiraten wollte, da ließ Herodes ihn ins Gefängnis werfen und fügte diesen Frevel zu den vielen anderen, die er begangen hatte.

30a. Als Jesus das erfahren hatte, zog er sich in die Wüste von Galiläa zurück.

30b. Auf dem Wege kam er mitten durch Samaria, wo er die Samariterin über die Gabe Gottes belehrte: über das Wasser, das ins ewige Leben strömt, über die Anbetung im Geiste und in der Wahrheit, und dass er der Messias sei. Weil er seit langem nichts mehr gegessen hatte, boten ihm seine Jünger Speise an, er aber sagte ihnen, dass er seine Speise habe, die ihnen unbekannt wäre. Und da die Samariterin seinen Ruf in der Stadt verbreitet hatte, wurde er dort aufgenommen und lehrte sie zwei Tage lang. Dann verließ er sie, vollendete seine Reise und kam nach Galiläa, wo er ehrenvoll empfangen wurde, weil mehrere von ihnen am Osterfeste die Wunder gesehen hatten, die er in Jerusalem gewirkt hatte.

Von da ging er nach Kana, einer Stadt in Galiläa, wo er das Wasser in Wein verwandelt hatte, was sein erstes Wunder war, und wo er auch sein zweites wirkte, indem er den Sohn eines Vorstehers auf die Bitten seines Vaters wieder gesund machte, obgleich er abwesend war und krank zu Kapharnaum lag.

31. Dann ging er von dort weiter, wandte sich weg von Nazareth, seiner Heimatstadt, und zog nach Kapharnaum.

32a. Dann begann Jesus zu predigen und sprach: »Tuet Buße, denn das Himmelreich ist nah« — das ist der Haupt­inhalt von seiner und des Johannes Verkündigung.

32b. Von dort aus durchzog er Galiläa und predigte. Eines Tages bestieg er den Nachen Petri, nachdem er das Wunder des großen Fischzuges gewirkt hatte, bei dem das Netz zerriss.

33. Er berief Petrus und Andreas, dann Jakobus und Johannes, und versprach ihnen, im Besonderen aber dem Petrus, sie zu Menschenfischern zu machen. Sie folgten ihm und verließen alles.

34. Endlich kam er mit seinen Jüngern nach Kapharnaum, wo er die Dämonen austrieb.

35. Dann betrat er das Haus des Petrus und heilte dessen Schwiegermutter vom Fieber.

36. Sein Ruf verbreitete sich immer mehr, und am Abend heilte er an der Türe mehrere Kranke, die vom Teufel besessen waren.

37. Am Morgen des folgenden Tages ging er von Kapharnaum hinab in die Wüste und als seine Jünger und das Volk ihn suchten, sagte er ihnen, dass er auch in anderen Städten predigen müsse, und dass er dafür ausgesandt wor­den; dann ging er in die Synagogen Galiläas und heilte und lehrte.

38. Dann ging er abermals nach Kapharnaum und heilte einen Gichtbrüchigen, der durch das Dach herabgelassen wurde, da wegen der Menge des Volkes niemand durch das Tor hineinkommen konnte.

39. Und als er von da wegging, berief er den Matthäus von der Zollstätte, und der verließ alles und folgte ihm sogleich.

40. Matthäus lud ihn zum Essen ein, und während des Mahles lehrte Jesus seine Jünger, sowie auch die des Johannes und die Pharisäer, indem er vom neuen Wein in alten Schläuchen sprach, von den neuen Flicken auf dem alten Kleid, usw.

41. Während er zu ihnen sprach, kam Jairus, der Vorsteher der Synagoge, und bat ihn, seine Tochter, die gestorben war, zum Leben zu erwecken.

42. Jesus ging hin, und auf dem Wege heilte er die Blutflüssige durch die Berührung des Saumes seines Kleides, und dann erweckte er die Tochter des Jairus, die gestorben war, zum Leben, und es waren nur Petrus, Jakobus und Johannes bei ihm.

43. Dann verließ er Kapharnaum, und auf dem Wege heilte er zwei Blinde, welche riefen: »Jesus, Sohn Davids«!

44. Dann brachte man ihm einen, der war stumm und vom Teufel besessen, und er heilte ihn. Die Pharisäer aber schrieben dieses Wunder dem Beelzebub zu.

45. Und während er durch die Stadt zog, ermahnte er seine Jünger, Gott zu bitten, er möge Schnitter senden, da die Ernte groß wäre.

46. Zu Ostern kam Jesus nach Jerusalem, wo er am Fischteich den Gichtbrüchigen heilte; und seinetwegen sprach er mit den Pharisäern über die Heiligung des Sabbats.

47. Acht Tage später ging er mit seinen Jüngern durch die Felder; sie sammelten Körner, und er verteidigte sie gegen die Pharisäer.

48. Danach heilte er an einem Sabbat die vertrocknete Hand und verteidigte seine Tat gegen den Aberglauben der Pharisäer. Und weil sie ihn töten wollten, entzog er sich ihnen und heilte und lehrte allenthalben.

49. Als er ein wenig später die Absicht hatte, aus seinen Jüngern zwölfe zu erwählen, damit sie Zeugen seiner Auferstehung wären, und allen Völkern und allen Nationen der Erde sein Evangelium brächten, das er den Juden vergeblich gepredigt hatte, verbrachte er auf einem Berge die Nacht im Gebet.

50. Und am Morgen erwählte er zwölf und gab ihnen Gewalt über die Dämonen und Krankheiten.

51. Und sogleich hielt er ihnen jene große und schöne Bergpredigt, die einen Abriss der christlichen Vollkommenheit enthält.

52. Und während er vom Berge herabstieg, heilte er einen Aussätzigen.

53. Dann ging er nach Kapharnaum und heilte den Sohn des Hauptmanns, der zu ihm sprach: Herr, ich bin nicht würdig, dass du eingehest unter mein Dach.

54. Dann zieht er durch das Städtchen Naim und erweckt den einzigen Sohn der Witwe.

55. Als sich das Gerücht von seinen Wundern überallhin verbreitete, hörte auch Johannes davon, der im Gefängnis war, und er sandte zwei seiner Jünger zu Jesus, der ihnen sagte, sie sollten dem Johannes berichten, dass die Blinden sähen und den Armen das Evangelium gepredigt werde. Und als sie gegangen waren, sagte er zum Volke, dass unter den vom Weibe Geborenen keiner größer wäre als Johannes, usw.

56. Er wirft den Juden ihre Unbußfertigkeit vor, besonders aber den Städten Korozaim, Bethsaida und Kapharnaum.

57 . Er wurde von einem Pharisäer zum Essen eingeladen und ließ daselbst Magdalena ihre Sünden nach und lehrte, dass die Sünden nachgelassen würden im Maße der Liebe, die man für Gott hegt.

58. Dann lehrte er das Gebet des Herrn, und dass man im Gebet beharren müsse.

59. Er heilte einen, der blind und stumm und vom Teufel besessen war, und die Juden schrieben dieses Wunder dem Beelzebub zu; er sagte, dass die Sünden gegen ihn vergeben werden, dass aber die Sünden gegen den Heiligen Geist nicht vergeben werden.

60. Und dass der unreine Geist, der aus einem Leibe ausgefahren, sieben andere findet, die schlimmer sind als er.

61. Er lehrte sie verschiedene andere Dinge, und während er noch mit ihnen sprach,

62. wurde er von einem Pharisäer zum Essen eingeladen und richtete verschiedene Verwünschungen gegen ihre falsche äußerliche Reinlichkeit, welche die des Herzens vernachlässigt.

63. Mittlerweile glauben seine Eltern, dass er den Verstand verloren hat, und wollen ihn festnehmen. Und wie man ihm mitteilt, dass seine Eltern nach ihm fragen, sagt er, dass die, welche den Willen Gottes tun, seine Mutter und seine Brüder sind.

64. Als er am gleichen Tage mit seinen Jüngern, unter denen sich seine Apostel, Magdalena und die anderen Frauen befanden, die ihm folgten, am Meeresufer entlang ging, lehrte er sie mehrere Gleichnisse: vom Sämann, vom Unkraut, vom Senfkorn, vom Schatz, vom Sauerteig, vom Fischzug und vom Netze.

65 . Am Abend des gleichen Tages bestieg er einen Nachen und gebot, zum anderen Ufer hinüberzufahren; und wäh­rend er über das Meer fuhr, schlief er auf einem Kissen, und es erhob sich der Sturm. Und als der Nachen von den Wellen überflutet wurde, weckten ihn seine Jünger, und er beruhigte den Sturm.

66. Als er am andern Ufer angelangt war, wo das Land der Gerasener war, heilte er daselbst zwei Besessene und erhörte die Bitte der Dämonen, die ihn baten, in die Säue einfahren zu dürfen.

67. Und die Gerasener baten ihn, sie zu verlassen und anderswohin zu gehen.

68. Und so begab er sich nach Nazareth, wo er nicht gut aufgenommen wurde, und er blieb daselbst nur kurze Zeit, wegen ihrer Ungläubigkeit, und wiederholte das Wort, dass kein Prophet in seinem Vaterlande gut aufgenommen wird.

69 . Er beginnt die Apostel zu zweien zum Predigen auszusenden. Und er gibt ihnen verschiedene Belehrungen: zuerst zu den Juden zugehen; zu verkünden, dass das Reich Gottes nahe ist; zu heilen, lebendig zu machen, usw.; alles umsonst zu tun, da sie ja auch umsonst empfangen hätten; kein Geld mit sich zu nehmen, kein Gepäck, keinen Stock, nicht zwei Kleider; den Staub von ihren Füßen zu schütteln; er sagt ihnen die Leiden voraus, die sie dulden wür­den: Schafe inmitten der Wölfe, klug wie Schlangen, ein­fältig wie Tauben; sie sollten nur Gott fürchten, der nicht gekommen sei, den Frieden zu bringen, sondern das Schwert; und wer sie aufnehme, der nehme ihn auf, usw.

70. Unterdessen predigt Jesus selbst in Galiläa.

71. Während sich diese Dinge ereignen, lässt Herodes den Johannes töten, und wie er das Gerücht von den Wundern Jesu hört, glaubt er, Johannes wäre auferstanden.

72. Als Jesus davon erfuhr, zog er sich in die Wüste zurück.

73. Nachdem die Menge ihn entdeckt hatte, folgte sie ihm.

74. Ein wenig vor Ostern kehren die Apostel zurück und geben Jesus Rechenschaft über ihre Predigt.

75 . Jesus zieht sich mit ihnen in die Wüste von Bethsaida zurück, um frei zu sein; denn das Volk bedrängte ihn so, dass er nicht einmal Zeit hatte, zu essen; aber die Menge folgte ihm auch dorthin.

76. Und am Abend hatte Jesus Mitleid mit der Menge und wirkte für sie das Wunder der fünf Brote.

77. Und nachdem er am Abend den Aposteln befohlen hatte, über das Meer zu fahren, zog er sich allein auf einen Berg zurück, um zu beten,

78. Und um dem Volke zu entgehen, das ihn zum König machen wollte.

79. Als er zur Zeit der vierten Nachtwache von da zurückkam, wandelte er über das Meer, ließ Petrus darüber wandeln und besänftigte den Sturm und ging bei Genesareth an Land.

80. Dort heilte er mehrere Kranke durch die Berührung des Saumes seiner Gewänder.

81. Am folgenden Tage lehrte er die, welche nach Kapharnaum gekommen waren, ihn zu suchen, weil er sie mit Brot gespeist hatte, nicht die vergängliche Speise zu suchen, sondern die ewige, die der Menschensohn ihnen geben werde, den Gott besiegelt habe (das bedeutet: Gott hat ihm das Siegel der Göttlichkeit eingeprägt, wodurch er zugleich der Sohn Gottes und der Sohn des Menschen ist); dass es Gottes Werk sei, wenn sie an ihn glaubten (das bedeutet: es steht bei Gott, dieses Wunder zu wirken); dass Moses ihnen nicht das Brot vom Himmel gegeben habe; dass Gott das Brot vom Himmel gebe; dass er das Brot des Lebens sei; dass alles zu ihm komme, was der Vater ihm gebe; dass niemand zu ihm kommen könne, wenn er nicht vom Vater gezogen werde; dass die, welche von diesem Brote essen, nicht sterben würden; dass man sein Fleisch essen und sein Blut trinken müsse, um das Leben zu haben; dass sein Fleisch wahre Speise und sein Blut wahrer Trank sei; dass die, welche ihn essen, für ihn lebten; dass das Fleisch zu nichts nütze; dass der Geist lebendig mache; dass seine Worte Geist und Leben seien. Und als darauf mehrere seiner Jünger ihn verließen, weil sie diese Reden hart fanden, fragte er die Zwölf, ob auch sie ihn verlassen wollten. Da sagte Petrus im Namen der anderen: Wohin sollen wir gehen? Du hast das Wort des ewigen Lebens, usw.

82. Bei diesem Osterfest scheint Jesus nicht in Jerusalem gewesen zu sein, wo die Juden ihn suchten, um ihn zu töten. Und es scheint, dass er gleich nach Ostern in Galiläa predigte.

83. Und als die Schriftgelehrten und Pharisäer aus Jerusalem zu ihm kamen, belehrte er sie über das Waschen der Hände und die Überlieferungen.

Dann begab er sich in die Gegend von Tyrus und Sidon und heilte die Tochter der Kanaaniterin.

84. Und als er von Tyrus wegging, begab er sich zum Galiläischen Meer, und als er durch das Gebiet von Dekapolis kam, heilte er den Taubstummen, indem er zu ihm sprach: Ephpheta.

85. Und als Jesus in der Nähe des Meeres war, heilte er mehrere Kranke, Lahme und Blinde, usw.

86. Und als er die Volksmenge in der Wüste sah, hatte er Mitleid mit ihr und wirkte das Wunder der sieben Brote und wenigen Fische.

87. Und gleich nach diesem Wunder bestieg er einen Nachen und kam in das Gebiet von Mageddan und Dalmanutha.

88. Dort bitten die Pharisäer und Sadduzäer um ein Zeichen vom Himmel. Er aber seufzte auf im Geiste und wies sie zurück; dann befahl er, zum anderen Ufer hinüberzufahren und warnte dort seine Jünger vor dem Sauerteig der Pharisäer, der Sadduzäer und des Herodes.

89. Von da kam er nach Bethsaida, wo er einen Blinden aus der Stadt hinausführte, um ihn zu heilen.

90. Nachdem Jesus Bethsaida verlassen hatte, kam er in die umliegenden Dörfer und auch nach Caesarea Philippi; und nachdem er gebetet hatte, fragte er seine Jünger, was man über ihn sage. Petrus erkennt ihn als den Christus. Jesus verbietet ihnen, es zu sagen;

91. und nennt Petrus selig, weil er diese Offenbarung hatte, und verheißt ihm, er werde auf diesem Stein seine Kirche erbauen, welche die Pforten der Hölle nicht würden überwältigen können.

92. Und dann erklärt er ihnen, dass er zu Jerusalem vieles leiden müsse, sterben und auferstehen; und als Petrus sich diesen traurigen Weissagungen widersetzt, wird er Satan genannt.

93. Und nachdem er die Menge zu sich gerufen hat, erklärt er allen, dass jeder sein Kreuz tragen müsse.

94. Und er sagt, dass einige, die diese Rede hörten, nicht sterben würden, ehe sie das Reich Gottes gesehen.

95. Nach sechs Tagen einschließlich oder nach acht Tagen ausschließlich nahm Jesus Petrus, Jakobus und Johannes mit sich (das heißt Jakobus den Älteren, den Herodes herabstürzen ließ, und nicht Jakobus den Jüngeren, den Bruder des Herrn, den Bischof von Jerusalem und Verfasser des katholischen Briefes; denn Matthäus nennt ihn den Bruder des Johannes) und führte sie auf den Berg; und nachdem er gebetet hatte, wurde er verklärt. Und eine Stimme aus dem Himmel rief: »Dieser ist mein geliebter Sohn. an dem ich mein Wohlgefallen habe; höret auf ihn«.

96. Und während er vom Berge herabstieg, verbietet er ihnen von dieser Vision zu sprechen, bis er auferstanden wäre.

97. Und die Jünger behielten dieses Wort bei sich: »Bis er auferstanden wäre«, aber sie verstanden es nicht.

98. Dann befragten sie ihn über die Ankunft des Elias.

99. Nachdem er am folgenden Tage vom Berge herabgestiegen und zu seinen Jüngern gekommen war, heilte er einen Mondsüchtigen, den seine Jünger nicht hatten heilen können, und er sagte ihnen, das sei so gewesen, weil ihnen der Glaube fehlte.

100. Und dass diese Art von Dämonen nur durch Gebet und Fasten ausgetrieben werden könne.

101. Dann zog er durch Galiläa und sagte voraus, dass der Menschensohn den Händen der Menschen würde überliefert werden; aber sie verstanden dieses Wort nicht.

102. Er kam nach Kapharnaum, wo man die Steuer von ihm forderte. Er erklärt dem Petrus, dass er als Sohn des Königs davon befreit sei; um ihnen aber kein Ärgernis zu geben, lässt er ihn einen Fisch fangen aus dessen Kopf er eine Münze nimmt, womit er die Steuer bezahlt.

103. Und nachdem sie zu Kapharnaum ein Haus betreten hatten, fragt er sie nach den Gesprächen, die sie auf dem Wege miteinander führten — sie hatten aber über den Vorrang gesprochen — und rief ein Kind und belehrte sie über die christliche Kindschaft.

104. Er verbietet ihnen, diese Kleinen zu ärgern, weil ihre Engel das Angesicht Gottes schauen (das heißt die Engel, die zu ihrem Schutze bestellt sind); und er sei gekommen, um zu retten, was verloren war. Er belehrt sie über die brüderliche Zurechtweisung und durch das Beispiel des Königs, der von seinen Knechten Rechenschaft fordert, über das Vergeben von Beleidigungen.

105. Und als Johannes jemanden verhinderte, in seinem Namen einen Dämon auszutreiben, erklärt er ihm, dass, wer nicht gegen sie wäre, für sie sei.

106. Als gegen Ende des Monats September das Laubhüttenfest nahe war,

107. wollte er nicht nach Jerusalem hinaufgehen, denn nicht einmal seine Eltern und seine Brüder glaubten an ihn; er sagte ihnen aber, dass seine Zeit noch nicht gekommen sei, dass aber ihre Zeit immer da sei, dass die Welt sie nicht hassen könne, dass sie aber ihn hasse, weil er die Bosheit ihrer Werke bezeuge, und dass er noch nicht nach Jerusalem hinaufgehe. Als aber seine Zeit kam, ging er gleichfalls hinauf. Und er ging von Galiläa weg, um nach ihnen hinzugehen.

108. Und als auch die Zeit seiner Himmelfahrt (das heißt seines Todes, seiner Auferstehung und seiner Auffahrt) herannahte und gekommen war, begann er sein Angesicht stark zu machen, um nach Jerusalem zu gehen.

109. Er verließ also Galiläa und näherte sich der Gegend von Judäa.

110. Und als er durch Samarias ziehen wollte, wurde er dort nicht aufgenommen, weil sie wussten, dass er nach Jerusalem ging (und der Grund, warum sie ihn zurückwiesen, weil er nach Jerusalem ging, ist der, dass es einen Streit zwischen den Juden und ihnen gab wegen des Ortes, da man anbeten müsse, indem die einen behaupteten, es müsse im Tempel zu Jerusalem geschehen, und die andern, auf dem Berge Garizim. — Josephus, 12 ant., c. 1 Joh. 4. 9); und in ihrer Erbitterung über diese Zurückweisung wollten die Jünger Feuer vom Himmel herabsteigen lassen, aber Jesus dämpfte ihren Eifer.

112. (sic). Unterwegs weist er jemanden als Jünger zurück.

113. Im Monat September, während des Laubhüttenfestes, war Jesus in Jerusalem.

114. Und es entstanden über seine Person Meinungsverschiedenheiten unter dem Volke.

115. Denn die einen behaupteten, er sei ein Prophet; die andern lästerten ihn, aber nicht öffentlich, denn sie waren in der Minderheit.

Als das Fest zur Hälfte vorüber war, das heißt am vierten Tage des Festes, war Jesus im Tempel und lehrte öffentlich und beklagte sich darüber, dass man ihn töten wolle; die Juden sagten, er habe den Teufel, und suchten eine Möglichkeit, ihn festzunehmen; aber sie wagten es nicht. Die Pharisäer entsandten Leute, um ihn zu ergreifen; aber die konnten sich nicht dazu entschließen. Und am letzten und großen Tage des Festes (welches nicht der siebente, sondern der achte Tag ist), versammelte sich das ganze Volk, um zurückzukehren, und er sprach zu ihnen: Wenn einer Durst hat, komme er zu mir und trinke (um ihnen gleichsam die Wegzehrung zu geben). Und das Volk wurde gespalten, die einen waren für ihn, die andern gegen ihn. Und als die, welche von den Pharisäern gesandt waren, ihn mit solcher Kraft reden hörten, konnten sie sich nicht ent­schließen, ihn zu ergreifen, und entschuldigten sich bei den Pharisäern. die ihnen Vorwürfe machten, mit den Worten: »Noch nie hat ein Mensch so gesprochen«. Und um ihnen diesen Glauben zu nehmen, sagten ihnen die Phari­säer, dass seine Rede zwar das Volk verführen könne, dass aber keiner der Pharisäer und Schriftgelehrten an ihn geglaubt habe, und dass sie darum der Einfalt eines unwissenden Volkes nicht nachgeben dürften. Und dass man es in der ganzen Schrift nicht finde, dass ein Prophet aus Galiläa kommen solle.

116. Am Abend zog er sich auf den Berg zurück, und als er am Morgen des folgenden Tages in den Tempel kam, entließ er das Weib, das beim Ehebruch ertappt worden war, ohne sie zu verdammen, indem er mit dem Finger auf die Erde schrieb und sprach: »Wer ohne Sünde ist, der werfe den ersten Stein auf sie«. Dann sagte er in der Schatzkammer des Tempels, dass er das Licht der Welt sei, und noch verschiedene andere Dinge. Aber niemand ergriff ihn, weil seine Stunde noch nicht gekommen war, obgleich er sie bis zum Übermaß reizte, indem er ihnen sagte, sie seien Kinder des Teufels und nicht Abrahams; dass Abraham gezittert hätte vor Sehnsucht, ihn zu sehen: und so nahmen sie in ihrer Erbitterung schließlich Steine, um ihn zu steinigen. Aber er verließ den Tempel und verbarg sich.

117. Und während er wegging, heilte er den Blindgeborenen. Die Pharisäer befragten den, an dem das Wunder geschehen war, und als sie sahen, dass er hartnäckig die Wahrheit bekannte, warfen sie um aus dem Tempel hinaus. Jesus nahm ihn auf und fragte ihn, ob er an den Sohn Gottes glaube und erklärte ihm, dass er es sei, und dass er gekommen sei, den Blinden das Gesicht zu geben, das heißt denen, die ihre Blindheit erkennten, und um die Sehenden blind zu machen, das heißt die, welche nicht glaubten, dass sie blind seien.

118. Er lehrte sie verschiedene andere Dinge: das Gleichnis vom guten Hirten, vom Mietling und von den wahren Lämmern.

119. In dieser Zeit beauftragte Jesus 72 Jünger, sandte sie in alle die Orte, in die er selbst gehen musste, und lehrte sie beinahe die gleichen Dinge, die er vorher die Apostel gelehrt hatte.

120. Nach ihrer Rückkehr dankte er Gott in einer Verzückung des Geistes dafür, dass er diese Dinge den Weisen der Welt verborgen und den Kleinen geoffenbart habe.

121. Dann versuchte ihn ein Schriftgelehrter, und er belehrte ihn durch die Geschichte vom guten Samariter darüber, wer in Wahrheit sein Nächster sei.

122. Und als er weiterzog, kam er nach Bethanien, wo er die Ruhe Marias, die zu seinen Füßen saß, der Geschäftigkeit Marthas vorzog, die sich Unruhe machte, um ihm zu dienen, und sagte, Maria habe den besseren Teil erwählt; und nur eines tue not.

123. Während dieser Zeit belehrt er die Seinen und streitet mit den Pharisäern über verschiedene Dinge, die an anderer Stelle gesagt sind. Er weigert sich, das Erbe unter den beiden Brüdern zu teilen. Er sagt: »O ihr Menschen! Wer hat mich zum Richter oder Erbteiler über euch gesetzt«? Und gibt ihnen verschiedene Belehrungen, die gleichfalls bei an­deren Gelegenheiten berichtet werden.

124. In dieser Stunde bringt man ihm die Nachricht von den Galiläern, die Pilatus hatte töten lassen. Daraufhin ermahnte er alle Menschen zur Buße und offenbarte ihnen das Gleichnis vom unfruchtbaren Feigenbaum. Dann heilt er die Frau, die seit achtzehn Jahren gekrümmt war. Er lehrt die Gleichnisse vom Senfkorn und vom Sauerteig, die an anderer Stelle berichtet werden. Dann zieht er durch die Städte und Dörfer. Man fragt ihn nach der Zahl derer, die gerettet werden. Er fordert auf; durch das enge Tor einzutreten, denn wenn es einmal geschlossen sei, werde man vergeblich pochen.

125. Als man ihn am selben Tage bat, sich vor Herodes in acht zu nehmen, sagte er: »Saget diesem Fuchs, dass mein Ende nahe ist«. Und der Löwe vom Stamme Juda bestellte diesem Fuchse, dass er kühn nach Jerusalem hinaufgehe. Dann beklagt er sich über Jerusalem und ruft aus: »Jerusalem, Jerusalem, wie viele Male wollte ich deine Kinder versammeln, und du hast nicht gewollt«! Aber trotz ihres Widerstandes tat er es, sooft er es wollte.

126 . Als er an einem Sabbat bei einem Pharisäer zum Essen geladen war, heilte er einen Wassersüchtigen und zeigte durch ein Gleichnis, dass dies erlaubt sei. Er lehrte die Demut, und dass man die Armen einladen müsse und nicht die Reichen.

127. Dann fügte er das Gleichnis von dem Fest hinzu, des­sen Geladene sich unter drei verschiedenen Vorwänden entschuldigten, und zu dem dann alle möglichen Leute eingeladen wurden. Ferner das Gleichnis vom Turme und verschiedene andere Dinge, von denen die meisten auch bei anderen Gelegenheiten berichtet werden.

128 . Als die Pharisäer darüber murrten, dass er die Sünder zulasse, überzeugte er sie durch drei Gleichnisse: vom verirrten Lamm, von der verlorenen Drachme und vom verlorenen Sohn.

129. Dann lehrte er sie die Gleichnisse vom Verwalter, der bei seinem Herrn verklagt wird, vom bösen Reichen und andere Dinge, die zu anderen Zeiten berichtet werden.

130. Dann sagte er seinen Aposteln, es sei notwendig, dass die Ärgernisse kommen. Sie bitten ihn, dass er ihren Glauben mehre. Er sagt ihnen, wer nur ein Senfkorn davon habe, könne Wunder damit wirken; dass wir alle unnütze Knechte sind und so weiter.

131. Als er im Monat Dezember, am Feste der Tempelweihe, in Jerusalem an der Pforte Salomons war, wurde er gefragt, ob er der Christus sei; und da sie mit seiner Antwort nicht zufrieden waren, wollten sie ihn steinigen. Er fragt sie, für welche seiner guten Werke sie ihn steinigen wollten. Er entzog sich ihren Händen, begab sich in das Land jenseits des Jordans und blieb eine Weile an dem gleichen Ort, wo Johannes getauft hatte.

132. Und während er jenseits des Jordans war,

133. kamen die Juden in Scharen zu ihm. Er belehrte sie über die Unauflöslichkeit der Ehe,

134.
über die Scheidung, über die, welche um des Himmelreiches willen verschnitten sind.

135. Er verbietet, die Kinder von ihm zu entfernen, nimmt sie in seine Arme und küsst sie.

136. Und als er von da wegging, fragte ihn ein vornehmer Jüngling, was er tun müsse, um das ewige Leben zu haben, und kehrt traurig zurück, nachdem er den Rat empfangen hat, seine ganze Habe zu verkaufen und sie den Armen zu geben.

137. Daraufhin erklärt er, wie schwer es sei, dass ein Reicher gerettet werde. Und er bricht über diese Schwierigkeit in einen Ruf der Verwunderung aus.

138. Und spricht von der Belohnung, die denen zuteil werde, die um seinetwillen alles verlassen.

139. Dann lehrt er, dass manche Ersten die Letzten sein werden und umgekehrt.

140. Er bekräftigt das mit dem Gleichnis von den Arbeitern, die zu verschiedenen Stunden gemietet werden.

141. Und als er sich dann an der Grenze Judäas befand, erfuhr er von der Krankheit des Lazarus; und nachdem er sie erfahren haue, blieb er dort zwei Tage, ohne aufzubrechen. Dann begab er sich nach Bethanien, wo er fand, dass Lazarus schon seit vier Tagen tot war. Er weint und fordert von Martha die Anerkennung, dass er der Sohn Gottes ist. Er betet und erweckt den Lazarus, der schon roch. Da dieses Wunder mehrere Personen zum Glauben bekehrte, weil Lazarus ein bekannter und angesehener Mann war, und da Bethanien in der Nähe von Jerusalem lag, fürchteten ihn die Pharisäer. Und da ihr Hass auf ihn noch größer wurde, weil sie Anlass hatten zu fürchten, dass das Volk ihm wegen dieser Wunder nachfolgen werde, beschlossen sie, ihn zu ergreifen und zu verderben. Kaiphas selbst prophezeit, weil er der Hohepriester war, und sagt, es sei gut, dass er für das Volk stürbe. Und Jesus zog sich nach Ephraim zurück.

142. Als das Osterfest nahe war, machte Jesus sich auf den Weg, um nach Jerusalem zu ziehen. Unterwegs begegnet er zehn Aussätzigen, von denen einer ein Samariter ist. Er heilt sie alle, aber nur der Sarnariter dankt ihm.

143. Unterwegs rief er die Zwölf und sagte ihnen, dass man ihn verhöhnen, geißeln, bespeien und ans Kreuz schlagen werde, und dass er sterben und am dritten Tage wieder auferstehen werde.

144. Aber sie verstanden diese Rede nicht.

145. Im Gegenteil: Als die Söhne des Zebedäus daraus erkannten, dass sein Reich nahe sei, baten sie ihn durch ihre Mutter, dass er den einen von ihnen zu seiner Rechten, den anderen zu seiner Linken sitzen lasse.

146. Als die zehn anderen über diesen Ehrgeiz unwillig wurden, rief Jesus sie alle zu sich und sagte ihnen, dass die, welche unter ihnen die Größten sein wollten, die Kleinsten sein würden.

147. Und während er sich Jericho näherte, gab er einem Blinden das Gesicht wieder.

148. Nach diesen Reden kamen sie nach Jericho.

149. Als er durch die Stadt zog, versuchte Zachäus ihn zu sehen, indem er auf einen Feigenbaum stieg, weil er zu klein war. Jesus ruft ihn, und er wird von ihm mit Freuden empfangen; und Jesus lehrt ihn das Gleichnis von den zehn Minen, die den zehn Knechten gegeben werden, usw.

150. Dann verließ er Jericho und heilte auf dem Wege zwei Blinde, von denen einer Barthimäus hieß.

151. Am 9. März, sechs Tage vor Ostern, kam Jesus nach Bethanien, wo er bei Simon dem Aussätzigen speiste, wo Maria ihn mit ihrem Salböl salbte; und als die Jünger darüber murrten, wurden sie getadelt; Judas aber nahm Ärgernis daran und beschloss, ihn den Pharisäern zu überliefern.

152. Und die Ältesten und Hohepriester beschlossen von da an, ihn und den Lazarus zu töten, weil viele Menschen um seinetwillen Jesus folgten.

153. Am folgenden Tage, das heißt am Dienstag, dem 10. März, an dem man das zum Opfer bestimmte Osterlamm zu wählen und zur Opferstätte zu führen pflegte, um es dort bis zum 14. des Monats zu bewahren, wollte Jesus, das wahre Gotteslamm, das für die Sünden der Welt geopfert werden musste, die wahre Erfüllung dieses Vorbil­des im Gesetz. sich am gleichen Tage nach Jerusalem begeben. das der für seine Opferung bestimmte Ort war, um daselbst bis zum 14. zu bleiben, an welchem Tage er geopfert werden sollte. Und auf dem Wege dahin kam er an Betphage beim Ölberg vorüber, von wo er aussandte, eine Eselin und ein Eselsfüllen zu suchen.

154. Seine Jünger aber verstanden seine Absicht nicht.

155. Und Jesus bestieg die Eselin, und das ganze Volk breitete Gewänder und Palmzweige auf den Weg und rief: Hosianna! Unter diesen öffentlichen Zurufen zog er am Ölberg vorüber.

156. Und die Pharisäer, die über diesen allgemeinen Jubel, dessen sie nicht Herr werden konnten, ärgerlich waren, baten Jesus, ihnen Einhalt zu gebieten; er aber sagte ihnen: wenn diese schwiegen, dann würden die Steine rufen.

157. Als die Pharisäer diese Zurufe nicht verhindern konnten‚ waren sie in der größten Verlegenheit.

158. Mittlerweile näherte er sich in diesem Aufruhr der Stadt Jerusalem; und als er näher kam, weinte er über die Stadt, weil sie die Zeit ihrer Heimsuchung und das, was ihrem Frieden diente, nicht erkannt hatte. Und er sagte die Zerstörung der Stadt (nämlich durch Titus und Vespasian) voraus.

159. Schließlich betrat er Jerusalem.

160. Unterdessen wollten die Heiden ihn sehen und bedrängten darum die Apostel. Er erteilt ihnen verschiedene Belehrungen, die bei anderen Gelegenheiten berichtet wer­den. Und eine Stimme aus dem Himmel antwortete seinem Gebet und sprach: »Ich habe ihn verherrlicht und werde ihn abermals verherrlichen.«. Jesus sagt, dass er nicht um seinet-, sondern um ihretwillen gekommen sei. Jesus sagt seinen Tod voraus und ermahnt sie, voranzuschreiten, solange ihnen das Licht noch scheint. Aber trotz all dieser Zeichen glaubten sie nicht an ihn. Allerdings glaubten sogar einige der Hohenpriester an ihn. Aber sie fürchteten sich und zogen die Ehre der Menschen der Ehre Gottes vor.

161. Und als es Abend geworden war, verließ Jesus sie und begab sich mit den Aposteln nach Bethanien.

162 . Am folgenden Tage, am Montag, dem 11. März, begab sich Jesus in die Stadt; und als ihn unterwegs hungerte, suchte er Feigen auf dem Feigenbaum, aber er fand darauf keine denn es war nicht die Zeit — und verfluchte ihn.

163. Er betrat die Stadt und begab sich in den Tempel, aus dem er die Händler vertrieb.

164. Und er heilte die Blinden und Lahmen und antwortete auf das Murren der Schriftgelehrten.

165. Und als der Abend kam, zog er sich nach Bethanien zurück.

166. Am folgenden Tage, am Dienstag, dem 12. März, kamen die Apostel abends an dem Feigenbaum vorüber und wunderten sich, als sie ihn vertrocknet sahen. Darauf belehrte er sie über die Macht des Gottesglaubens.

167. Und als er den Tempel betrat, wurde er gefragt, woher er seine Macht habe; darauf antwortete er mit einer anderen Frage: woher Johannes die Seine habe.

168. Dann erzählte er das Gleichnis von den beiden Söhnen, die das Gebot ihres Vaters empfangen hatten.

169. Dann erzählte er ihnen das Gleichnis von den Arbeitern, die den Erben des Weinbergs töteten.

170. Danach erklärte er ihnen das Gleichnis vom Eckstein.

171. Da alle diese Gleichnisse den Juden zu verstehen gaben, dass er gegen sie spreche und die Übertragung des Gottesreiches [an die Heiden] voraussage, wurden sie zornig, wagten es aber nicht, Hand an ihn zu legen.

172. Und Jesus setzte seine Gleichnisse fort und erzählte ihnen von dem Feste, dessen Geladene sich unter drei verschiedenen Vorwänden entschuldigten, wovon an anderer Stelle berichtet wurde. Aber er fügt noch hinzu, dass einer der Geladenen sein Hochzeitsgewand nicht angelegt hatte.

173. Als die Schriftgelehrten und Pharisäer zu der richtigen Erkenntnis kamen, dass sie ihn mit der Auslegung der Schriften nicht fangen könnten, versuchten sie es mit der Politik, um ihn den Händen des Statthalters ausliefern zu können.

174. So befragten sie ihn über die dem Kaiser geschuldete Steuer. Er aber bringt sie durch seine Antwort in Verlegenheit, woraufhin die Sadduzäer ihn noch einmal in der Religion versuchen wollten und ihm eine Streitfrage bezüglich der Ehen nach der Auferstehung vorlegten; er löste sie leicht und stellte ihnen eine andere Frage: ob der Christus Sohn Davids sei, und machte die verborgenen Laster der Schriftgelehrten offenbar.

175. Und von da an wagte es niemand mehr, ihn zu fragen.

176. Dennoch gebietet er, auf die Schriftgelehrten zu hören, wie böse sie auch seien, denn sie sitzen auf dem Stuhle des Moses. Er verbietet es allen, sich Meister nennen zu lassen, und verbietet es, irgend jemanden Vater zu nennen, und richtet acht Verwünschungen wider sie.

177. Nach dieser Rede setzt er sich neben den Opferstock und gibt dem Almosen der Witwe den Vorzug vor der Gabe der Reichen.

178. Während die Jünger den Tempel verlassen, bewundern sie seine Bauart; er aber sagt den Untergang des Tempels voraus.

179. Und als er auf dem Ölberge angekommen war, setzte er sich dem Tempel gegenüber nieder. Da befragten ihn seine Jünger über die Zeichen seiner letzten Wiederkunft. Er gibt ihnen eine ausführliche Erklärung und ermahnt alle Menschen, zu wachen und zu beten. Er lehrt sie, dass man immerdar beten müsse, um diesen Übeln zu entgehen und bekräftigt seine Vorschrift durch das Gleichnis vom ungerechten Richter, der von der Witwe belästigt worden war; er sagt, man müsse in Demut und mit einem aufrichtigen Gefühl für seine Bedürftigkeit beten, und bekräftigt das durch das Gleichnis vom Pharisäer und Zöllner,

180. durch das Gleichnis von den zehn Jungfrauen, und das von den Talenten, die den Knechten gegeben wurden, da­mit sie Gewinn daraus schlügen.

Und er beschließt diese Rede, indem er die Form des Jüngsten Gerichtes erklärt.

181. Er verbringt die ganze Nacht auf dem Ölberg.

182. Am Mittwoch, dem 13. März, verkündet er am Morgen, dass man nach zwei Tagen das Osterfest feiern müsse, das heißt, dem Gesetz entsprechend, in der Nacht zwischen Donnerstag und Freitag, zwischen dem 14. und 15. März.

183. Am gleichen Tage fuhr der Satan in Judas Ischarioth; er ging zu den Hohepriestern, die alle Mittel suchten, Jesus zu ergreifen, und machte einen Handel mit ihnen, um ihn auszuliefern.

184. Am Donnerstag, dem 14. März, am ersten Tage der ungesäuerten Brote, da man das Osterlamm opfern musste, da Jesus das Osterlamm aß, um dem Gesetze zu gehorchen, und sein Ostern einsetzte, um das Gesetz zu erfüllen, da er selbst geschlachtet und geopfert wurde (das heißt in der Nacht zwischen Donnerstag und Freitag) — entsendet er zwei seiner Jünger, ihm das Osterfest zu bereiten, und nennt ihnen als Zeichen für den Ort, wohin er gehen müsse, einen Mann, der einen Wasserkrug trage.

185. Am Abend, als die Stunde gekommen war,

186. Jesus mit seinen Jüngern das Osterlamm.

187. Er offenbart ihnen seine große Sehnsucht, dieses Osterlamm mit ihnen zu essen.

188. Nach dem Mahle wäscht er ihnen die Füße; Petrus sträubt sich zunächst, dann gibt er nach.

189. Dann setzt er ein und übergibt ihnen das Sakrament seines Leibes und seines Blutes, und sagt ihnen, dass er nicht mehr davon trinken werde, bis er im Reiche Gottes abermals davon trinken werde.

190. Dann kam eine Unruhe über seinen Geist.

191. Und sagte voraus, dass Judas ihn verraten werde.

192. Und dass es für diesen Menschen besser sei, er wäre nicht geboren worden. Johannes ruht an der Brust Jesu.

193. Judas fragt ihn, ob er ihn meine. Jesus bejaht es.

194. Und als Judas den eingetunkten Bissen genommen hatte, fuhr der Teufel in ihn. Dieser Bissen war nicht der Leib des Herrn, denn den hatte er schon empfangen. (Augustinus, Tract. 62.)

Und Jesus sprach zu ihm: »Was du tun willst, das tue bald«. (Er gebot es ihm nicht, sondern erlaubte es ihm, so wie er zu den Juden gesagt hatte: »Reißet den Tempel nieder, ich werde ihn wieder aufbauen«. Und wie Elisäus zu denen gesagt hatte, die sich weigerten, den Elias zu suchen: »Lasset ihn suchen«. Und wie Cyprian, zum Sterben bereit, gesagt hatte: »Tue rasch, was dir aufgetragen ist«. Denn Jesus ließ Judas gewähren, damit er den Verrat begehen könne, aber er bewirkte nicht, dass er ihn begehen wolle.)

195. Judas geht hinaus, und sogleich sagt Jesus, dass er jetzt verherrlicht werde, und Gott in ihm, und dass Gott ihn abermals verherrlichen werde.

196. Und er gab ihnen das neue Gebot gegenseitiger Liebe, als Kennzeichen und Siegel des Christentums.

197. Dann sagte er ihnen voraus, dass sie alle in dieser Nacht an ihm Ärgernis nehmen würden, dass er aber auferstehen werde, und dass er in Galiläa vor ihrem Angesichte wandeln werde.

198. Daraufhin streiten sie untereinander über den Vorrang (vielleicht weil sie, wie vor kurzem, glauben, dass sein Reich nahe sei).

199. Jesus tadelt sie und sagt ihnen, der Größte werde der Geringste sein.

200. Aber nichtsdestoweniger gibt er Petrus den Vorzug (vielleicht weil er nicht zu denen gehörte, die nach dem Vorrang strebten) und wendet sich an ihn und spricht: »Simon, Simon, siehe, Satan hat gebeten, euch sieben zu dürfen wie den Weizen, ich aber habe für dich gebetet, damit dein Glaube nicht schwach werde«. Damit wollte er ihm zu verstehen geben, dass seine Standhaftigkeit im Glau­ben eine Gabe Gottes sei und nicht eine reine Wirkung seiner eigenen Kraft.

201. Petrus aber, der erfüllt war von Gefühlen, welche die Natur uns einflößt und der den Heiligen Geist noch nicht empfangen hatte, vertraute auf seine eigene Kraft und sagte ihm, wenn auch die anderen ihn verließen, er würde ihm überallhin folgen. Jesus aber sagte ihm seine dreifache Verleugnung voraus. Dann befiehlt er ihnen, Beutel und Degen zu tragen und sagt dann noch einmal seinen Tod voraus.

202. Petrus und die anderen beteuern hartnäckig ihre Treue.

203. Zum Abschied bereit, tröstet und bestärkt Jesus schließ­lich zum letzten Male seine Apostel; er eröffnet ihnen große Geheimnisse: das Kommen des Trösters, des Heiligen Geistes; seinen Sieg über den Fürsten der Welt. Mit dieser großen Rede nimmt er seinen Abschied von ihnen.

204. Er krönt diesen Abschied durch jenes wunderbare Gebet, mit dem er sich an Gott wendet, um sie seiner Vorsehung zu empfehlen, wenn er nicht mehr da wäre. Und er betet nicht nur für sie, sondern für alle, die an das Evangelium glauben. Aber er betet nicht für die Welt.

205. Er verließ das Haus, um auf den Ölberg zugehen, und nachdem er den Bach Kedron überschritten hatte,

206. kam er in den Garten Gethsemane.

207. Er ließ seine Jünger zurück und begab sich auf den Ölberg, wie er es gewohnt war.

208. Er nimmt Petrus, Jakobus und Johannes mit sich, und da er traurig ist, sagt er ihnen, dass seine Seele betrübt sei bis zum Tode.

209. Er entfernt sich ein wenig von ihnen,

210. etwa einen Steinwurf weit.

211. Er betet.

212. Mit dem Antlitz auf der Erde.

213. Dreimal.

214. Jedes Mal geht er zu seinen Jüngern und findet sie schlafend.

215. Der Engel tröstet ihn (in der Verlassenheit von allem göttlichen und menschlichen Troste, die über seine menschliche Natur gekommen war...). Und er schwitzt Blut in diesem Kampfe.

216. Judas nähert sich mit seiner Truppe.

217. Jesus wirft sie alle mit einem Worte um.

218. Judas küsst ihn, und Jesus liefert sich aus. Petrus schlägt dem Malchus ein Ohr ab. Jesus tadelt ihn dafür

219. und heilt den Malchus.

220. Als Jesus sich überliefert hat, bittet er, man möge die Seinen gehen lassen.

221. Jesus wird fortgeführt und die Jünger fliehen. Und es folgt ihm ein junger Mann, der nackt war, bis auf ein Laken; man will ihn ergreifen. Er lässt sein Laken zurück und entflieht nackt.

222. Jesus wird zuerst vor Annas geführt.

223. Dann vor Kaiphas; Petrus folgte ihm in der Ferne.

224. Auch Johannes folgte ihm, denn er hatte einen Bekannten beim Hohenpriester und konnte darum ohne Schwierigkeit eintreten; er brachte auch den Petrus mit.

225. Auch Petrus tritt ein und wärmt sich, denn es war kalt.

226. Jesus wird über seine Lehre und über seine Jünger ausgefragt.

227. Er bekommt einen Backenstreich und beklagt sich.

228. Mittlerweile beraten sich die Hohenpriester und lassen falsche Zeugen gegen Jesus auftreten.

229. Jesus erwidert nichts auf ihre falschen Aussagen.

230. Da diese Zeugnisse nicht ausreichten und sich überdies widersprachen, überlegten die Hohenpriester und Kaiphas die ganze Nacht und beschlossen, ihn zu dem Geständnis zu bringen, dass er der Christus sei, um ihn auf sein eigenes Wort hin zu verdammen.

231. Während diese Dinge im Rate vor sich gingen, befand Petrus sich im Hofe, wo er beim Schein des Feuers von den Mägden erkannt wurde und Jesus leidenschaftlich verleugnete.

232. Sogleich kräht der Hahn; er geht hinaus und weint bitterlich,

233. nachdem Jesus ihn angesehen hatte (das heißt innerlich, denn Jesus und Petrus befanden sich an verschiedenen Orten, von wo aus sie sich nicht sehen konnten. — Ambrosius).

234. Mittlerweile schmähen und verhöhnen ihn die Soldaten.

235. Am Freitagmorgen, am 15. März, lassen ihn Kaiphas und die anderen, ihrem Entschluss gemäß, vor den Rat bringen und fragen ihn, ob er der Christus sei; Jesus gibt es zu und wird zum Tode verurteilt.

236. Dann wird er von den Soldaten bespuckt, verhöhnt, gegeißelt und verspottet.

237. Dann wird er gebunden vor Pilatus, den Statthalter, gebracht.

238. Wie Judas sieht, dass Jesus verurteilt ist, erfasst ihn die Reue, und er wirft sein Geld weg; man kauft dafür den Acker eines Töpfers zu einer Begräbnisstätte für die Fremden, und er erhängt sich.

239. Pilatus fragte die Juden, wofür sie Jesus anklagen. Die Hohenpriester, die sich zu Richtern über ihn gemacht hatten, wollten nicht als seine Ankläger auftreten. Aber Pilatus wollte ihn nicht verurteilen, ohne zu wissen warum.

240. Schließlich wurden sie gezwungen, ihn anzuklagen, und sie legten ihm mehrere Verbrechen zur Last; zum Beispiel: er habe das Volk aufwiegeln wollen, indem er sich König nannte.

241. Als ihn Pilatus daraufhin fragt, ob er König sei, gibt er es zu.

242. Er sagt aber, sein Reich sei nicht von dieser Welt.

243. Als Pilatus sah, dass sein Anspruch weder der irdischen Regierung noch der Autorität des Kaisers widerspreche, sagte er, dass er keine Schuld an ihm finde.

244. Als die Juden, die seinen Tod wollten, sahen, dass diese erste Anklage nicht ausreiche, fügten sie andere hinzu — in formlosem Tumult und mehr im Zustande des Aufruhrs als in dem einer geordneten Gerechtigkeit. Aber Jesus antwortete darauf nichts mehr.

245. Und Pilatus bewunderte seine Zurückhaltung.

246. Schließlich bestehen sie auf der Anklage, er habe das Volk aufwiegeln wollen; und um ihrer Anklage den Anschein der Glaubwürdigkeit zu geben, sagen sie, er habe von Galiläa aus angefangen; und sowie Pilatus erkannte, dass Jesus zum Machtbereich des Herodes gehöre, der sich damals in Jerusalem befand, schaffte er ihn sich vom Halse und sandte ihn zu Herodes. Herodes empfing ihn mit Freuden, denn er wollte ihn sehen und hören und ihn bewegen, ein Zeichen zu vollbringen; Jesus aber sagte nichts; da verachtete ihn Herodes, ließ ihn in ein weißes Gewand kleiden und sandte ihn zu Pilatus zurück, um ihn lächerlich zu machen. Und Herodes und Pilatus wurden Freunde: der zeitliche Grund dafür ist, dass sie einander bei dieser Gelegenheit eine höfliche Ehrerbietung bezeugt hatten; aber der mystische Grund dafür ist, dass Jesus, bevor er in seiner Person diese beiden Völker, die Juden und Heiden, versöhnte, indem er in seiner Person und durch sein Kreuz ihre Feindschaft zerstörte, ein Zeichen dieses Friedens aufstellen wollte, indem er bei Gelegenheit seines Leidens diese beiden zu freundschaftlicher Versöhnung brachte.

247. Als Pilatus sah, dass Herodes Jesus nicht verurteilt hatte, sagte er zu den Juden, dass auch er ihn nicht verurteilen werde, sondern ihn nach einer leichten Strafe freilassen werde.

248. Und als das Volk sich widersetzte und seinen Tod verlangte, versuchte er ein anderes Mittel, ihn freizulassen, indem er sie auf die Sitte hinwies, nach der ihnen am Osterfeste ein Gefangener freigegeben wurde. Und zu diesem Zweck ließ er ihnen die Wahl zwischen Jesus und Barrabas, einem Mörder, in der Hoffnung, sie würden sich für Jesus entscheiden.

249. Da die Hohenpriester den Erfolg dieser List befürchteten, forderten sie nachdrücklich den Barrabas;

250. (während Pilatus unterdessen auf seinem Richterstuhle sitzt, bedrängt ihn sein Weib, sich mit dieser Sache nichts zu schaffen zu machen.)

251. Und so verlangte das ganze Volk wie mit einer Stimme die Freilassung des Barrabas und den Tod Jesu.

252. Und als Pilatus mit seinem Plan, ihn freizulassen, keinen Erfolg hatte, ließ er ihn geißeln, um Mitleid für ihn zu wecken.

253. So wurde er den Soldaten ausgeliefert, seiner Gewänder beraubt, in Purpur gekleidet, mit Dornen gekrönt, und ein Rohr wurde in seine Hand gegeben.

254. In diesem Zustande stellt Pilatus ihn dem Volke vor, um es zu erweichen.

255. Aber bewogen durch ihre falsche Frömmigkeit und durch das leidenschaftliche Betreiben der Priester, häufen sie wider ihn Anklage auf Anklage und sagen zu Pilatus, er habe sich zum Sohne Gottes gemacht und verdiene dadurch den Tod. Pilatus befragt ihn darüber, aber Jesus antwortet nicht. Pilatus sagt ihm, er habe über ihn die Macht über Leben und Tod und drängt ihn durch diese Erwägung, ihm zu antworten. Jesus sagt ihm, dass er diese Macht von oben habe. Da Pilatus keine Schuld an ihm finden kann, bemüht er sich mehr denn je, ihn freizugeben.

256. Er trat dreimal vor die Juden hin, um das Volk zu beruhigen, denn er sah klar, dass sie ihn nur aus Neid ausgeliefert hatten. Aber es war vergeblich.

257. Pilatus konnte sich indessen nicht entschließen, ihn auf ihre Anklagen hin zu verurteilen. Und als sie sahen, dass die Sache der Religion, die sie anstachelte und von der die Priester besessen waren, Pilatus nicht bewegen könne, eine solche Ungerechtigkeit zu begehen, reizten sie ihn durch einen Hinweis auf seinen eigenen Vorteil, und sagten ihm, er könne dem Zorne des Kaisers nicht entgehen, wenn er Jesus freilasse, denn er habe es versucht, sich zum König zu machen. Diese Erwägung überzeugte den Pilatus. Aber nichtsdestoweniger setzte er sich auf seinen Richterstuhl und bemühte sich noch einmal um die Freilassung Jesu. Aber das Volk hielt ihm ohne Unterlass vor, dass es keinen andern als König anerkenne als den Kaiser.

258. Und als die Stimme des Volkes, die den Tod Jesu verlangte, immer mächtiger wurde,

259.
nahm Pilatus Wasser und wusch sich seine Hände vom Blute dieses Gerechten; das Volk aber rief, dass sein Blut über es und seine Kinder kommen möge.

260. Daraufhin verurteilt ihn Pilatus, um sich das Volk geneigt zu machen, und liefert ihn aus, damit er gekreuzigt werde.

261. Da ergriffen sie Jesus und führten ihn, beladen mit seinem Kreuze, aus der Stadt hinaus.

262. Und als sie außerhalb der Stadt waren, fanden sie einen Mann namens Simon von Kyrene, und zwangen ihn, das Kreuz Jesu zu tragen.

263. Es zog ihm eine Menge Volkes nach, darunter Frauen, die über ihn weinten; er sagte ihnen, sie sollten über sich selbst weinen, und sagte ihnen die Leiden voraus, die über sie kommen würden.

264. Und als sie auf dem Kalvarienberg angekommen wa­ren, gaben sie ihm Essig zu trinken,

265. gemischt mit Galle; und als er davon gekostet hatte, wollte er nicht mehr davon trinken.

266. Um die Mittagsstunde, oder um sechs Uhr nach der Zeitrechnung der Juden, wurde er ans Kreuz geschlagen.

267. Während man seine Hände und Füße durchbohrte, betete er für seine Henker.

268. Mittlerweile bedeckte sich die Erde mit Finsternis: von der Mittagsstunde bis drei Uhr.

269. Man bringt an seinem Kreuz die Urkunde seiner Verurteilung an: J. N. R. J.

270. Da Pilatus diese Inschrift verfasst hatte, wollte er sie nicht ändern.

275. Um seine Schmach zu vergrößern, kreuzigte man ihn zusammen mit zwei Räubern zu seinen beiden Seiten.

272. Die Soldaten verteilten seine Gewänder und warfen das Los darüber.

273 . Sie machten vier Teile daraus, damit jeder seinen Anteil bekäme, und da sein Mantel ohne Naht war, warfen sie das Los darüber.

274. Das Volk, die Hohenpriester selbst, die ihn betrachteten, und die Soldaten verhöhnten ihn in seinem Todeskampfe.

275. Die Vorübergehenden, der Hohepriester

276. und die beiden mit ihm gekreuzigten Räuber — sie alle lästerten ihn.

277. Aber der eine von den beiden Räubern wird plötzlich von Reue erfasst, und während der andere ihn weiter lästert, tadelt er ihn, erkennt Jesus an und bittet ihn, sich seiner zu erinnern. Und Jesus verheißt ihm, dass er noch an diesem Tage mit ihm im Paradiese sein werde.

278. Er empfiehlt seine Mutter dem Jünger, den er liebte.

279a. Und ungefähr um die dritte Stunde, oder nach der Zeitrechnung der Hebräer um die neunte Stunde, rief Jesus: »Eh, Eh, lama sabachtani« ? — das heißt: »Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen«? — nämlich in seiner menschlichen Natur, die ohne Trost allen Peinigun­gen der Henker und seiner Feinde ausgeliefert war. Er wendet sich an Gott, um nach der Ursache dieser Verlassenheit zu fragen; und so sehen wir, dass es die Sünde der Menschen war, die er in seinem unschuldigen Fleische sühnte. Nichts­destoweniger wird diese Sünde von den Menschen nicht recht erkannt, denn ihr Grauen wird nur von Gott allein voll erkannt. Und selbst dieses Wort können wir als ein Gebet verstehen, das Jesus an den Vater richtete, damit er des Zweckes gedenke, um dessentwillen er ihn betrübt und verlässt — als ob er sagen wollte: Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen? Du weißt, mein Gott, dass du es getan hast um des Heiles der Welt willen, lass also die Frucht dieses Opfers dem Menschengeschlecht zugute kommen, für das du sie bestimmt hast. So sind diese Worte voller Hoffnung und nicht voller Verzweiflung, denn er sagt: Mein Gott, mein Gottl — nun ist aber Gott weder der Gott der Toten noch der Gott der Verzweifelten.

279b. Er sagt auch: Ich habe Durst.

280. Da machen die Soldaten aus diesen Geheimnissen einen Spott, reichen ihm Essig

281. und sagen, er rufe den Elias.

282. Und nachdem Jesus von dem Essig gekostet hatte, sprach er: »Alles ist vollbracht«, das heißt alles, was er in diesem Leben vollbringen musste.

283. Und abermals rief Jesus

284. mit lauter Stimme: In manus (in deine Hände etc.)

285. Und neigte sein Haupt.

286. Und gab seinen Geist auf; in die Hände seines Vaters, dem er ihn anbefohlen hatte, und starb — nicht durch natürliche Notwendigkeit. sondern durch seinen eigenen Willen, was einmal daraus erhellt, dass er es selbst gesagt hat, und dann durch die Weise, wie er gestorben ist: durch seinen Schrei, der nicht natürlich sein konnte, denn die, welche vor Schwäche sterben, verlieren die Stimme lange Zeit vorher; er aber rief im Augenblick des Todes mit lauter Stimme. Auch der Hauptmann erkannte ihn an diesem Zeichen als den Sohn Gottes. Als er sein Haupt neigte, tat er es durch seinen Willen und aus voller Macht, während es die anderen Menschen nach dem Tode aus Schwäche tun. Er wartete, bis alle Dinge vollbracht seien, und dann starb er.

287. Dann wirkte er, den man kurz vorher herausgefordert hatte, Wunder zu wirken, Wunder nach seinem Tode. Denn die Sonne verfinsterte sich.

288. Der Vorhang des Tempels riss mitten entzwei, von oben bis unten.

290. Die Erde erbebte, die Gräber öffneten sich, die Leiber der Toten wurden lebendig nach der Auferstehung des Herrn, betraten die heilige Stadt und erschienen mehreren — sie wurden aber auferweckt nach dem Herrn um der ewigen Herrlichkeit willen, denn er ist der Erstling der Toten —‚ und sie erschienen denen, die würdig waren, verklärte Leiber zu sehen, um ihnen die Wahrheit der Auferstehung des Herrn zu bestätigen; um ihnen die Hoffnung, das Unterpfand und die Gewissheit der allgemeinen Auferstehung zu geben, von der sie die Vorläufer waren und Jesus der Urheber.

291. Der Hauptmann erkannte ihn als den Sohn Gottes, weil er ihn sterben sah und im Sterben rufen hörte.

292. Und weil er alle die Wunder sah, die seinem Tode folgten.

293. Und die Soldaten, die ihn bewacht hatten, kehrten zurück, bekehrt durch dieses Schauspiel, und schlugen an ihre Brust.

294. Indessen verlangen die Juden wegen des Sabbats, dass man den Gekreuzigten die Knochen zerbreche, damit sie vor dem Sabbat stürben; das geschah mit den Räubern, aber nicht mit Jesus, denn er war bereits tot und war durch seine Macht der des Henkers zuvorgekommen (Tertullian). Aber man durchbohrte ihm die Seite, aus der Blut und Was­ser flossen; denn man fürchtete, er wäre vielleicht noch nicht ganz tot. Das war ein großes Wunder, denn nach dem übereinstimmenden Urteil der Ärzte kann aus einem Leichnam, wo man ihn auch durchbohre, kein Blut mehr fließen und Wasser noch viel weniger; aber nach dem Bericht des Evan­geliums und nach dem, was Papst Innozenz III. in seinem Dekret de celeb. miss, darüber erklärt, strömte wirkliches Wasser daraus hervor.

295. Als es Abend geworden war, bat Joseph von Arimathia Pilatus um die Erlaubnis, den Leichnam begraben zu dürfen.

296. Pilatus wunderte sich darüber, dass er so bald gestorben sei, und nachdem er sich bei dem Hauptmann darüber vergewissert hatte,

297. gab er seine Einwilligung.

298. Dann nahmen sie ihn vom Kreuze herab.

299. Und nachdem sie ein reines Leintuch gekauft hatten, salbten sie den Leichnam, hüllten ihn in das Leintuch und legten ihn in ein neues Grab, in dem noch nie jemand gelegen hatte,

300. Das in den Felsen eingehauen war; und vor den Eingang des Grabes wälzten sie einen Stein,

301. einen gewaltigen Stein.

302. Und Nikodemus brachte hundert Pfund Salböl.

303. Die Frauen beobachteten aus der Ferne, was vorging, sowie den Ort, wohin sie ihn legten.

304. Und sie bereiteten Salben, ruhten aber zunächst, weil der Sabbat schon begonnen hatte; sie hatten die Absicht, am übernächsten Tage nach dem Sabbat, das heißt am Dienstag, den Leichnam zu salben.

305. Am Ostertag der Juden, das heißt am Samstag, dem 16. März, fürchteten die Hohenpriester, die Jünger möchten den Leichnam stehlen und das Gerücht verbreiten, er sei auferstanden, und baten Pilatus um eine Wache für das Grab; Pilatus gab seine Einwilligung, und sie begaben sich selber hin, um das Grab zu versiegeln und die Wachen aufstellen.

306. Am Dienstag, dem 17. März, kauften Magdalena und die anderen Frauen noch mehr Salben;

307. Und am frühen Morgen gingen sie hin, um den Leichnam Jesu ­zu salben.

308. Unterwegs waren sie in Sorge, wie sie den Stein wegwälzen sollten, denn er war sehr groß.

309. Da erfolgte ein gewaltiges Beben der Erde, denn ein Engel stieg herab, wälzte den Stein hinweg und setzte sich darauf. Und die Wachen waren wie tot.

310. Und so fanden die Frauen, als sie an das Grab kamen, dass der Stein weggewälzt war.

311. Und der Engel sprach zu den Frauen und sagte ihnen, sie sollten sich nicht fürchten. Das bedeutet: die Wachen hatten Grund, seinen Anblick zu fürchten, denn es besteht kein Verhältnis zwischen ihnen und den himmlischen Geistern; die Frauen aber brauchten sich nicht zu fürchten, denn sie sehen in den himmlischen Geistern ihre Mitbrüder und Mitbürger. Und der Engel sagte ihnen, dass Jesus auferstanden sei; er ließ sie eintreten und zeigte ihnen den Ort, wo man ihn hingelegt hatte, und gab ihnen den Auftrag, hinzugehen und es den Jüngern und Petrus zu verkünden.

312. So fanden sie den Leib des Herrn nicht.

313. Diese Begebnisse erfüllen sie mit einer ungewissen Freude, die mit Furcht gemischt war.

314. Und wie sie in großer Bestürzung weggingen, sahen sie zwei Engel. Diese Erscheinung beunruhigte sie. Sie küssten das Angesicht der Erde. Die Engel sagten ihnen, dass Jesus auferstanden sei, dass es notwendig war, dass er starb und auferstand. Diese Worte rufen in das Gedächtnis dieser Frauen die Worte zurück, die Jesus während seines Lebens gesprochen hatte.

315 . Und so beruhigten sie sich und gingen hin, um den Aposteln, besonders aber dem Petrus und dem Johannes, die Nachricht zu überbringen.

316. Die Apostel halten den Bericht der Frauen für einen Traum.

317. Aber trotzdem eilen Petrus

318. und Johannes zum Grabe; Johannes kommt zu­erst an.

319. Und sie sahen den Leichnam nicht.

320. Dann bemerkte Petrus die Leinentücher, aber nicht den Leichnam.

321. Johannes betrat nach Petrus das Grab. Und als Johannes gesehen hatte, dass der Leichnam nicht mehr da war, glaubte er, er sei auferstanden; denn er kannte diese Wahrheit noch nicht durch den Glauben und durch die Schrift. Dann kehrten sie zurück.

322. Dann kam Maria weinend zum Grabe, und als sie sich niederbeugen wollte, um in das Grab zu schauen, erblickte sie zwei Engel, den einen zu Häupten, den anderen zu Füßen der Stelle, wo man Jesus hingelegt hatte; die Engel trösteten sie, und als sie zurückkehrte, erblickte sie Jesus in der Gestalt eines Gärtners.

323. Jesus sprach zu ihr: »Berühre mich nicht (denn ich habe jetzt eine viel größere Würde als vorher. Und wenn ich in Bälde die Frauen und dich selbst meine Füße berühren lasse, so wird es nur geschehen, damit ihr mich anbetet. Und wenn ich meine Hände berühren lasse, so wird es nur geschehen, um die Ungläubigen zu überzeugen), sondern gehe hin und verkünde meinen Brüdern, dass ich zu meinem Vater und ihrem Vater aufsteige, zu meinem Gott und ihrem Gott«. Er sagte nicht: zu unserem Vater und un­serem Gott, denn Gott ist für Jesus Christus auf andere Weise Vater und Gott als für uns; denn er ist Sohn von Natur und wir durch Adoption; und Gott ist sein Gott durch die Mitteilung seiner Göttlichkeit, und unser Gott durch die Mitteilung seiner Gnade.

324. Sie ging mit den anderen Frauen hin, um den Aposteln zu verkünden, dass sie den Auferstandenen gesehen habe, während sie das erste Mal nur gesehen hatte, dass der Leichnam nicht mehr da war.

325. Auf dem Wege kam ihnen Jesus entgegen; und zuerst warf sich Magdalena, die besser belehrt war, zu seinen Füßen, und dann, ihrem Beispiel folgend, die anderen; und sie beteten ihn an. Er gebietet ihnen, seinen Brüdern zu sagen, sie möchten nach Galiläa gehen, wo sie ihn sehen würden.

326. Unterdessen erzählten die Soldaten, die am Grabe aufgestellt waren, den Priestern, was geschehen war; die gaben ihnen Geld, damit sie sagen sollten, man habe, während sie schliefen, den Leichnam gestohlen.

327. Die Apostel glauben nicht an den Bericht der Frauen.

328. Dann erscheint Jesus dem Petrus

329. und den beiden Jüngern, die nach Emmaus gingen.

330. Er erklärt ihnen alle Schriftstellen, in denen von ihm die Rede ist. Aber sie erkennen ihn erst beim Brechen des Brotes, das heißt beim Essen seines Leibes (Augustinus, serm. 140 de temp. c. 3 und lib. 3 de consensu, c. 3v), weil ihnen dieses göttliche Sakrament aufs neue anbefohlen werden sollte und weil niemand daran zweifeln darf, dass die Teilnahme an diesem Sakrament uns in die Erkenntnis des Herrn einführt (Augustinus, Epist. 59, quaest. 8). Denn dieses Wort vom Brechen des Brotes bedeutet im Neuen Testament das eucharistische Mahl, was wir aus der Apostelgeschichte und aus den Briefen des heiligen Paulus ersehen: »Ist nicht das Brot, das wir brechen, die Teilnahme am Leibe des Herrn«?

331. Und die beiden Jünger gingen hin, es den anderen zu verkünden, die mit den übrigen in Jerusalem versammelt waren.

332. Aber sie glaubten es nicht.

333. Da erschien endlich, am Dienstag, als die beiden Jünger zurückkehrten,

334. Jesus selbst in ihrer Mitte.

335. Als sie am Dienstagabend aus Furcht vor den Juden die Türen verschlossen hatten, trat er ein, ohne die Türen zu öffnen — gegen die Meinung unserer Häretiker: denn es stand sehr wohl in der Macht dessen, der geboren wurde, ohne dass zuvor der mütterliche Schoß geöffnet wurde, durch verschlossene Türen einzutreten; denn für einen mit der Gottheit vereinigten Leib ist nichts undurchdringlich.

336. Er gab ihnen seinen Frieden und hauchte ihnen den Heiligen Geist ein durch seinen Atem, der dessen äußeres Symbol war und ein Zeichen dafür, dass er auch von ihm ausgeht (Augustinus, Cyrillus, Hilarius). Um aber zu zeigen, dass er ihnen den Heiligen Geist nicht ohne Maß gebe, sondern mit Maß, offenbarte er ihnen, zu welchem Zweck er ihnen den Geist gab, indem er sagte, sie sollten die Macht haben, Sünden nachzulassen und zu behalten.

337. Und weil sie zweifelten — nicht aus bösem Starrsinn, sondern aus einem Übermaß an Freude — und weil sie Mühe hatten zu glauben und ihn für einen Geist hielten, zeigte er ihnen seine Füße und Hände, an denen noch die offenen Narben waren, nicht mehr blutend, sondern geheilt (Augustinus, Cyrillus, Leo), die er in den Himmel zur Rechten des Vaters mitnehmen wollte, um sie vor ihm für alle Ewigkeit als den Preis unserer Freiheit und das ewige Zeichen seines Sieges darzustellen (Ambrosius). Denn sie sind keine Mängel, sondern Zeichen der Kraft.

Und er sagte ihnen, dass er es sei. Und weil sie noch immer zweifelten, aß er, um ihnen einen letzten Beweis zu geben; was er aß, wurde nicht in seine Substanz verwan­delt, sondern im Magen aufgezehrt, weil er es nicht mehr nötig hatte, zu essen; denn ein auferstandener Leib hätte nur eine unvollkommene Macht, wenn er nicht die Fähigkeit besäße zu essen, und er hätte nur eine unvollkommene Macht, wenn er es nötig hätte.

Thomas, der damals abwesend war, glaubte den zehn anderen nicht.

338. Acht Tage später, nämlich am Dienstag, dem 24. März, erschien Jesus den Elfen, während sie versammelt waren und die Türen geschlossen waren, und ließ seine Hände und seine Seite vom heiligen Thomas berühren; der glaubte daraufhin und sprach: »Mein Herr und mein Gott«, denn er erkannte die Gottheit und die Menschheit in der Person Jesu (Ambr.).

339a. Er verlieh ihnen die Taufformel und verkündete ihnen die Zeichen, die denen folgen, die glauben, das heißt die Wunder, durch die er ihre Verkündigung bestätigen und mit denen er den Glauben der Völker wecken werde; die Wunder, die er durch seine Kirche ebenso austeilen werde, wie er sie in seinem sterblichen Leibe ausgeteilt habe; das heißt: nicht gemeinhin an allen Orten, sondern an den Orten und zu den Zeiten, da es notwendig ist zum Heile der Kirche, welche die Krönung aller Wunder ist. Und so sind sie am Anfang häufig gewesen und dann selten, damit die Glut, welche die Neuheit entfacht hatte. nicht durch die Gewohnheit erkalte (Gregorius horn. 29 in Evang.). Diese Wunder können aber auch mystisch verstanden werden; sie sind sehr heilsam und nützlich, und nicht wie die des Moses.

339b. Dann erschien er den Sieben, die im Meere von Ti­berias fischten, und wirkte das Wunder vom Fischfang, bei dem das Netz nicht zerriss. Der heilige Augustinus weist hier auf die großen Geheimnisse hin, die in dem Un­terschied zwischen diesem Fischfang und jenem anderen liegen: dieser geschah nach der Auferstehung, jener vor der Auferstehung; jener bezeichnet den Zustand der Kirche vor der allgemeinen Auferstehung, dieser den Zustand der Kirche nach der allgemeinen Auferstehung. Dort werden die Netze nach allen Seiten aufs Geratewohl ausgeworfen. hier nur nach der rechten Seite; dort sind die zerrissenen Netze ein Sinnbild der Trennungen und Schismen, hier ist ihre Unversehrtheit das Sinnbild der Einheit; dort werden die Fische in zwei Fahrzeuge geworfen, nämlich in das der Heiden und das der Juden, die beide zum Untergang bestimmt sind; hier werden sie in den Hafen gebracht, nämlich in das Unterpfand der Ewigkeit. Dort werden die großen und die kleinen Fische gefangen, hier nur die großen. Dann folgt das Mahl, usw.

Johannes erkennt Jesus zuerst. Jesus fordert von Petrus ein dreifaches Bekenntnis seiner Liebe. Er vertraut ihm die Sorge über seine Schafe an, das heißt über die Schafe Jesu Christi, nicht über die Schafe Petri, und sagt ihm die Todesart voraus, die ihm bevorsteht und die ihn dahin führen wird, wohin er nicht gehen will. Das ist ein Sinnbild für den Willen der Natur und den der Gnade, für den Willen des äußeren und den des inneren Menschen, der in Jesus Christus als tot erschienen ist.

339c. Jesus erschien dann noch etwa fünfhundert Jüngern und dem Jakobus.

340. Endlich erschien er in Galiläa den Elfen, als sie sich zu dem Berge begaben, den er ihnen bezeichnet hatte. Er sagte ihnen, es sei ihm alle Macht im Himmel und auf Erden gegeben; das heißt nach der Sprechweise der Hebräer, die alles mit zwei Worten ausdrückt: die Macht über alles. Er sendet sie aus, um auf der ganzen Erde zu predigen und zu taufen, und verspricht ihnen, mit seiner Gnade, mit seiner Autorität und seinem Geiste bei ihnen zu sein bis ans Ende der Welt. Damit verspricht er zwei Dinge: einmal dass die Kirche nie zugrunde gehen wird, und dass es ihr nie an Hirten fehlen wird, womit er die Ordnung ihrer Verwaltung zeigen wollte. Zum andern, dass ihm nie die Erkenntnis der Wahrheit fehlen wird; denn wenn einer dieser beiden Punkte fehlte, wäre diese Verheißung wertlos (Hieronymus).

341. Am 26. April, vierzig Tage nach der Auferstehung, führte er sie nach Bethanien.

342. Und als er bereit war, aufzusteigen, fragten ihn die Apostel,

343. wann er wiederkommen werde.

344. Aber Jesus tadelte ihre Neugierde.

345. Nachdem er gesprochen hatte, erhob er seine Hände, nicht um zu beten, sondern um sie zu segnen, wie es der Sitte entsprach (5. Mos. 9, 22) und wie man es in der Kirche tut, und wie die Apostel selbst es getan haben. Und vielleicht ist diese Gewohnheit der Kirche und der Apostel aus jener Handlung Jesu hervorgegangen. Hieronymus (in v. 19c . 66 Is.) sagt, dass Jesus, als er zum Himmel aufstieg, das Zeichen des Tau (das große griechische Tau —T— galt als das Symbol des Kreuzes) auf unserer Stirne zurückgelassen hat als den Ursprung aller Segnung. Jesus segnete sie, und dieser Segen bewahrte bis zum Pfingstfeste. Und während sie ihn ansahen, wurde er ihnen enthoben und fuhr zum Himmel auf.

346. Und als eine Wolke ihn emportrug, verloren sie ihn aus den Augen. . . Und wie sie ihn zum Himmel aufsteigen sahen, erschienen ihnen zwei Engel, die ihnen sagten, dass er auf die gleiche Weise, wie sie ihn hätten aufsteigen sehen, dereinst auch wiederkommen werde.

347. Und er stieg über alle Himmel empor, damit er alles erfülle (Ephes. 4) und wurde in den Himmel aufgenommen, und sitzt jetzt zur Rechten des Vaters..., in vollkommener Gleichheit mit dem Vater und in der Fülle der Macht. Denn dieses Sitzen zur Rechten steht im Gegensatz zum Amte der Engel, das geringer ist. Hebr. 1, 13 u. 15; Philipp. II, 9; Ephes. 1, 10; 1. Kor. 15, 25, wo der Apostel unter dem Sitzen zur Rechten die Fülle der Macht versteht, die er zwar schon immer hatte, die er aber doch an diesem Tage empfangen zu haben scheint. Und obgleich der Sohn zur Rechten des Vaters sitzt, so bedeutet das nicht, dass der Vater zur Linken des Sohnes sitze. Denn in dem Psalm Dixit Dominos, in dem gesagt wird, dass der Sohn zur Rechten des Vaters sitzt, wird auch gesagt, dass der Vater zur Rechten des Sohnes sitzt. Wenn wir aber von jeder Person im einzelnen sprechen, müssen wir ihr alles geben, ja beinahe mehr, damit wir ihr nicht zu wenig geben (Ambrosius) ... Und von da aus regiert er aus der Fülle der Macht und Vorsehung seine Kirche.

348. Die Apostel kehrten in großer Freude nach Jerusalem zurück; sie waren unablässig im Tempel und lobten Gott.

349. Und sie verharrten einmütig mit Maria, der Mutter Jesu, im Gebete, in der Erwartung des Heiligen Geistes, der ihnen verhießen war.

350. Und nachdem sie sechs Tage später, nämlich am 7. Mai, den Heiligen Geist empfangen hatten, verkündeten sie das Evangelium auf der ganzen Erde, und der Herr bestätigte ihre Verkündung durch ihre Wunder.

351. Und er bleibt bei der Kirche bis zum Ende der Zeiten, wie er es versprochen hat.

352. Dann wird er in dem gleichen Zustande wiederkommen, in dem er aufgestiegen,

353. zu richten die Lebendigen und die Toten, und zu scheiden die Bösen von den Guten; die Ungerechten in das ewige Feuer zu senden und die Guten in sein Reich, ent­sprechend der Form, die er dafür vorausgesagt hat; und er wird bleiben im Schoße Gottes.

354. Und sein Reich wird ohne Ende sein und Gott wird darin alles in allem sein.

Und er wird darin, vereint mit Gott, im Schoße Gottes sein, und seine Auserwählten werden in ihm sein ewiglich. Amen . S. 76-126
Vorlage: Blaise Pascal: Vermächtnis eines großen Herzens, Die kleineren Schriften, Übertragen und herausgegeben von Wolfgang Büttenauer in der Dieterich'schen Verlagsbuchhandlung zu Leipzig

 Beweise für Jesus Christus
298/283 Die Ordnung. Gegen den Einwand, die Heilige Schrift habe keine Ordnung.
Das Herz hat seine Ordnung, der Geist hat die seine, die aus Grundsätzen und Beweisen besteht. Das Herz hat eine andere. Man beweist nicht, daß man geliebt werden muß, indem man die Ursachen der Liebe geordnet darlegt; das wäre lächerlich.
Jesus Christus und Paulus haben die Liebe als ihre Ordnung, nicht den Geist, denn sie wollten demütigen, nicht belehren.
Ebenso der heilige Augustinus. Diese Ordnung beruht hauptsächlich auf der ausführlichen Erörterung jeden Punktes, der sich auf den Endzweck bezieht, um ihn stets klar zu zeigen.

309/797 Beweise für Jesus Christus.
Jesus Christus hat die großen Dinge so einfach gesagt daß es scheint, er habe nicht über sie nachgedacht, und dennoch sagt er sie so deutlich, daß man wohl sieht, was er über sie dachte. Diese Klarheit ist in Verbindung mit dieser Einfachheit bewundernswert.

310/501 Beweise für Jesus Christus.
Die Annahme, die Apostel seien Betrüger gewesen, ist ganz absurd. Man denke sie doch gründlich zu Ende und stelle sich diese zwölf Männer vor, wie sie nach dem Tode Jesu Christi versammelt wären und sich verschworen hätten zu behaupten, er sei auferstanden. Damit nehmen sie den Kampf gegen alle Gewalten auf. Das menschliche Herz hat einen außerordentlichen Hang zum Leichtsinn, zur Veränderung, zu den Versprechungen und Reichtümern, so daß, wenn auch nur einer sich all dieser Verlockungen wegen und, was noch stärker wirkt, durch Gefängnis, Martern und den Tod losgesagt hätte, sie verloren gewesen wären. Man denke dies zu Ende.

322/802 Die Apostel sind betrogen worden, oder sie sind Betrüger. Beides ist schwer zu glauben. Denn es ist nicht möglich, einen Menschen irrtümlich für auferstanden zu halten.
Solange Jesus Christus bei ihnen war, konnte er ihnen beistehen, doch wer, wenn er ihnen danach nicht erschienen ist, hat sie ihre Taten verrichten lassen?

327/770 Nachdem viele vor Jesus Christus gekommen sind, ist endlich er selbst erschienen und hat gesagt: Siehe, ich bin da, und siehe, die Zeit ist erfüllt. Was nach den Worten der Propheten in den kommenden Zeiten geschehen sollte, davon sage ich euch, daß meine Apostel es tun werden. Die Juden werden verworfen werden. Jerusalem wird bald zerstört werden, und die Heiden werden zur Erkenntnis Gottes eingehen. Meine Apostel werden es vollbringen, nachdem ihr den Erben des Weinbergs getötet haben werdet.
Und danach haben die Apostel zu den Juden gesagt: Ihr werdet verdammt sein. Celsus spottete darüber. Und zu den Heiden: Ihr werdet zur Erkenntnis Gottes eingehen, und das ist hierauf geschehen

335/706 Der größte Beweis für Jesus Christus besteht in den Prophezeiungen. Dafür hat Gott am meisten Sorge getragen, denn das Ereignis, das sie in Erfüllung gehen ließ, ist ein Wunder, das seit der Geburt der Kirche bis zum Ende fortbesteht. Daher hat Gott eintausendsechshundert Jahre lang Propheten erweckt, und danach hat er während vierhundert Jahren all jene Prophezeiungen zusammen mit allen Juden zerstreut, die jene zu allen Orten der Welt trugen. Derart ist die Vorbereitung auf die Geburt Jesu Christi gewesen, und weil sein Evangelium von aller Welt geglaubt werden sollte, war es nicht nur notwendig, daß es Prophezeiungen gegeben hat, die zum Glauben führen sollten, sondern auch, daß diese Prophezeiungen in aller Welt verbreitet würden, damit alle Welt es annehmen sollte.

347/735 Prophezeiungen.
Daß die Juden Jesus Christus verwerfen würden und daß sie darum von Gott verworfen würden; daß der auserwählte Weinstock nur Herlinge bringen würde Ges. 5,2—4); daß das auserwählte Volk gottlos, undankbar und ungläubig sein würde: Populum non credentem et contradicentem. (»Dem Volk, das sich nicht sagen läßt und widerspricht«, Röm. 10,21; Jes. 65,2.)

Daß Gott sie mit Blindheit schlagen würde und daß sie am hellen Mittag wie die Blinden im Dunkeln tappen würden. (5. Mose 28,28—29.)


Daß ein Vorläufer vor ihm kommen würde. (Mal. 3,1.)

Aus: Blaise Pascal, Gedanken über die Religion und einige andere Themen
Herausgegeben von Jean-Robert Armogathe . Aus dem Französischen übersetzt von Ulrich Kunzmann
Reclams Universalbibliothek Nr. 1622 (S. 185, 190, 193, 195, 198, 202)
© 1997 Philipp Reclam jun., Stuttgart
Veröffentlichung auf Philos-Website mit freundlicher Erlaubnis des Reclam Verlags